Kapitel 2

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Ich konnte noch immer nicht fassen, dass ich tatsächlich mit diesen beiden, mir größtenteils fremden, Kerlen mitgegangen war und jetzt mit ihnen an einem recht abgelegen Platz in einem kleinen Café im Herzen von Brooklyn saß.

In der Zeit, die wir bis hier hin gebraucht hatten, hatte ich rausgefunden, dass mein Bruder ein Praktikum in der Rechtsabteilung der Firma gemacht hatte, die die Familie der beiden leitete. Der Altersunterschied zwischen Logan und Milo war nicht all zu groß und so kam es, dass sie sich, wie auch immer, angefreundet hatten. Fabio, der Jüngere, kam dann scheinbar einfach irgendwann dazu.

Noch immer vollends verwirrt blickte ich zu den Brüdern, die mir gegenüber saßen und mich musterten. Fabios Blick konnte ich recht gut ausblenden, die stechenden hellgrünen Augen von Milo verursachten allerdings eine anhaltende Gänsehaut auf meinen Armen.

Mit einem kleinen Lächeln nahm ich meine Tasse Kaffee entgegen, an der ich meine kalten Hände zu wärmen versuchte.

"Logan hat oft von dir erzählt." Überrascht sah ich zu dem Jüngern der Beiden, der mich mit schief gelegtem Kopf musterte. "Irgendwie passt du perfekt in das Bild, das er von dir erschaffen hat." Skeptisch zog ich eine Augenbraue nach oben. "Was für ein Bild hat er denn von mir erschaffen?" "Er hat dich immer als kleine Rebellin bezeichnet.", mischte sich nun auch Milo ein und grinste etwas. "Und eure Schwester hat er immer als verzogene Zicke betitelt." Ein leichtes Schmunzeln legte sich auf meine Lippen. Das klang nach Logan. Mary und er hatten nie so ein gutes Verhältnis wie er und ich es hatten. Sie hatte nie so ganz in sein Weltbild gepasst. Spaß haben, mal gegen den Strom schwimmen und nicht immer auf alle Regeln zu achten. Dinge die für meine große Schwester schier unvorstellbar waren.

"Und wie kommt ihr darauf, dass ich eine Rebellin bin?" "Dein Bruder hat einiges über dich erzählt. Und auch wenn ich weiß, dass man Menschen nicht nach dem Äußeren beurteilen sollte, du siehst nicht unbedingt wie jemand aus, der immer nach den Regeln spielt." Milos Augen lagen noch immer ununterbrochen auf mir. "Was mir übrigens gefällt. Perfekt wird doch überbewertet, nicht?" Amüsiert schüttelte ich den Kopf. Von vermeintlich perfekten Menschen konnte ich mittlerweile ein Lied singen.

Ich lehnte mich etwas in dem bequemen Sessel zurück und musterte die beiden Brüder. Na dann, back to business. "Bei was soll ich euch jetzt helfen?"

"Naja, die ganze Sache ist etwas kompliziert, wenn man nicht dabei war.", druckste Milo herum, woraufhin mein Blick misstrauisch auf ihm lag. "Raus mit der Sprache." "Während Logan sein Praktikum bei uns gemacht hat, haben wir uns, wie gesagt recht gut mit ihm angefreundet. Er hat uns bei vielen Dingen unglaublich geholfen. Vor ein paar Wochen haben wir etwas... gefunden, an dem dein Bruder gearbeitet hatte. Keiner von uns wird schlau aus dem was er da getan hatte, aber ich habe das Gefühl, dass es verdammt wichtig für einige Geschäfte sein könnte. Du weißt bestimmt selbst, wie schlau dein Bruder war. Ich bin mir recht sicher, dass da irgendeine Art Hinweis oder Botschaft versteckt ist und wir nur nicht erkennen was es ist. Logan hätte nie umsonst so viel Zeit in etwas versteckt." Leicht nickte ich. Logan war wirklich niemand, der sich gern mit unnötigen Dingen aufhielt. Wenn er etwas tat, hatte das auch einen Grund. Und ich musste auch zugeben, dass er manchmal verdammt verkorkste Gedankengänge hatte, denen man nicht immer ohne Weiteres folgen konnte. "Und was genau wollt ihr jetzt von mir?" "Kannst du dir das Ganze mal anschauen? Du warst seine Schwester und ich glaube keiner kannte ihn und seine Denkweise besser als du."

