KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

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Die Tränen

Die Tränen verschleierten immer noch seinen Blick, doch sie schienen auch kein Ende nehmen zu wollen. Taehyung war noch von dem Schock wie paralysiert und sein benebelter Kopf schien seine Gedanken nicht sinnvoll zusammen zu fügen. Was passierte gerade? Waren es von Anfang an zwei Angreifer gewesen? War es ein Komplize? Er starrte zu den beiden Gestalten hinauf, ohne sie zu erkennen. Jedoch vernahm er über das Rauschen des Blutes in seinen Ohren hinweg einen dumpfen Schlag und sah dann, wie eine der beiden Personen bewusstlos zu Boden ging. Erneut keimten Schluchzer in ihm auf und er drückte sich näher an den Felsen hinter sich, während er sein Gesicht in seinen Händen verbarg.  

Welche der beiden Personen war zu Boden gegangen? Etwa sein Angreifer? Oder die andere Person? Taehyung wagte es nicht, seinen Blick zu heben und möglicherweise in das Gesicht desjenigen zu schauen, der ihn angefasst hatte.  

»Taehyung? Taehyung!«

Er brauchte einen Moment, bis er begriff, dass die Person seinen Namen sagte und einen weiteren, bis er merkte, dass ihm die Stimme bekannt vorkam. 

»Taehyung, hey«, ertönte sie erneut und er spürte eine Hand, die nun seine umfasste. Und obwohl er wusste, dass ihm die Stimme bekannt war, wich er zurück. Er schien gar nicht darüber nachzudenken, stattdessen reagierte sein Körper von alleine. »Ich tue dir nichts, versprochen«, fuhr die Person fort und löste den Griff um die Hände des Jungen. »Und auch er tut dir nichts mehr. Bleib kurz hier sitzen, ja?«

Er nahm wahr, dass sich die Person erhob und sich von ihm entfernte, dennoch blieb er so sitzen wie zuvor. Sein Gesicht in seinen Händen vergraben, in denen sich seine Tränen sammelten und sich mit dem Blut aus der Wunde von seiner Wange vermischte. Seine Knie hatte er schützend an seinen Körper gezogen, doch sein Schluchzen war unbemerkt verklungen. Dennoch haftete die Panik immer noch tief in seinem Inneren und er schaffte es nicht seine Gedanken richtig zu sortieren und zu begreifen, was geschehen war. 

Er wusste nicht, wie lange er alleine und entblößt vor dem Stein gekauert saß. Ob es nur einige Herzschläge waren oder viele, er vermochte es nicht zu sagen. Erst als sich erneut Schritte näherten, löste er seine verklebten Hände von seinem Gesicht und hob seinen Blick. Seine Augen brannten von den Tränen, die noch nicht vollends versiegt waren und langsam fing er auch an den Schmerz von den Schnitten in seinem Gesicht und dem dumpfen Schlag gegen seinen Kopf zu spüren. Alles in seinem Kopf drehte und überschlug sich noch, dennoch setzte sich langsam das Bild seines Retters zusammen. Auch wenn er wusste, dass er die Stimme kannte, so hatte er ihr in seiner Situation kein Gesicht zuordnen können, doch jetzt sah er die Person vor sich, die sich ihm vorsichtig näherte und sich langsam vor ihm hin kniete. Er hielt ein Hemd und eine Leinenhose in seinen Händen, dennoch machte Taehyung keine Anstalten, die Kleidung entgegen zu nehmen. Stattdessen starrte er seinen Retter für einen Augenblick unbewegt an, ehe er merkte, dass sich erneut Tränen in seinen Augen sammelten.    

»Taehyung, heh.« Die Stimme war viel sanfter, als er sie sonst zu hören bekam. Jeder Spott und jede Anspannung, der ihr sonst anhaftete, fehlte nun und wurde durch eine überraschende Sanftheit ersetzt. »Heb' deine Arme hoch, dann kann ich dir das Hemd überziehen.« 

Als ihre Blicke sich trafen, bemerkte Taehyung die Veränderung in dem Blick des Anderen und spiegelte die der Stimme wider. Der Ältere schien ehrlich besorgt zu sein. Keine Gereiztheit, kein Tadel und kein Spott. Der Junge löste sich aus seiner Starre und ließ zu, dass sein Retter ihm das Hemd überzog, welches ihm deutlich zu groß war. »Tut dir etwas weh, außer die Verletzung in deinem Gesicht?«

Sein Gegenüber schien nach seinem Kinn greifen zu wollen, wohl um die Wunde besser begutachten zu können, schien dann aber den ängstlichen Blick von Taehyung zu bemerken und zog seine Hand wieder zurück. 

Die Ritter der Krone | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now