Kapitel 11

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Auch wenn ich nicht dem Quidditchteam von Slytherin beigetreten war, hatte es sich wie ein Lauffeuer in der Schule herumgesprochen, dass ich es abgelehnt hatte, dort aufgenommen zu werden, obwohl ich doch so furchtbar talentiert war. Nun spalteten sich die Meinung der Leute in zwei Gruppen auf: Die einen, die mich dafür bewunderten, dass ich nicht in dieses Team wollte, auch wenn ich die Möglichkeit gehabt habe und wiederum die Leute, die mich nun für furchtbar arrogant hielten.
Es kam halt immer darauf an, welche Version die Leute von meinem Abgang gehört hatten. Entweder die Version, in der ich anmerke, dass ich eigentlich im Team unerwünscht bin und deshalb nicht mitspielen möchte oder die Version in der ich meine, die Slyhterins wären im Vergleich zu mir talentlos. Doch eigentlich war es mir vollkommen egal, ob sie nun die eine oder die andere Geschichte gehört hatten. Es reichte mir schon, dass mein Ablehnen des Quidditchteams dafür gesorgt hatte, dass die Leute über mich redeten. Dass ich eine Stellung an dieser Schule bekam.
„Rona?" Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch. Neugierig sah ich zu Draco, welcher hinter mir stand.
„Kann ich etwas für dich tun, Draco?" Ich sah den Slyhterin fragend an. Dieser nickte leicht.
„Könntest du deine Tasche wegnehmen, damit ich mich hinsetzen kann?" Ich zog belustigt eine Augenbraue hoch.
„Habe ich richtig gehört? Der großartige Draco Malfoy möchte sich neben das Gossenkind setzen?"
„Ja, hast du. Also würdest du ein Stück rutschen?"
„Für solch hochgeborene Sitznachbarn doch immer." Ich musterte den blonden Jungen, welcher sich neben mich auf die Bank fallen ließ. Dabei sah er allerdings nicht mich an, sondern an mir vorbei. Er starrte jemand anderes am Slytherintisch an. Neugierig folgte ich dem Blick. Flint saß ein paar Meter von uns entfernt. Er sah ziemlich eindeutig zu uns herüber.
„Der Kapitän hat dich also geschickt."
„Ich soll dich überzeugen, dass du doch noch ins Quidditchteam kommst." Ich machte den Mund auf, um ihm zu sagen, dass er es gleich lassen konnte, meine Meinung stand schon fest. Es gab nichts, was er noch sagen konnte, damit ich doch noch dem Team beitrat.
„Ich weiß, dass du es nicht tun wirst. Wenn Flint glaubt, ich hätte es versucht, hört er auf, mich zu nerven." Ich biss mir auf die Unterlippe. Mir gefiel seine Aussage gar nicht. Also saß er nur hier, damit der ältere Schüler ihm nicht auf die Nerven ging. Wenigstens war ehrlich gegenüber mir.
Ich wandte mich wieder meiner Zeichnung zu, welche neben mir auf dem Tisch lag. Eine bessere Beschäftigung als mich weiter mit dem Jungen neben mir zu unterhalten.
„Du kannst echt gut zeichnen."
„Draco, nimm es mir nicht übel, aber ich bin beschäftigt. Wenn dir Flint auf die Nerven geht, sag ihm, er soll seinen Mann stehen und selbst angekrochen kommen, anstelle dich vorzuschicken. Und bitte, tue uns beiden den Gefallen und nutze genau diese Wortwahl." Der Slytherin neben mir grinste auf Grund meiner Worte wie ein Honigkuchenpferd. Anscheinen gefiel ihm der Gedanke, Flint das alles an den Kopf zu werfen. Es schien ihm sogar so sehr zu gefallen, dass er mich in Ruhe weiter zeichnen ließ. Allerdings nicht ohne neugierig über meinen Teller auf meine Zeichnung zu linsen.

