Bag End

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  • Dedicated to Theresa Damm
                                    

„Kann ich euch helfen?", fragte der Hobbit und versuchte sichtlich seine Verwirrung zu verbergen. Er sah wirklich genauso aus wie im Hobbit-Film. Doch ob er nun die Reise schon hinter sich hatte oder es noch Jahre dauerte bis er überhaupt aufbrach, war hier die große Frage.
Lily trat etwas vor, um das Reden zu übernehmen. Sie konnte das von uns allen am Besten.
„Ja, das können Sie-", fing sie an und ich gab ihr einen leichten Stoß von hinten, worauf sie schnell ihren Fehler erkannte.
Sie räusperte sich kurz.
„Ja, das könnt Ihr. Wir irren schon eine ganze Weile durch diese Gegend und haben keine Ahnung, wo wir sind. Irgendein Zauber hat uns anscheinend hierher gebracht und nun wissen wir nicht wo wir hin sollen. Wir haben gehofft Ihr würdet uns vielleicht helfen", erklärte sie kurz. Das war zwar alles andere als die Wahrheit, doch ein: „Hey, Bilbo, wir kennen dich aus dem Fernsehen und sind grad irgendwie in Mittelerde gelandet! Lässt du uns rein?" hätte es nicht sehr weit gebracht.
„Ich, äh..." Bilbo schien nicht so recht zu wissen, was er tun sollte, denn er blickte zwischen uns und dem Hausflur hinter ihm hin und her.
„Resi", flüsterte Erik da und warf ihr einen vielsagenden Blick zu.
Angesprochene brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen.
„Ah ja", sagte sie schließlich leise als der Groschen fiel und sie einen Schritt vortrat..
„Bitte, wir wissen nicht, wo wir hin sollen", sagte sie flehend und machte den perfekten Hundeblick mit ihren braunen Augen. Diese Fähigkeit war echt zu beneiden.
Bilbo schaffte etwa fünf Sekunden ihrem Blick standzuhalten, ehe er seufzte.
„Na dann kommt mal rein", sagte er aufgebend und hielt uns die Tür auf.
„Vielen Dank", lächelte ich und ging voran.
Ich trat durch die runde Tür in den kleinen Flur und musste staunen. Alles war haargenau so wie im Film! Doch irgendwie war mir entgangen, wie gemütlich es hier war.
„Au! Verdammtes Mistding!", fluchte Erik hinter mir und ich drehte mich zu ihm, nur um sofort loszulachen.
Erik hatte sich, da er sich ja beim Durchgehen bücken musste, am Türrahmen gestoßen.
„Tja, scheiße wenn man so groß ist, hm?", sagte Resi und lachte ebenfalls.
Immer noch fluchend schaffte es Erik schließlich auch reinzukommen.
„Denk an den Kronleuchter", grinste ich und er warf mir einen vernichtenden Blick zu.
Als schließlich alle drin waren, schloss Bilbo die Tür und führte uns ins Wohnzimmer, wo Erik und Resi die Sessel beschlagnahmten und der Rest sich auf dem Sofa gegenüber dem Kamin niederließ.
„Daran könnt ich mich gewöhnen", murmelte Erik und machte sich in seinem Sessel noch breiter als ohnehin schon, falls das überhaupt noch möglich war.
