Kleiner Zwischenfall und Abstieg

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Eine Weile schwieg ich ihn an. Ich zerbrach mir darüber den Kopf, was ich nun sagen sollte.

,,Also?", hakte er nach.

Da klopfte es an der Tür. Ohne auf eine Antwort zu warten, kam Papa ins Zimmer.

,,Hallo ihr zwei. Ich wollte euch Bescheid geben, das die Kinotour verschoben werden muss. Es geht erst nächste Woche los. Und Leon, ich habe dir schon zig-mal gesagt das du endlich dein Zimmer aufräumen sollst!" Leon verdrehte genervt die Augen und sagte desinteressiert: ,,Jaja, mach ich gleich." ,,Nein, jetzt! Los!", sagte unser Vater in einem strengen Ton, der auch keine Widerrede erlaubte. Mein Bruder stand seufzend auf und ging mürrisch in sein Zimmer, um die Pflicht zu befolgen.

In diesem Moment konnte ich meinem Vater glatt die Füße küssen, da er mich aus einer sehr unangenehmen Situation geholt hatte.

,,Ach und Ronja, Marlon ist gleich beim Training und ich gehe rüber zu der Nachbarin. Bis später!"

Dann ging mein Vater und ich war wieder alleine. Als ich meinen CD-Rekorder an machte, kam das Lied ,,Nichts ist für immer", von KAYEF. Irgendwie erinnerte es mich an Raban und mich. Vielleicht hatte er ja recht, vielleicht, war das mit Raban und mir auch nicht für immer. NEIN! Daran durfte ich nicht denken. Nur weil wir nun eine kleine Auseinandersetzung haben, heißt das nicht, das wir auseinander gingen!

Plötzlich hörte ich einen Schrei, der durch das ganze Haus ging. Ich schreckte hoch und rannte schnell nach unten. Erst sah ich in die Küche, doch hier war keiner.

Doch als ich ins Wohnzimmer stürzte, erschrak ich:

Leon lag stöhnend vor dem Wohnzimmerschrank und seine linke Hand blutete stark. Schnell lief ich zu ihm und kniete mich hin.

,,Leon, kannst du mich hör'n?", fragte ich aufgeregt, doch er antwortete mir nicht. Sofort zückte ich mein Handy und rief Papa an.

,,Papa? Du musst sofort rüber kommen! Irgendetwas ist mit Leon!" Meine Hand zitterte und meine Knie waren weich.

,,Alles klar, ich komme rüber.", sagte der Angesprochene schnell und legte schon auf. Danach holte ich ein paar Tücher um die Blutung zu stoppen.

Leon machte nun ein wenig seine Augen auf.

,,Leon, was ist passiert?", fragte ich sofort panisch.

,,Ich weiß es selber nicht mehr genau... Ich wollte irgendwas aus dem Schrank holen, aber da ich nicht hoch kam, bin ich auf den Stuhl gestiegen." Dabei nickte er in die Richtung, wo der Stuhl stand.

,,Und was ist mit deiner Hand passiert?", fragte ich nun weiter.

,,Ich glaube das ich irgendwo mit der entlang geratscht bin. Ich weiß das aber nicht genau.", antwortete mir mein Bruder und da stürmte dann unser Vater ins Haus.

,,Was ist denn los?", fragte dieser etwas aufgeregt, doch als er seinen Sohn am Boden sah, fragte er weiter: ,,Was hast du denn schon wieder angestellt?"

Unser Vater wusste nämlich schon, das Leon gerne mal große oder kleine Unfälle baute. Vor zwei Jahren hatte er mal mit Marlon im Wohnzimmer rumgetobt und dabei ist er ausgerutscht und mit dem Kopf gegen die Tischkante geknallt. Die Narbe konnte mann auch noch sehr gut im 3. Teil sehen und heute auch.

Der Blonde erzählte Papa das, was er mir gerade gesagt hatte und Joachim schnappte sich seinen Sohn und fuhr mit ihm zum Arzt. War ja klar, das ich mal wieder zu Hause bleiben musste.

Ich ging also wieder nach oben in mein Zimmer und setzte mich aufs Bett. Dort musste ich wieder an Raban denken. Ich konnte nicht anders. Warum hatte er sich denn auf einmal einfach so weg gedreht? Man hätte doch drüber reden können...