Ich hatte in einem Ohr meine Kopfhörer mit Musik. Mit dem anderen hörte ich mal wieder Adina zu. Mein Blick war mal wieder auf die Zeichnung gerichtet, welche in meinem Schoß lag. Ich spürte ganz genau Draco Malfoys Blick, welcher mal wieder auf mir lag. Oder besser gesagt auf meine Beschäftigung in meinem Schoß. Anscheinend hatte der Slytherin einen Narren an meinen Kritzeleien gefunden.
Ich betrachtete noch einmal meine angefangene Zeichnung von dem Hund, welcher sich morgens gerne zu mir gesellte, wenn Adina schwimmen war. Könnte daran liegen, dass ich ihm immer etwas zu essen mitbrachte. Wahrscheinlich kam Tatze eigentlich nur deshalb. Welcher Streuner wollte denn nicht gerne kostenloses Essen?
Streicheleinheiten gab es auch noch gratis dazu, wenn dem Hund gerade danach war. Eigentlich war ihm immer danach. Jeden Morgen kam er nach seinem Frühstück zu mir geschlichen, legte seinen Kopf in meinen Schoß und döste ein wenig. Manchmal tobten wir auch am Rande des Sees, wenn uns danach war, doch meistens kuschelten wir miteinander.
Der Hund verschwand erst wieder, wenn Malfoy auf dem Rückweg seiner Joggingrunde zu mir kam. Meistens mit einem bissigen Kommentar darüber, wir würden eines Tages noch deshalb draufgehen. Auch Jamie kam mittlerweile morgens irgendwann zum See. Meistens hatte er ein Buch dabei, mit welchem er sich zu mir setzte. Sobald Malfoy kam, wurde diesem ein böser Blick zugeworfen, der jedem umstehenden mitteilte, die Zweisamkeit von Jamie und mir wurde gegen seinen Willen gestört.
Vor mir räusperte sich jemand, weshalb ich meinen Blick und meinen Gedanken von dem grauen Bleistifthund wieder löste. Neugierig sah ich auf. Normalerweise vermieden die Leute es, mich direkt anzusprechen. Pansy Parkinson hatte sich mit den anderen beiden Slytherinmädchen vor mir aufgebaut. In ihrem Blick konnte ich erkennen, wie überlegen sie sich dank der beiden Mädchen hinter sich fühlte und gleichzeitig wie sehr sie mich verabscheute.
„Smith."
„Kann ich dir irgendwie behilflich sein, Parkinson?" Ich setzte automatisch dieses breite Grinsen auf, welches mittlerweile für Mopsgesicht reserviert hatte. Übertriebenfreundliches Lächeln, während meine Augen noch kälter wirkte als jeder Schneesturm in Alaska.
„Als Allererstes wäre es sehr höflich von dir, deine Kopfhörer von deinem komischen Muggelgerät aus den Ohren zu nehmen und mir deine volle Aufmerksamkeit zu schenken." Ich nickte langsam, ließ alles allerdings an Ort und Stelle. Ich schenkte Adina nur selten meine beiden Ohren, da sollte Parkinson nicht erwarten, sie würde meine volle Aufmerksamkeit kriegen, wenn sie mich immer so unhöflich anging.
„Ich sagte, du sollst diese Dinger aus deinem Ohr nehmen!"
„Nein, du hast mich jeglich darauf hingewiesen, dass es höflich wäre, wenn ich es täte. Wie du bei jeder passenden Gelegenheit erwähnst, ich bin nur ein Gossenkind ohne jegliche Art von Manieren oder Anflügen von Höflichkeit. Im Übrigen lasse ich mir nur sehr ungern etwas befehlen. Nicht einmal von Leuten, die wirklich Autoritäten für mich sind. Aus diesem Grunde behalte ich meine Kopfhörer dort, wo sie gerade sind. In meinem Ohr."
Das mopsgesichtige Mädchen sah mich mit einer Mischung aus Abscheu und Empörung an. Ihr gefiel es gar nicht, dass sie mir nach all den Tagen in denen sie versucht hatte mich emotional und sozial unter Druck zu setzen noch immer nicht auf ihre Befehle reagierte. Stattdessen stellte ich mich offen gegen sie und das auch noch im Beisein von den anderen Slytherins und den Ravenclaws mit denen wir gleich Unterricht hatten. Wahrscheinlich wären wir auch schon lange im Raum, würde sich nicht Professor McGonagall aus unbekannten Gründen verspäten.