„Erik! Du bist hier Gast, also benimm dich auch so!", zischte Isy mahnend, doch Erik zuckte nur mit den Schultern.
„Der Kerl", seufzte ich leidglich und schüttelte den Kopf.
„Also, da ich euch nun schon rein gelassen habe... dürfte ich erfahren, wer ihr seid?", fragte Bilbo zögerlich, der etwas unsicher vor uns mitten im Raum stand.
„Tja... mein Name ist Elisabeth", fing Lily an, „Und das sind Theresa, Erik, Isabell und Laura", zählte sie und zeigte nacheinander auf uns.
„Kristin", verbesserte ich sie murrend.
„Zu spät", lächelte sie doch nur und ich gab einen beleidigten Laut von mir.
„Solche Namen habe ich noch nie gehört", sagte Bilbo nachdenklich.
„Naja, wir kommen ja auch nicht von hier. Aber wenn es dir leichter fällt, kannst du ruhig unsere Spitznamen benutzen", sagte ich und lächelte leicht.
„Die da wären?
Und damit ging die Vorstellung vom Neuen los und jeder nannte seinen Spitznamen, außer Erik und ich natürlich. Wir hatten ja keine.
„Mich kannst du Lily nennen-"
„Oder Elsbeth!", unterbrach Erik sie grinsend, was Lily die Augen verdrehen ließ.
Erik nannte sie schon immer Elsbeth. Keine Ahnung, wie er darauf gekommen war.
„Isabell nennen wir alle nur Isy und zu Theresa kannst du Resi sagen oder wenn du sie ärgern willst: Resa", endete sie und grinste bei den letzten Worten über Resis verärgerten Blick.
„Okay... ich hoffe, das kann ich mir merken", murmelte Bilbo und schien noch immer sichtlich überfordert mit der Situation. Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Wenn er mit uns schon Probleme hatte, wie wollte er dann mit zwölf Zwergen zurecht kommen, deren Namen fast alle gleich klangen?
„Und mit wem haben wir die Ehre?", fragte Isy nun gespielt neugierig. Wäre ja auch ein bisschen auffällig, wenn er merkte, dass wir seinen Namen wussten.
„Äh, Bilbo. Bilbo Beutlin", antwortete er, „Aber sagt, wisst ihr wirklich nicht wo und wie ihr hierher gekommen seid?"
Daraufhin erzählten wir ihm wie das alles passiert war und wie wir hierher gekommen waren. Auch erzählten wir ihm ein wenig von unserer Welt.
Dabei ließen wir natürlich die ganze Elektronik und die Tatsache, dass seine Welt bei uns nur in einem Buch oder Film existierte, weg. Das wäre einfach zu kompliziert gewesen. Ganz abgesehen davon, dass Bilbo diese Information wahrscheinlich gar nicht verkraftet hätte.
Der Hobbit war überraschenderweise total begeistert davon und wollte uns auch etwas über Mittelerde erzählen, da er ja davon ausging, dass wir diese Welt nicht kannten.
Dies war für Isy, Erik und Resi wenigstens noch ein bisschen interessant, da sie nur die Filme gesehen hatten. Doch Lily und ich langweilten uns zu Tode. Sie hatte die Bücher gelesen und ich hatte des Öfteren aus Neugierde im Internet über Tolkiens Welt nachgeforscht.
Daher konnte ich auch nicht verhindern, dass mir langsam die Augen zu fielen und ich einschlief.

