Der süße Kuss des Blutes - Kapitel 66

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Sie verlor schnell das Bewusstsein, als sie in das kühle Meerwasser eintauchte durch ihren freien Fall von der Klippe. Sie hatte Glück, dass sie nicht auf der Klippe irgendwo aufgeprallt ist, dafür würde sie jetzt ertrinken.
In ihrer Bewusstlosigkeit träumt sie. Sie träumt von einer sorglosen Stadt, einer Stadt aus Gold, in der sie mit vielen Menschen zusammenlebt, ein sorgloses Leben führt, in der sie noch keine Mörderin ist und kein Blut ihr Leben befleckt. Alles ist normal. Ihre Mutter, ihre Familie, ihre Umgebung, sie selbst, einfach alles. Keine Kirche, kein Zwang, keine Tyrannei, nur Freiheit.
Die Stadt ist umgeben von einem magischen grünen Wald, in dem alle Lebewesen im Einklang leben, selbst mit den Menschen. Ihr Traum verkleinert sich. Weicht immer mehr der Schwärze. Ist das der Weg in den Himmel, von dem die Christen immer sprechen? Ist das die letzte Vision, bevor sie wer auch immer in Empfang nimmt? Fina verliert das Bewusstsein und treibt in der Nähe des Ufers des tobenden Meeres.

Wärme. Ist es vorbei? Nein, dazu spürt sie zu sehr den Regen auf der Haut, der Schmerz, der immer noch ihre Brust durchzieht und sich im Oberkörper ausgebreitet hat. Sie öffnet die Augen. Dass sie lebt, grenzt nahezu an ein Wunder. Doch fühlt sie, wie ihr Körper langsam den Kampf verliert. Hätte ihre Mutter sie nicht ab und an gedrillt, wäre sie vermutlich nicht einmal aus dem Haus gekommen.
Ursprung der Wärmequelle ist ein überdachtes Lagerfeuer, sonst hätte der Regen es sicherlich wieder gelöscht. Trotzdem hilft diese angenehme Wärme und das lebensspendende Feuer nicht zu überleben. Es war nur eine Frage der Zeit. Eine Frage geht durch ihren Kopf. Wieso war sie überhaupt an Land? Sie ist wohl kaum allein aufgestanden und hat sich Bewusstlos an Land bewegt und ein Feuer gemacht. „Das war ich." Die Gestalt dieser Frau würde sie selbst Kilometer entfernt erkennen. Rotes Haar, blasse Haut, eine sehr entzückende Figur, die Fina so verdammt ähnelt. Das gleiche Grün strahlt in ihren Augen. Erst jetzt setzt sich Finas Gedankenpuzzle wieder zusammen. „Mutter? Du... du bist doch gestorben? Vater hat dich doch beerdigt?" Es kann kein Geist sein, kein Dämon, kein Engel. Es gibt niemanden, der Elisabeth imitieren könnte. In ihren Augen funkelt immer noch ihr altes Ich. „So? Ich war lange Zeit unterwegs musst du wissen. Warum, spielt im Moment keine Rolle, aber die Wichtigkeit übersteigt alles. Ich wollte eigentlich in zwei Tagen zurück sein, aber die Leute, mit denen ich es zu tun hatte, waren so gut, dass ich mich zeitweise verstecken musste und gut überlegt kämpfen musste. Schlussendlich bin ich wieder hier. Ich wette diese Kreaturen hat mir Richard auf den Hals gehetzt. Wer weiß, zu welchem Preis er das erkauft hat." Sie schüttelt kurz den Kopf. „Ich hätte Richard getötet, ich bin in dieser Zeit hinter sein Geschäft gekommen und seine Pläne. Du mit Sicherheit auch. Ich wünschte ich hätte dir eher helfen können, mein kleiner Schatz." Sie küsst ihre so ähnlich aussehende Tochter auf die Stirn. „Und nun muss ich für meine Unvorsichtigkeit den Preis bezahlen. Du bist der Preis dafür Fina. Es tut mir so leid, aber ich wusste selbst nicht... Ich meine..." Sie stockt und bricht den Satz ab, als habe sie eine fremde Macht unterschätzt, gegen die sie nichts tun konnte. Fina hustet stark, während ihres Gedankenganges. „Mama, muss ich jetzt sterben? Ich will nicht gehen. Ich will doch noch so viel mit dir erleben. Ich darf nicht sterben." Elisabeth schaut ihre Tochter an. „Ich weiß, ich weiß." Sie nimmt die Hände ihrer sterbenden Tochter. Sie ist dem Tod sehr nah. Ihre Hände sind kühl. Das sie immer noch lebt, beweist, dass sie einen immensen Kampfgeist hat. „Ich habe sie umgebracht Mama. Seinen Bruder, dessen Frau und seine zwei Kinder. Es war mehr eine Hinrichtung als ein Kampf." Tränen sammeln sich in ihrem Gesicht. Die letzten, die sie jemals in ihrem Leben vergießen wird. „Und wie hast du dich gefühlt, mein kleiner Schatz?"
„Ich habe kein Recht, zu töten, aber diese Menschen habe es verdient. Und das Schlimme daran, ich hatte Freude daran Mama. Sie waren so grausam zu mir. Ich musste meine Tiere hungern lassen, ich wurde geschlagen, ich musste meine Bilder..." Sie hustet erneut stark, diesmal mit Blut. Ihr bleibt nicht mehr viel Zeit. Diese Nacht würde ihre letzte sein.
Elisabeth streichelt tröstend ihr Gesicht. Diese Frau steckt so voller Liebe, obwohl sie meist sehr abweisend gegenüber anderen ist. „Ich will nicht sterben. Warum muss ich sterben, wo doch gerade mein Leben anfängt? Wo ich mich doch gerade selbst gefunden habe, weiß, wer und was ich bin. Warum jetzt? Wieso ich?" Elisabeth schaut ihre Tochter an. „Willst du Leben mein Engel?" Fina nickt schwach, aber deutlich sichtbar. „Ja, aber das hat jetzt keine Bedeutung mehr. Ich sterbe so oder so." Elisabeth grinst ihre Tochter an. „Schließ deine Augen und lass dich treiben." Fina schließt ihre Augen, bereit zu sterben. Sie durchschneidet ihren letzten Lebensstrang und gibt das Leben auf. Jedoch lässt sie etwas noch einmal aufblicken. Etwas Warmes tropft in ihren Mund mit einem eigenartigen Geschmack. Es war kein Regen, aber was es war, kann sie nicht feststellen. Das letzte was sie bemerkt, ist etwas brennendes auf und in ihrem Hals, was sich aber gut anfüllt. Was auch immer es war, sie würde sterben.

Der süße Kuss des Blutes |GirlxGirl [Abgeschlossen]Where stories live. Discover now