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Brandon

Ich hole tief Luft.
Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer werden würde und erst recht nicht, dass ich es tun würde.
Es ist schwer, auf einmal alle Mauern fallen zu lassen und Scarlett das zu zeigen, was wirklich von mir übrig geblieben ist.
Und es fühlt sich komisch an, es ausgerechnet der Person zu sagen, die genauso verletzt wirkt wie ich.
Natürlich scheint sie nicht so kaputt zu sein wie Ava, denn bei dieser durfte ich erst bei einem der letzten Treffen einen schlimmen Nervenzusammenbruch miterleben.

"Es begann alles vor drei Jahren", fange ich an und bemerke, wie ich heftig schlucke und erst damit aufhöre, als ich in ihre beruhigenden blauen Augen blicke.
Wir kennen uns erst seit etwas mehr als einem Monat und trotzdem kann ich sie mir wahrscheinlich nicht mehr wegdenken.
Irgendwie traurig, dass mir das erst, nachdem ich kurz vor einem Zusammenbruch stehe, klar wird.

"Wir waren wie gewöhnlich alle am Strand nach der Schule. Brooklyn war damals vierzehn." Scarletts Finger malen süße, kleine Kreise auf meiner Brust.

"Erzähl weiter", redet sie mir sanft zu. Sie muss wissen, wie schwer mir das fällt.

"Weißt du, Logan war damals stark in sie verliebt und nur knapp ein Jahr älter als sie und beide waren nur einige Tage vorher glücklich zusammengekommen. Du musst dir vorstellen können, wie dementsprechend ausgelassen die Stimmung am Strand war."
Scarlett nickt und ein wehmütiges Lächeln erscheint in meinem Gesicht, dass meinen Tränenfluss bekämpft.

"Auf jeden Fall wollte Brooklyn unbedingt schwimmen gehen. Siehst du da drüben die Felsen im Wasser? Genau da..." Scarlett nickt wissend, als würde sie wissen, was jetzt kommt. "Ich habe ihr noch gesagt, dass sie warten soll, aber sie lief schon los, während Logan drüben alle Sachen auspackte und ich mir gerade meine Sachen bis auf die Badehose auszog."

Ich stocke, als mich auf einmal die Erinnerungen überschwemmen.
Alle dröhnen sie auf mich ein und schon wieder treten Tränen in meine Augen.

"Ich erinnere mich noch, wie sie aufschrie, als sie schon eine riesige Welle traf und nach unten drückte. Dabei muss sie mit dem Kopf gegen einen Felsen gestoßen sein, denn sie tauchte nicht wieder auf."
Als ein Schrei ertönt, drehe ich mich panisch um, doch es sind nur zwei Kinder, die sich mit Algen bewerfen.

"Alles ist gut Brandon", murmelt Scarlett und nimmt meine Hand, wo sie unsere Finger miteinander verschränkt.
Beruhigt von der Wirkung erzähle ich weiter.

"Als ich es bemerkte, bin ich natürlich panisch ins Meer zu ihr gerannt, habe ihren Namen geschrien, während ich Logan befohlen habe, einen Krankenwagen zu rufen. Zehn Minuten bin ich nach ihr getaucht, bis Logan sogar die Feuerwehr gerufen hat. Doch erst, als diese ihren leblosen Körper aus dem Wasser gehoben hat, habe ich aufgehört. Keine Wiederbelebung, nichts half ihr. Und so lag sie letztendlich tot und leblos in meinen Armen." Ich beginne heftig zu schluchzen, doch anstatt mich alleinzulassen, nimmt mich Scarlett wieder in den Arm.
Ich dachte, ich könnte damit klarkommen.
Doch nun liege ich wie ein Weichei in ihrem Armen und heule bitterlich.
Ich habe mir befohlen, nie wieder zu weinen, was also mache ich jetzt? Warum lasse ich bei Scarlett alle meine Gefühle zu?

"Seit ihrem Tod hatte ich diese Träume... Irgendjemand erschießt sie und immer wieder liegt sie hilflos in meinen Armen, während sie in diesen stirbt... In meinem Traum haben wir einen heftigen Streit, sie gibt mir die Schuld an dem Ganzen. Und das habe ich letztendlich auch. "

"Das tut mir unglaublich leid, du musst sie geliebt haben..." In Scarletts Augen schwimmen Tränen. Habe ich sie so berührt?

"Sie war mein Ein und Alles. Aber ich habe gelernt ohne sie zu leben... Sie wird immer bei mir sein nur nicht mehr so wie früher", meine Atmung wird wieder regelmäßig und nachdem ich aufgehört habe zu weinen, sehe ich wieder klar.

"Du weißt gar nicht, wie leid du mir tust, nachdem du mir das erzählt hast", murmelt sie und kleine Tränen laufen über ihr schönes Gesicht.

"Ich wil kein Mitleid, Scarlett."

"Ich kann nicht anders..."

"Nein! Bitte, hör auf mich zu bemitleiden." Wütend lasse ich ihre Hand los und gehe einen Schritt von ihr weg.
Ich brauche ihr Mitleid nicht.

"Brandon, was soll ich sonst tun?" Verzweiflung liegt in ihren Augen.

"Mich nicht bemitleiden..."

"Weißt du eigentlich, was du mir gerade erzählt hast?!" Kreischt sie auf einmal und beginnt zu weinen.

Seufzend nehme ich Scarlett in den Arm und streiche über ihr Haar.
"Bitte nicht weinen, Kätzchen. Mir geht es gut."

"Wirklich?" Fragt sie und kuschelt sich an meinen nackten Oberkörper.

"Wirklich."

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Wie hättet ihr reagiert?:-)

Das war's für heute. Mal schauen, wann das nächste Kapitel hochgeladen wird.

Brandon&Scarlett - All I want Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt