8. dead and still alive

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Noah

„Danke nochmal für die kleine Stadtführung." lächelte ich als wir vor meiner Haustür ankamen.
Gin lächelte zurück und zuckte abtuend mit den Schultern.

„Hab ich gerne gemacht."

„Ich würde dich ja noch mit hoch bitten aber ich glaub nicht dass das meiner Freundin gefallen würde."

Sie lachte auf und schüttelte leicht den Kopf „eine von der eifersüchtigeren Sorte?"
Ich nickte grinsend.
„Meine beste Freundin hatte sie damals auch nur zugelassen weil die lesbisch war."

Gins Augenbrauen zuckte leicht zusammen und gleich darauf waren ihre Gesichtszüge schon wieder entspannt.

„Vielleicht ergibt es sich ja mal wieder das wir was zusammen unternehmen." Meinte ich dann und sie nickte.

„würde mich freuen" ihr Lächeln verblasste etwas „aber in der Schule sollten wir vielleicht eher Abstand halten." ich wusste das sie auf das anspielte was sie mir an meinem ersten Tag gesagt hatte.
Ich wollte gerade protestieren und ihr klar machen dass das Schwachsinn war und ich sowieso keinen Wert auf die Meinung eines Idiotens wie Bjarne legte, da klingelte plötzlich mein Handy.

„Also, bis Montag denke ich." Damit drehte sie sich um und ging.

Kurz angebunden schaute ich ihr noch hinterher dann zog ich schnell mein Smartphone heraus und nahm ab.

„Sof?"

„Hey Schatz... hast du kurz Zeit zum reden? Ich muss dir was erzählen."

„Ja klar, bin eh gerade zu Hause angekommen."

Während ich mein Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt hatte, kramte ich meinen Schlüssel hervor und schloss auf, stieg dann die Treppenstufen bis zum ersten Stock hoch.

„Ok also..."

[...]

„Nein! Auf gar keinen Fall!" mittlerweile brüllte ich schon in mein Telefon, lief dabei hitzig auf und ab.
„Du wirst ganz sicher nicht zu dieser Geisteskranken gehen!"

„Das wollte ich ja zuerst auch nicht. Aber desto mehr ich darüber nachdenke, umso stärker glaube ich dass mir der Besuch helfen wird-„

„In wie fern denn bitte helfen?!"

„Vielleicht kann ich dann endlich mit all dem abschließen!"

„Mila ist TOT! Damit kann man nicht abschließen!"

„Nein Noah!" jetzt schrie auch Sofie „der einzige der damit nicht abschließen kann bist du! Weil du es nicht WILLST!"

„Ach ja?!" schrie ich zurück, konnte nicht fassen was ich da hörte.

„JA! Ich habe immer noch Alpträume von dieser Nacht! Aber nur weil ich gesehen habe wie jemand vor meinen Augen ermordet wurde!"

„Also ist Dir egal das Mila tot ist?!"

„Nein! Aber ich versuche weiterzuleben! Etwas was du nicht kannst!"

„Und was soll das jetzt wieder heißen?"

„Das heißt das du aus Berlin, von deiner eigenen FREUNDIN, hast wegziehen müssen, weil du hier nicht mehr klargekommen bist! Du erzählst immer noch so viel von ihr, du lässt sie nicht los, Noah!"

„Sie war meine beste Freundin verdammt!"

„Und manchmal habe ich das Gefühl das sie Dir tot immer noch mehr bedeutet als ich lebendig!"

Ich hielt unwillkürlich die Luft an.
Die plötzliche Stille dröhnte beinahe, so stark war der Kontrast zu dem eben noch herrschenden Geschrei.

„Ich werde mit Claire reden. Und dann wird all das endlich vorbei sein. Ich hoffe das du das auch irgendwann begreifen wirst."

Damit legte sie auf.
Schwer atmend stand ich in meinem Zimmer und starrte an die Wand, auf eines der Nirvana Poster die dort hangen. Dave Grohls Augen sahen mich direkt an doch mein Blick war verschleiert.

Irgendwann löste ich mich aus meiner starre, und ließ mich auf meine Matratze fallen, die auf zwei Einwegplatten lag, welche das Gerüst darstellen sollten.

Ich zündete mir eine Zigarette an. Selbst wenn ich einen Balkon gehabt hätte, wäre mir das jetzt egal gewesen.

Claire...
Ohne das sie auch nur einen Finger gerührt hatte, hatte sie es geschafft einen Streit zu beschwören.
Dieser Psycho wollte Sofie sehen. Aber warum?
Und warum spielte Unn immer noch ihr Schoßhündchen?

Mein Körper stand so sehr unter Strom und ich wusste wie ich das beheben, wie ich mich entspannen und diese Last etwas von mir ablegen konnte.

Routiniert griff ich nach meiner Box in der früher mal irgendwelche Schuhe gelegen haben mussten, die mittlerweile aber schon seit Jahren nur noch als Aufbewahrung galt.

Aufbewahrung für Grinder, Mischblatt, Papes, Roles, Tippapier, Krümeltabak, Aktivkohlefilter, leere baggies, volle baggies, in Alufolie gewickeltes Piece und zwei randgefüllte Marmeladegläser mit grünen Knollen.

Mein Handy vibrierte erneut und diesmal war es Gin mit der ich vorhin noch Nummern ausgetauscht hatte.

Gin
Du hast deine Kopfhörer im Café
gelassen, die haben sie mir gerade
noch gegeben als ich nochmal
kurz vorbei bin. Ich komm eh
nochmal an deinem Haus vorbei
dann werf ich sie in deinen
Briefkasten :)) 19.55

Danke 19.55

Wenn du willst kannst du
auch noch hochkommen 19.55

Warum der Sinneswandel? 19.55

Brauch Gesellschaft 19.56

Na dann, ich Klingel :) 19.56

Tatsächlich lächelte ich leicht und lehnte mich nun etwas entspannter zurück. Ich mochte Gins Anwesenheit und nicht alleine high zu werden war auch mal eine schöne Abwechslung.

Während ich Musik anmachte und dann anfing einen Joint zu bauen, drängte ich den vorherigen Streit und all das was damit verbunden war immer weiter in die hinterste Ecke meines Kopfes.
Und als Gin klingelte dachte ich nicht mehr an Claire, Mila, Unn oder an Sofie.

Gods »pausiert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt