Kapitel 44

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Kapitel 44 : 




Ich dachte für einen Moment ich sei im falschen Film. Mein Herz klopfte wild gegen meine Brust. Armend und Lule lagen im Bett und sahen mich geschockt an. In meinem Kopf machte es plötzlich klick. Dumm und naiv, aber schlimmer noch, blind und taub war ich in den letzten Wochen gewesen. Ich hatte es geahnt .. alles hatte zusammengepasst, aber andererseits dachte ich mir .. nein sowas macht Lule nicht. Wie stark man sich doch in Menschen, die man meint zu kennen, täuschen kann. Armend stand auf und schlüpfte in seine Boxershorts, die auf den Boden lagen. 
„Fass mich bloß nicht an!“, zischte ich aufgebracht, als er auf mich zu kam. 
Ich hob meine Hände, die zitterten und sah Lule an. Sie lag da, hielt sich das Bettlaken über die Brust und schaffte es nicht mir in die Augen zu sehen. 
„Ich kann das erklären...“, flüsterte Armend. 
„Ihr seid widerlich. Alle beide!“, sagte ich leise. 
Armend: „Ich weiss, dass du eifersüchtig bist aber ..“
„Stop mal!“, unterbrach ich ihn. 
Ich fing an laut los zu lachen, was dafür sorgte, dass Armend und Lule mich anstarrten. 
„Eifersüchtig?! Es ist mir egal was du machst! Vögel dieses Miststück von mir aus, aber nicht in meiner Wohnung!“, brüllte ich. 
„Adelina ..“, Armend kam auf mich zu aber ich hob abwehrend meine Hände. 
„Ihr ekelt mich an.“
Meine Stimme war ein leises Flüstern, mit wackeligen Knien verließ ich das Schlafzimmer. 
„Warte Adelin!“, schrie er mir hinterher aber ich ignorierte ihn. 
Ich ließ mich erschöpft auf den Sessel im Wohnzimmer nieder. Müde war ich .. müde vom Leben. So langsam aber sicher gingen mir die Kräfte aus. Es kam alles so schnell hintereinander, die Zeit verflog und man könnte meinen es sei erst gestern gewesen, als ich noch dieses sorglose Mädchen war, das zur Schule ging. Vor knapp 10 Monaten war meine einzige Sorge gewesen, einen möglichst guten Abi Abschluss zu bekommen. Und jetzt? Jetzt saß ich ihr, verheiratet mit jemanden den ich nicht liebte. Meine Mutter lag im Sterbebett und dazu kam jetzt allen Ernstes noch das. Hintergangen von meiner ehemals besten Freundin. Wie in Trance starrte ich auf die Wanduhr und blendete alles um mich herum aus. Ich kam mir vor wie hypnotisiert. Mir kullerte unbewusst eine einzelne Träne die Wange herab, die lautlos auf meinen Pulli plumpste. Das laute zuknallen der Schlafzimmertür, riss mich unsanft aus meiner Trance. 
„Ich geh kurz raus eine Rauchen, wenn ich wieder da bin, dann können wir reden.“, sagte Armend. 
Er war die Ruhe in Person und schien sich keiner Schuld bewusst. 
„Fahr zur Hölle.“, fluchte ich leise. 
Er sah mich stirnrunzelnd an, öffnete den Mund um etwas zu sagen, ließ aber dann doch bleiben. Wortlos verließ er die Wohnung und gleich darauf kam Lule ins Zimmer. 
„Es tut mir leid.“, flüsterte sie kleinlaut. 
Mühevoll stand ich auf und trat ihr gegenüber. 
„Was tut dir leid? Was von all den Dinge, die tu getan hast? Du hast seit Monaten eine Affäre mit ihm. Seit Monaten! Wieso hast du es zugelassen, dass ich ihn heirate?“
„Du hast ihn mir weggenommen! Wenn du nicht zwischen uns getreten wärst, wäre das alles nie passiert!“, schrie Lule auf einmal. 
Ich riss geschockt die Augen auf. Das konnte nicht ihr ernst sein! 
„Bist du verrückt geworden? Ich liebe jemand anderen, das hast du doch gewusst! Oder warte ..“ 
Ich dachte einen Moment lang nach und fing dann an zu lachen. 
„Du hast gedacht ich bin mit Armend zusammen stimmt's?“ 
Sie wich meinem Blick aus und sah an mir vorbei. Ihr Schweigen sagte mehr als tausend Worte. 
„Du bist echt erbärmlich, ich kann nicht glauben, dass ich sowas wie dich mal Freundin genannt habe. Du hattest was mit ihm, obwohl du dachtest ich wäre mit ihm zusammen und.. warte .. das Kind .. das Baby, das du abgetrieben hast ..“
Aufgebracht hielt ich inne und massierte mir die Schläfen. Mein Herz raste so schnell, als sei ich gerade einen Marathon gelaufen. 
„Ja es war von Armend.“, sagte Lule leise. 
„Wieso hast du nichts gesagt?“, brüllte ich. 
„Wieso hast du nie was gesagt verdammt! Ein Wort von dir und es wäre alles anders gelaufen! Du gehörst offiziell zu einer der Personen die mein Leben zerstört hat! Gratuliere!“ 
Ich fing an zu weinen, während mein ganzer Körper zitterte. Wenn ich damals gewusst hätte, dass Armend Lule geschwängert hat .. dann würde ich bestimmt nicht hier stehen. Dieser Ehrenlose hat ihr sogar Geld gegeben um abzutreiben .. und ich, genau ich, war diejenige die ihr dabei geholfen hatte. Warum musste mir das Schicksal so einen Fluch auferlegen? 
„Hättest du mir gesagt mit wem du zusammen bist, wäre das auch nicht passiert!“, verteidigte Lule sich. 
„Wo wir grad beim Thema sind .. mit wem warst du zusammen .. oder bist es noch? Du betrügst Armend doch bestimmt mit dem anderen!“, fügte sie hinzu. 
Ich dachte ich höre nicht richtig, wütend verpasste ich ihr eine schallende Ohrfeige. Lule hielt sich geschockt die Wange und sah mich mit großen Augen an. 
„Du widerst mich an. Wirklich .. mir fallen keine Worte mehr zu dir ein. Es spielt keine Rolle mit wem ich zusammen war. Dass du dich überhaupt traust hier deinen Mund aufzumachen und mich der untreue zu beschuldigen, wo du doch diejenige bist, die mit einem verheirateten Mann schläft.“
„Ich liebe Armend ..“, sagte sie leise. 
„Schön für dich. Ihr zwei passt zusammen, wie die Faust aufs Auge. Auf sowas hinterhältiges verzichte ich mit Vergnügen.“ 
Ich machte einen Schritt zurück und atmete einmal aus. 
„Bald kannst du dich auch offiziell von ihm flach legen lassen, falls er dich denn offiziell will. Muss ja einen Grund geben, wieso er es bis jetzt nur heimlich getan hat.“
Lule lief rot an, sie kochte nach meinen Worten, die noch harmlos für sie waren. Sie tat mir nicht leid, ich hatte absolut kein Mitleid mit mir. Immer war ich diejenige gewesen, die an andere gedacht hat. Es war Zeit daran etwas zu ändern und an mich zu denken.
„Was soll das heissen?“, zischte sie leise. 
„Das soll heissen, dass du ihn haben kannst sobald ich geschieden bin. Werdet glücklich.“
Während sie mich ungläubig anstarrten und ihr wohl die Frage „Wann wird das sein.“ auf der Zunge lag, machte ich eine Handbewegung Richtung Tür. 