„Du bist ein ungepflegtes und ungehobeltes Gossenkind, Rona Smith!" Ich zuckte mit den Schultern.
„Fallen dir nicht mal langsam wieder neue Beleidigungen für mich ein?" Ich wandte mich wieder meiner Zeichnung zu. Wie dieses Gespräch weitergehen würde, war mir jetzt schon klar. Ich musste ihm also keine weitere Beachtung schenken.
„Jetzt hör gefälligst auf, deinen Schund zu kritzeln!" Sie versuchte, mir mein Blatt zu klauen. Geschickt fing ich ihre Hand ab.
„Finger weg von meinem Eigentum! Früher wurden Dieben die Hand abgeschlagen. Vielleicht sollten wir das wieder einführen." Ich wurde böse angefunkelt. Die beiden Mädchen hinter Mopsgesicht hatten mittlerweile ihre Zauberstäbe in den Händen. Eine falsche Bewegung und sie würden mir einen Fluch auf den Hals schicken.
Zwar würde ich mich problemlos verteidigen können, doch der Ärger den dieses ziemlich kurze Duell nachziehen würde, war mit Sicherheit riesig. Vor allem weil ich drei Mädchen mit einer Menge Geld und wahrscheinlich ziemlich viel Einfluss auf das Zaubereiministerium in den Boden stampfen würde. Ihre Eltern würden dann schon dafür sorgen, dass ich eine ordentliche Stange an Problemen bekommen würde.
Doch klein bei geben würde ich mit Sicherheit auch nicht. Wenn Parkinson glaubte, sie könnte mir Befehle erteilen, dann hatte sie sich geschnitten. Ich war nicht ihre Dienerin und ich würde es auch niemals sein.
„Lass mich einfach in Ruhe oder sag mir, was du von mir willst." Das Mädchen funkelte ich mich wütend an.
„Was ich will? Ich glaube, ich spreche eher im Namen der ganzen Schule, Smith. Am liebsten hätten wir alle, dass du dich wieder in das Loch verkriechst, aus dem du gekommen bist. Nicht einmal deine eigene Zwillingsschwester kann dich ausstehen! Aber fürs erste würde es reichen, wenn du deine Hausaufgaben erledigst und dich auch ansonsten an alle Regeln hältst. Deine Verhaltensweisen lassen zu wünschen übrig und das fällt auf uns alle zurück. Noch haben die Lehrer vielleicht Mitleid mit dir, aber sie werden deine Arbeitsverweigerung nicht ewig hinnehmen. Das nicht erledigen von Hausaufgaben führt zum Abzug von Hauspunkten. Damit fällt es auf das gesamte Haus Slytherin zurück. Aus diesem Grunde müssen wir darauf bestehen, dass du deine Haltung endlich überdenkst und eine Neue annimmst." Ich nickte langsam.
Es war klar gewesen, dass mir irgendwann nicht nur von den Lehrern klar gesagt würde, dass es mit meiner Einstellung nicht mehr weiterging, sondern auch einer meiner Mitschüler den Kaffee auf hatte. Doch weder die Androhung der Lehrer, ich würde auf Grund meines Verhaltens irgendwann einmal Nachsitzen müssen, noch die Slytherins änderten etwas an der Tatsache, dass ein paar Zoll lange Aufsätze und ich einfach nicht zusammenpassten. Es war egal, wie gerne ich Parkinsons Wunsch nachkommen wollte, ich würde es niemals schaffen in der vorgegebenen Zeit all die Aufsätze zu schreiben. Ich würde wahrscheinlich nicht einmal einen schaffen.
„Ich nehme deinen Vorschlag zur Kenntnis." Ich wandte mich meiner Zeichnung wieder zu. Ich hatte Mopsgesichts Vorschlag zur Kenntnis genommen, jetzt konnten wir wieder getrost getrennte Wege gehen.
„Und du wirst ab morgen deine Hausaufgaben haben." Ich zuckte mit den Schultern.
