Kapitel 18

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Vielleicht übertrieb er etwas, aber Draco war der festen Überzeugung, nie einen so schönen Tag wie den vorherigen erlebt zu haben. Er war den ganzen Tag mit Hermine zusammen gewesen, sie hatten gelacht und sich stundenlang unterhalten. Es ging nicht immer nur im die Schule. Draco hatte ihr von seinen Freunden erzählt, Hermine hatte sich ihm ebenfalls anvertraut. Sie hatte ihm gesagt, dass das Wiesel sie für Lavender verlassen hatte, da sie ihm zu langweilig wurde und für seinen Geschmack einfach zu viel von ihm verlangt hatte. Draco war überrascht gewesen, dass Hermine bei ihrem Geständnis weder geweint hatte, noch in irgendeiner Weise übermäßig traurig gewirkt hatte. Nach ihrer Aussage war sie eigentlich nur wütend, weil das Wiesel sie wochenlang angelogen hatte. Auch mit Potter hatte sie kaum noch Kontakt. Vor ein paar Tagen hatte sie ihm einen Brief geschrieben, den er noch nicht beantwortet hatte. "Solch ein Idiot", dachte Draco, "Wenn ich so eine Freundin wie Hermine hätte, würde ich mich um sie kümmern und meinen besten Freund, der sie betrogen und belogen hat, links liegen lassen. Solche Freunde braucht niemand." Das Gespräch zwischen den beiden war wirklich lang und ausführlich gewesen. Erst, als Hermine Draco über seine Eltern und seine Kindheit ausgefragt hatte, war er ruhiger geworden. Auch wenn sie eine wirklich gute Zuhörerin war und er ihr allmählich blind vertraute, konnte er nicht über seine Familie reden. Einerseits weil er seine Vergangenheit selbst kaum verarbeitet hatte, andererseits weil er Angst hatte, dass Hermine zu entsetzt sein könnte, über das, was er ihr alles erzählen könnte. Es war einfach noch zu früh. 

Als Draco zum Frühstück hinunter kam, sah er Hermine und Neville am rechten Ende des Achtklässlertisches sitzen. Nachdem er sie begrüßt hatte, nahm er gegenüber von den beiden Platz und hörte ihrem Gespräch zu. Longbottom benötigte scheinbar ein Buch für Verwandlung, das es allerdings nicht in der Bibliothek gab. Hermine riet ihm daraufhin nach Hogsmeade zu gehen und es dort in einem der Buchläden zu suchen. "Ja, das ist eine großartige Idee, Hermine. McGonagall bringt mich um, wenn ich weiter denselben Fehler mit dem Rattenschwanz mache und nur in diesem Buch wird alles richtig erklärt, sagt sie. Hermine könntest du vielleicht mitgehen und mich durch die Läden führen? Du findest Bücher immer weitaus schneller als ich", Neville lachte und schaute seine Freundin erwartungsvoll an. "Ja, natürlich komme ich mit. Ich brauche ohnehin bald mal wieder neue Bücher. Die Geschichte Hogwarts' wird allmählich doch etwas eintönig. Heute nach dem Mittagessen? Willst du mitkommen Draco?", fragte Hermine und schaute in die Richtung ihres Laborpartners. "Oh, ähm", räusperte sich Draco. Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Hermine wusste nicht, dass er das Schulgelände anders als die übrigen Achtklässler nur an den Ausgehtagen verlassen durfte. Das war eine seiner Auflagen gewesen, sollte er wieder zurück zur Schule gehen. Bevor er sich mit Hermine angefreundet hatte, hatte er es nicht als Strafe empfunden, aber zu diesem Zeitpunkt, wäre es schön gewesen, einfach mit ihr ins Dorf zu gehen und dem hektischen Alltag zu entfliehen. "Ich kann leider nicht, ich habe wirklich noch viel zu tun. Die Astronomiebilder habe ich nicht wirklich drauf...", benutzte er als Ausrede, auch wenn er wusste, dass Hermine ihm das niemals glauben würde. Am Vortag hatte sie ihn abgefragt und er hatte alles einwandfrei beantwortet. Enttäuscht sah sie ihn an und sagte: "Oh na gut, dann ein anderes Mal." 

Draco hätte sich dafür ohrfeigen können, Hermine nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Das Wiesel hatte sie auch ständig belogen, was sie gehasst hatte. Draco wollte, dass sie ihn verstand und dass sie einfach alles über ihn wusste, aber es ging nicht. Es gab so viele Dinge, die er ihr nicht sagen konnte. Und selbst wenn er sich dazu überwinden könnte, würde sie wahrscheinlich aus Angst vor ihm weglaufen und nie wieder zurück kommen. "Unsere Beziehung wird nie inniger als jetzt sein", dachte Draco traurig, "Ich sollte glücklich sein, überhaupt Zeit mit ihr verbringen zu können. Auch wenn ich nur ihr Labor- und Lernpartner sein kann." 

Hermine und Neville waren nicht beim Abendessen. Wahrscheinlich steckte Hermine in Hogsmeade immer noch ihre Nase in Bücher für Verwandlungs- und Runenprofessoren. Draco war zwar enttäuscht, dass sie nicht auftauchte, aber er konnte die Zeit allein trotzdem genießen. Nach dem Essen ging er in den Gemeinschaftssaal der Achtklässler und nahm sich ein Buch, um ein wenig darin zu blättern. Als etwa eine halbe Stunde vergangen war und er sich in ein Buch zu fortgeschrittenen Zaubertränken vertieft hatte, setzte sich Marietta neben ihn und lächelte ihn schüchtern an. "Hallo Draco", sagte sie leise, "wie geht es dir?" "Oh, hallo Marietta. Es geht mir ganz gut. Ich habe glücklicherweise alle Hausaufgaben für die nächste Woche erledigt und kann jetzt etwas entspannen", sagte Draco und klappte das Buch zu. "Und wenn du entspannen willst, liest du Schulbücher über Zaubertränke?", fragte sie und kicherte, "Du bist echt ein komischer Kauz. Wie war Slughorns Party eigentlich so?", neugierig schaute sie ihn an. "Er hat echt was aufgefahren. Das Essen war großartig. Außer Hermine waren aber nicht wirklich interessante Leute anwesend", antwortete Draco. "Achja Hermine.. Seid ihr beiden eigentlich, naja du weißt schon.. ein Paar?", stammelte sie und schaute auf den Boden. "Was?", Draco war entsetzt, "nein auf keinen Fall. Hermine und ich sind nur Freunde. Mit ihr zusammen zu sein, wäre wirklich komisch." In diesem Moment hörte Draco, wie das Schloss des Gemeinschaftssaals zufiel und jemand hinaus rannte. Neben dem Eingang sah er Neville, der einige Tüten trug und zur Tür schaute. "Das kann wirklich nicht wahr sein. War das Hermine? Hat sie mich gehört?", fragte sich Draco, während er aufsprang und zum Eingang eilte. Er wusste ganz genau, wo sie hin wollte. Es gab einen Ort, an dem sich Hermine Granger immer wohl fühlen würde: die Bibliothek.

Warum Er?Where stories live. Discover now