„Und jetzt verschwinde aus meiner Wohnung. Sofort.“ 
Ohne ein weiteres Wort zu sagen, verließ sie mit gesenkten Kopf die Wohnung. So ein ekliges Pack die beiden, einfach nur widerlich. Ich ließ mich wieder auf den Sessel fallen und bereitete mich auf das kommende Gespräch mit Armend vor. Keine 2 Minuten später kam er auch ins Zimmer gestürmt. Wütend packte er mich am Arm und zog mich hoch. 
„Was meinte Lule von Scheidung?“, schrie er mir ins Gesicht. 
„Ich weiss nicht wovon sie redet.“, tat ich auf unwissend. 
Ich würde das jetzt nicht riskieren, dass er zu Papa geht und alles erzählt. Das so kurz vor Mamas Tod .. nein .. sonst wäre ja alles umsonst gewesen! Armend ließ mich erleichert los. 
„So eine Nutte .. lügt die einfach rum.“, stieß er sauer hervor. 
Ziel erreicht. Aber nur mit Mühe hielt ich meine Wut im Zaum. 
„Wieso schläfst du mit ihr, wenn sie eine Nutte ist?“, fragte ich so ruhig wie möglich. 
„Es tut mir leid, es wird nicht wieder vorkommen.“ 
Er setzte sich und mied dabei meinen Blick. Mir schoss auf einmal wieder der Gedanke in den Kopf, dass er sie damals zum abtreiben gezwungen hat. 
„Wie viel hast du ihr gezahlt, damit sie dein Kind abtreibt?“, fragte ich angewidert. 
„Es war nicht meins! Gott weiss mit wem sie noch geschlafen hat.“, antwortete er gleichgültig. 
Für einen Moment tat mir sogar Lule leid .. dieser Typ war einfach das Letzte. Mein Magen rebellierte, mir war plötzlich total übel.
„Du bist so widerlich, dass ich sogar kotzen muss!“, zischte ich leise. 
Ich hielt mir die Hand vor dem Mund und rannte ins Bad, wo ich mich übergab. Überfordert hielt ich mich am Waschbecken fest und starrte mein Spiegelbild an.
„Was ist nur aus dir geworden Adelin...“, sprach ich leise zu mir selbst. 
Mit zittrigen Fingern wusch ich mir noch einmal das Gesicht und ging dann ins Wohnzimmer, wo Armend noch immer saß, die Füße auf dem Tisch. In einer Hand die Fernbedienung, in der andere eine Zigarette. 
„Kannst du mir einen Kaffee machen?“, fragte er mich ohne seine Augen vom Fernseher zu nehmen.
„Frag Lule, die macht dir bestimmt einen.“, gab ich zurück. 
Unglaublich wie er da saß und so tat, als ob nichts gewesen wäre. Was für Menschen es doch auf dieser Welt gab. Kopfschüttelnd ging ich in die Küche und schluckte eine Kopfschmerztablette, denn diese Schmerzen waren kaum auszuhalten. In meinen Kopf spürte ich so einen ungeheuren Druck, dass es mir in den Ohren dröhnte... 





Ein paar Tage später verabredete ich mich mit Dilara und Metin. Zu dritt saßen wir bei Starbucks und tranken Kaffee. Wir hatten schon lange nichts mehr miteinander unternommen und auch jetzt war mir nicht danach zu mute, aber Dilara meinte eine Abwechslung würde mir gut tun. Ich ging fast jeden Tag zu Mama um kurz nach ihr zu schauen. Armend hatte nichts dagegen und schlug auch vor, dass ich für ein paar Tage dort schlafen sollte, aber Mama wollte das nicht. Sie wollte nicht, dass ich sehe wie sie ihre letzte Kraft verlor. Ich wusste auch nicht, ob ich dazu in der Lage wäre .. 
„Hey Metin, was geht.“, hörte ich plötzlich jemanden sagen. 
Ich saß mit dem Rücken zum Eingang und konnte die Person nicht sehen, aber diese Stimme .. 

SchicksalsschlägeWhere stories live. Discover now