„Wenn du meinst." Die Augen des Mädchens fingen an, vor Wut zu glitzern. Sie hatte mittlerweile ebenfalls nach ihrem Zauberstab gegriffen, welchen sie direkt auf meine Kehle gerichtet hatte. Ihre Hand zitterte dabei. Ich hatte sie ganz offiziell zur Weißglut gebracht.
„Wenn du nicht anfängst, einfach still und heimlich wieder in den Schatten zu verschwinden, wo Gossenkinder wie du hingehören, dann wirst du es bereuen. Anders als du Smith habe ich die letzten zwei Jahre nicht damit verbracht, mich von Abfällen zu ernähren. Stattdessen war ich hier und habe Zaubern gelernt. Etwas, was du niemals lernen wirst, weil du einfach nur faul und dumm bist!"
„Pansy, jetzt gehst du zu weit! Ja, Rona sollte anfangen, ihre Hausaufgaben zu machen, aber du solltest sie nicht mit deinem Zauberstab bedrohen, damit sie es macht." Die Wassernymphe sah fast schon entsetzt auf die Waffe, welche noch immer auf mich gerichtet war.
„Halt dich da raus, Adina! Was dich dazu bringt, das Gossenkind vorzuziehen, muss hier wohl keiner verstehen. Mir ist es langsam egal, was du bist. Du verrätst deine Familie und dein Haus."
„Ich verrate niemanden. Rona ist aus gutem Grund meine Freundin und ich dulde es nicht, wenn du so mit ihr sprichst!" Mopsgesicht sah abfällig zu der Wassernymphe. Offensichtlich verlor sie langsam ihren Sonderstatus aufgrund ihrer Kräfte.
„Adina, das ist mein Kampf. Geh zu deinem Bruder und lass mich das alleine ausfechten."
„Aber –" Ich sah die andere Nymphe streng an. Wenn das hier doch nicht eskalieren sollte, wollte ich nicht die Blondine im Kreuzfeuer haben. Mein Kampf, meine frechen Sprüche, mein Duell um Parkinson in den Boden zu stampfen. Parkinson und ihre zwei Hündchen. Die Wassernymphe schüttelte leicht den Kopf. Dummes, loyales Mädchen.
„Offenbar hat das Gossenkind endlich jemand gefunden, der sie nicht bei der ersten Gelegenheit zurück in den Dreck schmeißt, wo sie hingehört!" Ich merkte, wie die Wut mal wieder die Kontrolle über mich gewann. Wie sich die Magie in jede Ader meines Körpers drängte, um die Person, die so schlimme Dinge über mich sagte zum Schweigen zu bringen. Meine Hand hatte sich schon lange um mein Messer geschlossen. So fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten. Ich konnte mir vorstellen, dass meine sonst so kalten, grau-blauen Augen vor Magie glitzerten, schon beinahe Leuchteten. Ich war kurz davor, Parkinson, Greengras und Pucey das hämische Lachen aus dem Gesicht zu schlagen.
„Jedenfalls momentan hat Adina noch Mitleid mit ihr. Mal sehen wie es in zwei Wochen ist. Dann hat sie wahrscheinlich kapiert, dass Smith vollkommen unter ihrem Niveau ist." Die Worte bohrten sich wie eine Klinge in mein Herz.
Ich wusste selber, dass Adina und ich aus zwei verschiedene Welten kamen. Eines Tages würde das zwischen uns stehen. Das war klar. Der Drang, auf Parkinson loszugehen oder wenigstens irgendwo drauf einzuschlagen, wurde immer größer.
Ich machte vorsichtig einen Schritt zur Seite. Wahrscheinlich war es klüger, die drei Mädchen aus meinem Schlafsaal nicht als Boxsack zu missbrauchen.
„Wenn man nichts zu sagen hat, sollte man lieber schweigen, Pansy." Adinas Augen funkelten ebenfalls böse.
„Dann solltest du wohl deinen Mund halten! Und du Smith, willst du jetzt weglaufen? Du bist so ein Feigling!"

Hexagramm - SchlangenbrutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt