7. Raffinesse

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Erst, als es Zeit zum Abendessen war und Fry Pan auf die Toilette musste, verließen wir das Badezimmer wieder. Ich hatte mich beruhigt und fühlte mich wieder einigermaßen gut. Als Winston mich sah, begann er sofort, sich bei mir zu entschuldigen, aber ich winkte ab.
„Ist schon gut, Winst. Das war ja keine Absicht."
Nachdem Fry Pan von der Toilette zurück war, machten wir uns auf den Weg zum Speisesaal, denn wir wurden bereits von einem der Wachen erwartet.
Dort angekommen holten wir uns etwas zum Abendessen und setzten uns an einen freien Tisch, möglichst weit von den beiden Jungen entfernt, mit denen Newt und Minho sich am Vortag – wenn auch zu Recht – angelegt hatten. Ich hatte absolut keine Lust auf Streit und war froh, als die beiden uns wie schon heute Morgen und heute Mittag einfach ignorierten.
Es dauerte nicht lange und Janson betrat, genau wie am Vortag, den Raum, um die Namen von denen vorzulesen, die er heute mitnehmen würde, und mit ihm kam wieder dieses komische Gefühl in mir auf. Ich schloss die Augen und betete, dass es keiner von uns sein würde, denn ich war mir noch immer sicher, dass es Menschen gewesen waren, die wir vergangene Nacht gesehen hatten.
„Alice. Barry. Walt. Edgar. Samantha..."
„Ich will wissen, was hinter dieser Tür ist", flüsterte Thomas neben mir. Ich sah auf und erkannte, dass er Janson gebannt anstarrte.
Newt, der auf meiner anderen Seite saß, sah ebenfalls auf, allerdings wirkte er mehr genervt als alles andere.
„Das hatten wir doch alles schon. Du hast gesagt, sie waren zugedeckt, also weißt du gar nicht genau, was ihr gesehen habt. Könnte alles Mögliche sein..."
„Ich weiß genau, was ich gesehen hab', das waren Körper!"
Ich nickte zustimmend. „Ich habe es doch auch gesehen, Newt."
„Aris sagt, sie bringen jede Nacht 'ne neue Ladung."
Jetzt mischte Minho sich ein. „Wer ist denn dieser Aris?"
Thomas deutete zu dem Jungen herüber, der wieder an dem Platz saß, an dem er auch gestern Abend gesessen hatte, die Kapuze ins Gesicht gezogen, und ein Stück Kuchen betrachtete, als wäre es ein seltenes Metall oder ähnliches. Die Jungen folgten seinem Blick und ich konnte mir denken, was sie dachten, als sie ihn sahen.
„Wow", machte Minho resigniert und ich musste fast ein bisschen schmunzeln.
Ja, das traf Aris' Erscheinungsbild wahrscheinlich am besten.
„Wenn das so ist..."
In diesem Moment beendete Janson das Vorlesen der Liste mit: „... und zu guter Letzt – David", und einer der Männer öffnete die Tür, durch die jetzt die Jungen und Mädchen einer nach dem anderen verschwanden.
„Danke für eure Aufmerksamkeit. Ich wünsche euch noch einen schönen Abend." Mit diesen Worten wandte er sich ebenfalls zum Gehen.
„Okay, so lange wir nichts mit Sicherheit wissen, sollten wir uns ruhig verhalten und keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen", sagte Newt, aber Thomas hörte ihm gar nicht mehr zu.
Ich hatte bereits bemerkt, dass es in seinem Kopf ratterte und fragte mich gerade, was er vorhatte, als er plötzlich aufsprang und auf die Tür zulief, die noch immer offen war.
„Was macht er denn jetzt?", fragte Newt perplex.
„Er zieht Aufmerksamkeit auf sich", stellte Fry Pan fest.
Wir sahen ihm gebannt hinterher, wie er versuchte, sich unauffällig zu verhalten und mit denen, die aufgerufen worden waren, durch die Tür zu verschwinden. Aus irgendeinem Grund hatte ich nicht das Gefühl, dass dies sein wirkliches Ziel war und ich kniff angestrengt die Augen zusammen, um die Situation zu verstehen.
Jetzt packte ihn einer der Mitarbeiter und schubste ihn zurück, wobei er irgendetwas zu ihm sagte, das wir nicht verstehen konnten. Thomas versuchte noch einmal, einfach an ihm vorbeizulaufen, aber wieder schubste er ihn und baute sich vor ihm auf. Sie redeten kurz, dann schien er klein bei zu geben und drehte sich um, aber ich konnte an seinem Gesicht erkennen, dass es jetzt erst richtig losging. Diesen Gesichtsausdruck kannte ich von Gally und bei ihm hatte er nie etwas Gutes bedeutet.
Er ging ein paar Schritte auf uns zu, drehte sich dann abrupt um und versuchte ein weiteres Mal, an dem Mann vorbeizukommen, dieses Mal mit Anlauf.
Wir sprangen alle gleichzeitig auf und rannten auf Thomas zu, ob um ihm zu helfen oder ihn zurückzuhalten, wusste ich nicht.
„Verschwinde!", brüllte der Mann jetzt und schubste Thomas mit einer Wucht, die ihn beinahe umfallen ließ.
Wieder griff Thomas an und schrie: „Was ist dein Problem, Mann, hä? Was zum Teufel?!"
„Verschwinde!"
Jetzt hielten wir ihn fest. Ich konnte sehen, dass Janson angerannt kam, angelockt von dem Geschrei.
„Wieso? Warum darf ich sie nicht sehen?!"