Skeptisch blickte ich zwischen den Brüdern hin und her und heftete meinen Blick schlussendlich wieder auf Milo.
Wieso sollte ausgerechnet ich herausfinden was mein Bruder da getrieben hatte?

"Wieso ich und nicht Mary?"

"Wenn du gehört hättest, wie verschieden er über euch gesprochen hat, dann wüsstest du wieso."

_ _ _ _

"Ich bin zurück!"

Kaum hatte ich die Tür hinter mir ins Schloss geworfen schlug mir lautes Gebrüll, gepaart mit dem klappern von Töpfen, entgegen. Wundern tat mich hier schon längst nichts mehr. Kopfschüttelnd stapfte ich am Wohnzimmer vorbei, wo sich Jacob und Daniel, meine beiden Mitbewohner, mal wieder beinahe gegenseitig die Köpfe mit ihren Controllern einschlugen.

In der Küche versuchte sich Liz, ebenfalls meine Mitbewohnerin und gleichzeitig noch beste Freundin seit der Middle School, mal wieder am kochen. Eigentlich wussten wir beide, dass das mit einem Anruf beim Lieferdienst enden würde. Trotzdem gab sie nicht auf und versuchte sich immer wieder aufs Neue an irgendwelchen Rezepten. Mittlerweile konnte sie stolz von sich behaupten, Pancakes zu machen, die man sogar essen konnte.

"Wo warst du so lange?" "Dir auch Hallo." Ich ließ mich auf einen der Küchenstühle plumpsen und beobachtete amüsiert das Spektakel vor mir. "Ich war auf dem Friedhof." "Das hast du erzählt. Aber wenn du sonst nach der Uni hingehst, bist du höchstens eine Stunde nach Daniel zurück." Wie auch ich studierte Daniel Journalismus mit den selben Schwerpunkten und wir hatten das wahnsinnig große Glück so gut wie alle Vorlesungen gemeinsam zu haben. Meistens war das recht praktisch wenn der eigene Mitbewohner das Selbe studierte und vor allem dabei noch höchst engagiert war. So konnte ich getrost die eine oder andere Vorlesung verpassen, saß aber an der Quelle um an den behandelten Stoff zu kommen.

"Ich habe zwei alte Freunde von Logan getroffen. Wir sind noch einen Kaffee trinken gegangen und haben ein bisschen geredet." Dass die Beiden meine Hilfe wollten, ließ ich ganz bewusst aus. Ich wusste noch nicht so ganz, was ich von der ganzen Sache und vor allem von den Brüdern selbst halten sollte. Irgendetwas an ihnen kam mir seltsam vor. Trotzdem hatte mich meine angeborene Neugierde, die mir als angehende Journalistin natürlich zur Gute kam, gepackt. Milo und Fabio hatten mir Zeit gelassen mir alles durch den Kopf gehen zu lassen. Wenn ich bereit wäre ihnen zu helfen, sollte ich jederzeit in den Büroräumen ihrer Familie in Manhattan vorbeikommen.

"Das hört sich gut an. Kanntest du die Beiden?" "Nicht wirklich. Ich hab sie nur einmal an seiner Beerdigung gesehen." "Und dann gehst du einfach mit denen mit? Das hätte wer weiß wer sein können!" Ihre Stimme tropfte praktisch vor Vorwürfen. Und ja möglicherweise war es leichtsinnig, aber zu meiner Verteidigung, ich war weder in ihr Auto gestiegen, noch war ich auch nur eine Sekunde mit ihnen alleine. Und mein Pfefferspray hatte ich sowieso immer griffbereit. Man wusste ja schließlich nie. "Mach dir keinen Kopf. Ich kann gut auf mich aufpassen."

"Trotzdem! Du weißt was in letzter Zeit hier los... Verdammt!" Hektisch zog Liz ihre Hand vom Topf weg, dessen Inneres gerade überlief. Seufzend drehte sie sich zu mir um, warf sich ein Küchentuch über die Schultern und blickte mich an.

"Pizza oder Chinesisch?"

Heyho 😊

Gleich mal Kapitel 2 für euch!

Hoffe es gefällt euch 😊

Love you ♥️

Milo Where stories live. Discover now