Zweiundzwanzig - Kat

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Ich weiß nicht, warum ich ihn das gefragt habe. Eigentlich will ich ja, dass er mich in Ruhe lässt, aber gerade will ich auch nicht alleine sein. Außerdem musste ich hier weg. Noch mehr Aufmerksamkeit kann ich nicht gebrauchen.

Ich höre Haden's schnellen Schritte hinter mir. „Jetzt, warte doch!", ruft er.

Ich bleibe abrupt stehen.
Er ist sichtlich überrascht von meinem plötzlichen Halt und bleibt ebenfalls stehen, als er bei mir ankommt.

„Willst du laufen?", fragt er und bückt seine Körperhaltung ein wenig, damit er mir in die Augen schauen kann.

Ich nicke bloß und schaue an ihm vorbei. Dann mache ich wieder langsame Schritte vorwärts.

Er hält mit mir Schritt und ich spüre seinen Blick auf mir. Er lässt mich nicht aus den Augen, dass weiß ich sogar ohne zu ihm rüber zu schauen.

„Hör auf mich so anzustarren.", sage ich als wir gerade die Straße überqueren.

Er atmet schwer aus. „Du schaust mich gar nicht an. Ich will sehen, dass es dir gut geht.", sagt er und spannt sein Gesicht an.

Ich kann nicht anders, als zu lachen, lauthals zu lachen.

„Das ist dir doch egal, ob es mir gut geht. Glaub mir, dass hast du mir bereits bestens bewiesen."

Ich bleibe wieder stehen und schaue ihm diesmal tief in die Augen. „Das stimmt nicht. Ich will nicht, dass es dir schlecht geht.", lügt er. Da benimmt er sich aber ziemlich widersprüchlich.

Ich ziehe die Brauen zusammen. Er ist echt schwer zu durchschauen im einem Moment tut er so, als würde ich ihm etwas bedeuten und im nächsten Moment erzählt er allen eine schreckliche Lüge.

„Es fällt mir schwer dir zu glauben, Haden!", sage ich wütend. „Du tust mir so etwas Schreckliches an und dann, sagst du, dass es dir leid tut, unternimmst aber nichts dagegen." Die Worte sprudeln nur so aus mir heraus und ich kann sie nicht mehr zurückhalten. Bevor ich überhaupt einen klaren Gedanken fassen kann, sind die Worte auch schon draußen.

„Du bist echt erbärmlich Haden. du bist schwach, wenn du erst anderen Leuten Schaden zufügen musst, damit du dich selbst besser fühlst. Dir ist es wichtiger, was Andere über dich denken, als du selbst." Als ich fertig mit meiner Rede bin, ist mir ganz heiß geworden und ich bin außer Atem.

Ich stehe immer noch vor ihm, halte einen gewissen Sicherheitsabstand und schaue ihm herausfordernd in die Augen. Warte auf eine Reaktion von ihm.
Seine Augen blitzen auf und in seinem Blick hat sich schlagartig etwas verändert. Er kommt einen Schritt näher und ich mache sofort einen nach hinten.

„Weißt du was, du hast recht. Es ist mir nicht alles scheißegal, was die Leute über mich denken.", sagt er mit Nachdruck. Ich weiß, dass er auf mich anspielen möchte.

Jetzt macht er gleich zwei Schritte auf mich zu. Ich stolpere nach hinten, versuche etwas Distanz zwischen uns zu bringen.

„Bei deinem Scheiß-Ruf macht meine kleine Lüge doch auch schon keinen Unterschied mehr. Bevor ich dieses Gerücht in Umlauf gebracht habe, warst du schon wieder allen egal. Ich hab dir doch viel eher einen Gefallen getan, in dem ich dir in deinem langweilig Leben ein wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe.", sagt er und ist meinem Gesicht jetzt so nahe, dass ich seinen Atem an meiner Wange spüre. Ich verziehe das Gesicht.

Mit jedem einzelnen seiner Worte hat er meine Würde und mein letztes Bisschen Selbstwertgefühl in kleine Teile zerfetzt.

Ich will nur mehr weg von ihm, mache hektisch Schritte von ihm weg, woraufhin er weitere auf mich zu macht.

„Lass das!", schreie ich ihn an.

„Was denn Kat?" Er schaut mir tief in die Augen, so als ob er in mich hineinschauen wollen würde. „Die Wahrheit sagen?"

Ich stoße ein verachtendes Lachen aus. „Das ist nicht die Wahrheit und das weißt du!", sage ich und stoße bei meinem letzten Schritt mit dem Rücken gegen eine Hausmauer hinter mir. Vor Schmerz verziehe ich das Gesicht.

Er kommt noch einen Schritt näher, macht es mir unmöglich von ihm wegzukommen.

„Was soll ich dir denn sonst sagen, Kat?" Er stützt sich mit beiden Armen links und rechts neben mir ab.

„Dass es mir leid tut, habe ich dir ja schon gesagt." Seine Stimmung scheint sich auf einmal wieder schlagartig geändert zu haben. Haden ist unmöglich zu durchschauen, nicht einmal, wenn ich ein jahrelanges Psychologie Studium hinter mir hätte, könnte ich ihn jemals verstehen.

Er spricht jedes einzelne Wort so langsam aus, dass er es mir unmöglich macht, nicht auf seine Lippen zu schauen.

Seine Mundwinkel zucken. „So schlimm war es doch auch nicht.", sagt er jetzt und verwirrt mich erneut.

Mein Atem geht schneller, obwohl ich das gar nicht möchte. „Du hast die Angewohnheit in Gegensätzen zu sprechen.", sage ich und schlüpfe unter seinen Armen hindurch, in die Freiheit.

Endlich bekomme ich wieder Luft.

Haden lacht verspielt und dreht seinen Kopf schwungvoll in meine Richtung. „Und du hast die Angewohnheit verdammt heiß zu sein, wenn du wütend bist.", sagt er.

Ich schnappe nach Luft. „Was fällt dir eigentlich ein?!", schreie ich.

„Du denkst doch wohl nicht im ernst, dass ich mich nach deiner Aktion noch mit dir einlassen würde?", sage ich lachend. Aber ich meine es ernst. Was glaubt er denn?

Er legt den Kopf schief und lächelt verspielt. „Sag niemals nie, Kat"

Mit diesem Satz dreht er sich um und verschwindet in Richtung Verbindungshaus.

„Niemals!", rufe ich ihm wütend nach.

Dieser Typ hat mich, seit ich ihn kennengelernt habe nur aufgeregt. Und nicht einmal die gute Art von Aufregung.

Ich schaue ihm nach wie er selbstbewusst und ohne sich einmal umzudrehen davon marschiert. Und ich stehe wie festgefroren auf der Stelle.

Es vergehen einige Minuten, oder Stunden, ich weiß es nicht, bis ich mich umdrehe und zurück zum Wohnheim gehe.

Ich dachte, dass er sich vielleicht anders zu mir verhalten würde, nach dem er meine...Panikattacke gesehen hat. Dass er mich vielleicht verschonen würde, ich weiß nicht.

Aber dieser Haden schreckt echt vor nichts zurück. Und obwohl ich weiß, dass ich mich von ihm fern halten muss, habe ich so das dumpfe Gefühl, dass er sich nicht von mir fern halten wird.

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