Die nächsten Tage vergingen ähnlich. Ich dachte immer wieder an Raban, aber wir Gegenseitig vermieden jeden Kontakt. Auch in der Schule. Leon ging mir, seitdem er gemerkt hat, das etwas zwischen uns anders war, total auf die Nerven. Immer wieder fragte er mich, was zwischen uns beiden eigentlich los war, und warum wir uns so verhielten. Ich blockte dann immer ab und verschwand in mein Zimmer. Als er dann anfing mir immer hinterher zu gehen, schloss ich einfach ab. Nach ein paar Minuten hatte er dann keine Lust mehr und ging einfach.

Essen tat ich auch nicht mehr wirklich. Ich hatte jeden Tag das Gefühl, das wenn ich was essen würde, mir alles wieder hoch kommen würde. Deshalb stand ich morgens extra spät auf und kam nach der Schule extra zu spät nach Hause. Abends blieb ich einfach in meinem abgeschlossenen Zimmer. Ich brauchte einfach Abstand, Abstand von meiner Familie, von der Schule und vor allem vor Raban. Ich mochte es gar nicht, das ich ihn in der Schule sehen musste. Er sah immer so traurig aus...

Da klopfte es an meiner Zimmertür. ,,Ronja, komm jetzt endlich raus!", hörte ich meinen Vater rufen. Ich hatte keine Lust, wieder mit meinem Vater zu diskutieren und sagte einfach nichts. Eine halbe Stunde nervte er mich, bis er dann schließlich ging.

~Na, endlich!~, dachte ich mir und pustete aus. Die ganze Zeit hatte Papa auf mich eingeredet, das ich rauskommen und was essen sollte.

Nun kratzte es an meiner Tür. Dies war natürlich niemand anderer als Cookie, das wusste ich, aber da der mich auch nur anwinseln wollte, machte ich die Tür erst gar nicht auf. Nun fing er auch noch an zu bellen. Ich fasste es nicht. Das tat er doch sonst nicht! ~Was für einen Auftrag hatte der denn bekommen?~ Ich schmiss mich nun auf mein Bett und legte mir das Kopfkissen auf meine Ohren. Konnten die mich nicht alle mal in Ruhe lassen? Das einzig Gute war, das heute der letzte Schultag war, und nun hatten wir Winterferien. Natürlich hatte dies aber wieder mal einen Haken, da wir morgen auf die Kinotour gingen.

Da ich nichts besseres zu tun hatte, stand ich auf und ignorierte das Kläffen. Ich nahm meinen mittelgroßen Koffer vom Schrank und packte meine Sachen. Zum Schluss musste ich dann doch aus meinem Zimmer, da ich noch meine Zahnputz-Tasche holen musste. Dort waren schon Zahnputz Sachen drin. Ich hatte extra eine Reisetasche, dann musste ich so etwas nicht noch am Morgen einpacken. Auch eine Haarbürste hatte ich.

Als ich die Sachen nach langem Suchen dann im Bad gefunden hatte, ging ich wieder in mein Zimmer. Dort packte ich dann weiter. Erst als ich auf mein Bett sah, bemerkte ich, das Cookie sich in mein Zimmer geschlichen hatte.

Ich verdrehte die Augen. Dieser Hund war schlauer als man dachte.

Ich setzte mich neben ihn und streichelte ihm das Fell. Da hob Cookie seinen Kopf und sah mich mit seinen glitzernden Augen an. Leicht wedelte er mit dem Schwanz, aber so wirklich glücklich sah er nicht aus.

Ich seufze. ,,Ja ich weiß Cookie. Ich sollte eigentlich mal raus gehen und es Leon vielleicht erzählen, aber ich kann seine Reaktion darauf nicht einschätzen. Entweder er denkt ich würde übertreiben, oder er fühlt mit mir. Deshalb lasse ich es lieber ganz." So als hätte er mich verstanden, bellte er nur einmal kurz und tat dann seinen Kopf auf meine Schulter. Ich konnte nicht anders und musste etwas lächeln. Ich wusste das Cookie kein gewöhnlicher Hund war. Er konnte mich verstehen. Er war ein Freund, den mann nie verlieren würde. Mein Hund würde alles für mich tun, das galt aber auch andersrum.

Ich gab dem Hund einen kleinen Kuss auf den Kopf und stand dann wieder auf. Ich fasste nach meinem Medaillon, was ich um meinen Hals trug. Irgendein Geheimnis verbarg sich noch in diesem Schmuckstück und ich wusste, das ich das auch noch herausfinden würde.

Beziehungsstress und FamiliengeheimnisseWhere stories live. Discover now