KAPITEL VIERZEHN

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Der Fremde


Die Mittagssonne stand schon hoch am Himmel, als sich Taehyung frustriert an einer Hauswand hinunter gleiten ließ und seine müden Beine ausruhte, in dem er nun im Staub saß, anstatt weiterhin neben Jeongguk zu stehen. Der Ritter schien mindestens genauso frustriert zu sein, wie der Junge es war - und anstelle eines neutralen Gesichtsausdruck, lag seine Stirn in Falten und er strahlte eine übele Laune aus, die Taehyung die vergangenen Stunden seit dem Aufstehen schon hautnah hatte erleben dürfen. Er verstand, dass dieser von dem Verschwinden des Knappen und Hoseok verärgert war, dennoch konnte er darauf verzichten, dass er deswegen all den Groll abbekam, der eigentlich den beiden Älteren zustand. Sie hatten zusammen alle umliegenden Kneipen und Tavernen abgeklappert, hatten in Heuhaufen und engen Gassen nach den Beiden Vermissten gesucht - doch sie waren nicht fündig geworden.

Taehyung machte sich große Sorgen. In erster Linie natürlich um seinen Bruder, aber auch um Jimin, den er in der vergangenen Woche in sein Herz geschlossen hatte. Und auch wenn Jeongguk eher ein verärgertes Äußeres zur Schau stellte, war der Jüngere sich ziemlich sicher, dass auch der Ritter sich Sorgen um die beiden machte. Von Jimin hatte er schließlich erfahren, dass er und Jeongguk schon seit ihrer Kindheit befreundet waren und auch wenn er Ältere dem Knappen bisher nicht besonders viel Zuneigung gezeigt hatte, nahm Taehyung an, dass die beiden doch ein Band der Freundschaft verband. Und dem Älteren lag wohl auch etwas daran, dass der Schmied wieder heile auftauchte - schließlich war die Rekrutierung seine Aufgabe gewesen.

»Wir können uns aufteilen, wenn wir weiter suchen«, schlug der Silberhaarige halbherzig vor und genau wie er es erwartet hatte, schüttelte Jeongguk den Kopf.

»Damit du mir auch noch verloren gehst? Wenn ich ohne die Beiden zurück kehre, ist es schon schlimm genug. Aber wenn ich mit ganz leeren Händen beim Kommandanten ankomme, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass ich meinen Kopf schnell los bin.« Der Ältere hielt inne. »Du bewegst dich keinen Schritt mehr von mir weg, dass das klar ist.«

Taehyung nickte wiederstrebend. Einerseits verstand er die Bedenken des Anderen, dennoch war seine oberste Priorität seinen Bruder wiederzufinden. Wobei dies auch nichts brachte, wenn er selber bei der Suche verloren ging, immerhin kannte er sich in der großen Stadt auch gar nicht aus. Der Gedanke, dass es Hoseok ja genau so ging, bereitete ihm Magenschmerzen. Er konnte nur hoffen, dass Jimin noch an der Seite seines Bruders war und sie sich nicht auch noch aus irgendeinem Grund aufgeteilt hatten.

»Wir gehen jetzt noch mal bei dem Gasthaus vorbei, wo wir übernachtet haben und schauen, ob sie mittlerweile vielleicht da sind. Wenn nicht...« Jeongguk führte seinen Satz nicht zu ende, sondern reichte Taehyung seine Hand, damit der Jüngere sich an dieser wieder auf die Beine ziehen konnte. Seit dem Vorfall heute Morgen in dem Flur, war die Atmosphäre zwischen den beiden merkwürdig, beinahe angespannt, und der Junge zögerte einen Herzschlag, ehe er die Hand des Anderen ergriff und sich zurück auf seine Füße ziehen ließ. Andererseits ließ sich dies wohl auf die Situation zurück führen - immer hin waren ihre beiden Begleiter verschwunden und den beiden lag es am Herzen, beide wieder zu finden; und das möglichst unversehrt. Woran Taehyung jedoch nicht gedacht hatte war, dass für den Ritter noch ein wenig mehr auf dem Spiel stand. Soweit der Junge wusste, war der Ältere, in Begleitung Jimins, losgeschickt worden, auf der Suche nach dem Schmied, der das Schwert geschmiedet hatte, welches der Knappe die meiste Zeit bei sich führte. Wenn er also nur mit Taehyung zurück kehren sollte, hatte er nicht nur den Knappen - der laut dem Wissensstand des Jungen nicht Jeongguks war, sondern der eines Kommandanten - verloren, sondern auch die Person, die mehr oder weniger seine Mission gewesen war. Er wusste nicht und konnte es nicht einschätzen, mit welche Konsequenzen der Ritter wohl zu rechnen hatte, falls dieser Fall Wirklichkeit werden sollte. Würde er tatsächlich seinen Kopf verlieren, nur weil seine Mission gescheitert war? War die Krone wirklich so grausam, dass sie deswegen einen Soldaten umbrachten? Einen stellvertretenden Kommandanten?

Die Ritter der Krone | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now