„Kontrolliert euren Freund!", brüllte der Mann uns entgegen, mittlerweile mit hoch rotem Kopf.
Janson stürzte an ihm vorbei und fragte: „Was ist denn hier los? – Thomas. Ich dachte, wir könnten einander vertrauen."
Was meint er? Worüber haben die beiden gestern alleine gesprochen? Warum hat Thomas uns nicht davon erzählt?
Jetzt fasste Janson ihn an der Schulter. „Wir spielen alle im selben Team hier." Er nickte immer wieder, als wollte er ihn davon überzeugen.
„Tun wir das?", fragte Thomas scharf.
Janson nickte, dieses Mal als hätte er verstanden. „Bringt sie zu ihren Betten."
Plötzlich kamen aus allen Richtungen Männer auf uns zu und packten uns. Jemand griff grob nach meinem rechten Arm und zog mich mit sich aus dem Speisesaal heraus. Aris saß da und sah uns mit großen Augen an, genauso wie die anderen Jungen und Mädchen, als man uns aus dem Saal zerrte und dann die Gänge entlang, bis wir unser Zimmer erreicht hatten.
„Ab Marsch, darein! Alle, na los!"
Wir wurden förmlich in unser Zimmer gestoßen und ich hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben, konnte mich aber glücklicherweise an Fry Pan festhalten. Der Mann, der uns eben noch angeschrien hatte, knallte jetzt die Tür hinter uns zu und schob laut den Riegel davor.
„Was zum Teufel sollte das bitte?!", fragte Minho vorwurfsvoll.
„Du hast doch nicht ernsthaft geglaubt, dass die dich durch lassen." Newt war noch immer vollkommen perplex über das, was Thomas gerade gemacht hatte.
Jetzt griff der sich in die hintere Hosentasche und holte etwas heraus. Ich hatte doch gewusst, dass er ein anderes Ziel gehabt hatte.
„Nein, hat er nicht. Das war ein Ablenkungsmanöver", hauchte ich.
Thomas nickte. „Nein, natürlich nicht."
Jetzt hielt er eine Schlüsselkarte hoch, die er dem Wächter abgenommen haben musste. Ein Raunen ging durch den Raum, als die Anderen ebenfalls verstanden, was da gerade passiert war. „Ich werd' rauskriegen, was hinter dieser Tür ist. - Wir, meine ich." Bei seinen letzten Worten sah er mich an. Ich nickte stumm.
„Oh, na klar", sagte Fry Pan resigniert und Newt gab ein ebenso klingendes Geräusch von sich. Warum verstanden sie nicht, dass hier etwas nicht stimmte?
„Newt, die verheimlichen etwas. Diese Leute hier sind nicht die, für die sie sich ausgeben."
Thomas packte mich vorsichtig am Arm und zog mich mit sich in Richtung des Lüftungsschachts. Newt machte einen Schritt auf uns zu und die Anderen taten es ihm gleich.
„Nein, Thomas, das weißt du nicht! Das Einzige, was wir genau wissen, ist dass sie uns vor WICKED gerettet haben. Sie geben uns Kleidung, sie geben uns Essen, sie geben uns ein bequemes Bett. 'nen paar von uns hatten das schon lange nicht mehr."
„Ja, aber..."
„ - 'nen paar von uns sogar noch länger nicht als andere."
Die beiden sahen sich in die Augen und schienen miteinander zu kämpfen.
„Newt, Thomas hat Recht. Hier stimmt irgendetwas nicht und ich will nicht, dass wir getrennt werden und man uns irgendetwas antut. Ich will nicht, dass sie dir was antun, okay?"
Ich machte einen Schritt auf ihn zu und nahm seine Hand.
„Bitte, lass uns einfach nur nachsehen gehen. Wir sind bald wieder zurück."
„Warum können wir nicht einfach glücklich mit dem sein, was wir hier haben?" Er sah mich gequält an.
„Weil es vielleicht nicht das ist, was es zu sein vorgibt. Newt, ich muss nachsehen, was hinter dieser Tür ist und..."
Doch weiter kam ich nicht, denn ein Knall ertönte und die Klappe des Lüftungsschachts wurde unter Thomas' Bett hervor geschossen.
„Whoa!", machte Thomas, der am nächsten daran gestanden hatte.
Im nächsten Moment tauchte Aris unter dem Bett auf und sah zuerst mich und dann ihn an.
„Hey, Anna, Thomas."
„Was zum...?", stieß Fry Pan hervor.
„Du hast sie, hm?"
„Wer ist der Kerl?", fragte Fry Pan entsetzt.
„Ja, gehen wir!"
Thomas hielt die Schlüsselkarte hoch und bückte sich, um zu Aris in den Lüftungsschacht zu krabbeln. Er sah mich auffordernd an und auch ich ging in die Hocke.
„Okay, hört zu. Vielleicht habt ihr Recht, vielleicht sind wir paranoid. Aber ich muss rauskriegen, was da los ist. Ihr müsst uns decken. Wir sind so schnell zurück, wie wir können"
Mit diesen Worten verschwand er unter dem Bett.
Ich duckte mich ebenfalls, drehte mich noch einmal zu den Anderen um und nickte Newt zu.
„Mach dir keine Sorgen, wir sind bald wieder zurück."
Er nickte leicht und damit gab ich mich zufrieden. Schnell schlüpfte ich nun völlig unter das Bett und krabbelte dann in den Schacht, wo ich Thomas schnell eingeholt hatte.

Through The WICKED Scorch | A Maze Runner StoryWhere stories live. Discover now