***


Ich wurde durch ein mir nur allzu bekanntes schrilles Klingeln wach und riss die Augen auf. Erst fragte ich mich, wo ich war, als es mir wieder einfiel.
Mittelerde, Auenland, Westviertel, Hobbingen, Beutelsend.
Doch wo waren die anderen?
„Laura, mach das Ding aus!", rief jemand durch den Raum und ich drehte mich um. Erik lag auf der anderen Seite des Wohnzimmers auf einer Matratze auf dem Boden und funkelte mich böse an.
„Sorry", murmelte ich und griff nach meiner Tasche, die neben dem Sofa lag, um mein Handy hervor zu kramen. Ich schaltete den Wecker aus und angenehme Ruhe breitete sich aus.
„Alter! Wer hat sein Handy nicht auf lautlos gestellt?", kam es plötzlich von der Tür her und ich drehte mich zu Resi, die sich gerade noch etwas verschlafen durchs Haar fuhr.
„Das war mein Wecker. Der klingelt auch, wenn's auf lautlos ist", gähnte ich.
Resi kam zu mir rüber und ließ sich neben mich fallen. Dabei sank sie an die Lehne und schloss die Augen.
„Wo habt du und die anderen eigentlich geschlafen?", fragte ich verwirrt nach.
Ehe Resi dazu kam, zu antworten, betrat plötzlich Isy mit einem Tablett in der Hand den Raum.
„Stell dir vor, Laura, Bilbo hat auch Gästezimmer", grinste sie und stellte das Tablett auf dem Tisch vor mir ab.
„Und warum mussten Erik und ich dann hier schlafen?", fragte ich verwirrt.
„Weil du schon hier eingeschlafen warst und Erik, weil Resi sich geweigert hat, das Bett mit ihm zu teilen", erklärte Isy knapp und ich prustete los.
Armer Kerl.
Schade, dass ich nicht dabei gewesen war. Ich hätte gerne gesehen wie Resi sich aufgeregt hatte.
„Was ist das?", fragte Resi, die immer noch im Halbschlaf zu sein schien, und deutete auf das Tablett.
„Frühstück!", verkündete Isy lächelnd und erst jetzt fiel mir auf, dass sie schon komplett angezogen war und ihre Haare gebändigt hatte. Ich musste wieder grinsen. Die ewige Frühaufsteherin.
„Was gibts denn?", fragte Erik, der es geschafft hatte, aufzustehen und zu uns rüber zu kommen.
„Viel. Ich hatte bei der Speisekammer das Gefühl im Supermarkt gelandet zu sein", sagte Isy schmunzelnd.
„Wir sind bei einem Hobbit zu Gast, was erwartest du?", fragte Resi und machte sich zusammen mit Erik, der sich wieder auf 'seinem' Sessel niedergelassen hatte, über das Essen her.
„Schläft Lily noch?", fragte ich an Isy gewandt, während ich mir ebenfalls ein Brötchen schnappte.
Sie nickte.
„Ja, tief und fest."
„Gar nicht", hörte ich eine müde Stimme und kurz darauf setzte sich Lily neben mich.
„Hast wohl nicht gut geschlafen, was?", fragte Isy nach und ich lachte leicht. Die Augenringe hoben sich deutlich von Lilys blasser Haut ab.
Erik sagte etwas, was jedoch keiner verstand, da er den Mund voll hatte.
„Mit vollem Mund spricht man nicht", murmelte ich darauf nur und biss von meinem Brötchen ab.
„Ich sagte, sie hat bestimmt die ganze Nacht an Legolas gedacht", sagte Erik nun deutlicher und grinste.
„Das reimt sich!", sagte Resi und klatschte begeistert in die Hände. Da war wohl jemand wach geworden.
Lily ignorierte Resis Kommentar und erdolchte Erik mit Blicken.
„Vielleicht war es auch dein Schnarchen", gab sie schnippisch zurück.
„Geeeenaaaaaauu. Vor allem, weil ich in einem anderen Raum lag", sagte Erik ironisch.
„Ich hab mich auch über die Lautstärke gewundert", sagte Lily schulterzuckend, was Erik stutzen ließ.
„Gar nicht wahr! Laura, hast du was gehört?", fragte er nun mich.
Ich sah kurz von ihm zu Lily und wieder zurück.
„Natürlich, hab ich das. Aber dank meiner Kopfhörer hab ich dann doch noch Schlaf gefunden", log ich, musste dabei aber leider lachen.
Erik funkelte uns beleidigt an.
„Das gibt Rache! Wartet's ab!", grummelte er und wandte sich wieder seinem Essen zu.
Lily und ich tauschten darauf nur belustigteBlicke.
„Wo ist denn eigentlich Bilbo?", fragte Resi plötzlich.
„Der ist draußen im Garten um seine 'morgendliche Pfeife zu rauchen.'„, sagteIsy und setzte die letzten Worte mit den Fingern in Anführungsstriche.
Daraufhin stand Resi auf und lief zum Fenster, um neugierig hinauszuspähen.
Was war denn daran so interessant, Bilbo beim Rauchen zu zusehen?
Ich wollte mich gerade abwenden, als Resi plötzlich einen begeisterten Laut vonsich gab.
„Leute! Guckt mal, wer da ist!", rief sie aus.


Five Friends On A Journey To EreborWhere stories live. Discover now