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Ich ließ die Tür ins Schloss fallen und lehnte mich erschöpft gegen sie. Der Ausblick auf den weiteren Verlauf meines Abends war nicht sehr rosig. Ich würde versuchen müssen meine Mutter aus dem Bett zu bekommen. Sie musste mit mir zu den Behörden und zwar bald, sonst landen wir auf der Straße.

Frustriert lief ich den Flur hinunter und warf meine Jacke auf mein Bett. Als ich zaghaft an die Tür meiner Mutter klopfte, kam wie üblich keine Antwort. Ich glaube ich habe meine Mutter das letzte Mal vor einem Monat sprechen gehört. "Mama?" ich trat ein. Sie lag nur da. Starrte an die Wand. "Hey, wie müssen über etwas sprechen." sagte ich mit ruhiger Stimme. Langsam ließ ich mich auf den Sessel gegenüber von ihrem Bett nieder.

"Es gibt da einen Kredit, den Papa nicht bezahlt hat. Und alleine können wir das nicht zahlen." Keine Antwort. Keine Reaktion. "Deshalb müssen wir, möglichst bald, zu den Behörden gehen." Keine Antwort. Keine Reaktion. "Wenn wir den Kredit nicht bald bezahlen verlieren wir das Haus." Keine Antwort. Keine Reaktion. Ich beschloss es dabei zu lassen. Auch wenn es so wirkte, als könnte sie mich nie hören, muss sie mich ja hören können.

Doch Mama stand nicht auf. Sie sagte nichts. Nicht an diesem Tag, nicht am nächsten und auch nicht in der nächsten Woche. Jeden Tag erwähnte ich den Kredit oder die Behörden, sagte wir müssten einen Termin machen. Nie kam eine Reaktion.

Ich wurde nervös, das Haus zu verlieren war das letzte was wir jetzt gebrauchen konnten. Nicht, dass das Haus viel wert war. Es war einstöckig, mit zwei Schlafzimmern, einer Wohnküche und einem Badezimmer. Aber es war unser Haus und wo sollten wir denn sonst hin?

Eine Woche lang tat ich nichts weiter, als sie daran zu erinnern, in der Hoffnung sie würde aufstehen. Oder wenigstens eine Reaktion zeigen. Mich ansehen. Irgendetwas. Aber es kam nichts. Erst an dem Tag, wo die letzte Warnung durch unseren Briefkastenschlitz fiel, kroch echte Panik meinen Rücken hoch. Eiskalt kroch sie durch meine Adern und schnürte mein Kehle zu.

Wieder lief ich in das Zimmer meiner Mutter und dieses Mal hielt ich ihr das Blatt Papier vor die Augen. "Mama. Wir müssen zu den Behörden." Ich sah sie verzweifelt an. Nichts. Sie starrte durch mich hindurch. Blinzelte in den gleichen Abständen wie immer. "Mama. Hörst du mich? Wir verlieren das Haus!" Wut und Verzweiflung nahmen den Platz der Panik ein. Meine Stimme brach und Tränen sammelten sich in meinen Augenwinkeln.

"Mama du musst aufstehen!" keine Antwort. "Mama, wir müssen los!" keine Antwort. "Mama steh auf!" keine Antwort. Ich reiße ihr die Decke weg. "Mama!" schreie ich. Es ist als wäre sie taub. Sie hört mich nicht. Ihre Augen sind offen. Doch sie starrt nur an die Wand. "Mama, sieh mich an!" schreie ich wieder. Nichts. "Mama bitte sag doch was!" meine Stimme bricht. Doch meine Mutter antwortet nicht. Auch als ich anfange zu weinen und heiße Tränen mir die Wangen runterlaufen. Sie sieht mich nicht an, sie sagt kein Wort. Sie hört mich nicht.

Der salzigen Geschmack meiner Tränen und das brennen meiner Augen. Das ist alles worauf ich mich gerade konzentriere. Bis ich einen Entschluss fasse und in den nächsten Bus steige, um zur Behörde zu fahren. Es nützt ja nichts. Soll ich zuhause sitzen bleiben, bis sie uns aus dem Haus werfen? Einen Versuch ist es doch wert.

Das Gebäude ist ein grauer Block. Die Eingangshalle ist weiß gestrichen. Ich weiß nicht was ich sagen oder tun soll. Ich versuche mir einen Plan in meinem Kopf zurecht zu legen. Ich spielte ein Gespräch in meinem Kopf ab.
Doch das entscheidende war, dass ich keine Ahnung hatte was zu tun war.

ITS ALL IN YOUR HEADWhere stories live. Discover now