Kapitel 7

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Müde erwachte Live am nächsten Morgen und schleppte sich in ihr kleines, eigenes Bad neben ihrem Zimmer. Ihre Augen blickten ihr im Spiegel entgegen und die Ringe darunter zeigten deutlich, dass sie in der letzten Nacht nicht viel Schlaf bekommen hatte. Seufzend versuchte sie diese zu verbergen und machte sich dann auf den Weg zur Schule. Nur einmal ausruhen! Die Augen schließen und alles vergessen. Doch das konnte sie nicht, das wollte sie nicht. Würde sie nur einen Moment stocken, würde sie ihr Gleichgewicht verlieren und dann wäre alles aus.

Noch einmal ließ Live ihre Gedanken schweifen und dann war ihre Tür wieder verschlossen und sie betrat die Schule. Mit festem Schritt lief sie zu ihrem Raum und verschwand darin, bevor auch nur irgendwer sie sah. Als würde sich sowieso irgendeiner für sie interessieren. Live war schon immer unsichtbar gewesen, ein Geist und niemand hatte sie gesehen. Die Hoffnung dazu zugehören war nur noch ganz schwach da, aber vielleicht würde sich das ja nun ändern mit Kader.

Kader raste nur so über die Straßen um noch rechtzeitig an der Schule anzukommen. Natürlich hatte er erneut vergessen seinen Wecker zu stellen und dieses Mal wirklich unbeabsichtigt! Aber wer würde ihm das schon glauben? Ihm einem Kämpfer. Kader freute sich schon darauf, dass sein Training heute endlich wieder beginnen würde, auch wenn er dafür zurück und in die Nähe seiner alten Schule musste. Doch wer sollte ihn schon erkennen? Bestimmt war er schon längst vergessen. Zumindest wollte bestimmt niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben. Nicht nach dem, was er sich geleistet hatte, um von der Schule zu fliegen. Sein Auto war schnell geparkt und dann riss er gerade als es klingelte die Tür zum Deutschraum auf.

Miss Rose, eine große, blonde, schlanke Frau schaute ihn aus runden Brillengläsern interessiert an und schenkte Kader ein freundliches Lächeln. ,,Ah, Sie müssen Kader sein. Man hat mich schon darin in Kenntnis gesetzt, dass Sie ein kleiner Unruhestifter sind." Kader flüsterte nur schnell eine Entschuldigung und setzte sich dann schnell neben Live.

,,Der große Kader White entschuldigt sich?" vernahm dieser plötzlich von ihr.

,,Sie spricht?" entgegnete er nur und sah aus dem Augenwinkel wie Live kurz amüsiert die Lippen hob. Doch genauso schnell, wie ihre Gefühle aufgetaucht waren, verschwanden sie auch wieder und stattdessen tauchte erneut ihre kalte Maske auf. Kader wusste nun allerdings, dass er sich nicht in Live getäuscht hatte. Sie war verletzt worden und der Schmerz saß tief. Vermutlich von ihren leiblichen Eltern. So vermutete er, aufgrund des Fotos im Heim. Jedoch wagte er sich nicht, sie daraufhin anzusprechen, nicht hier und jetzt.

Der Unterricht verlief recht Ereignislos, doch Live schien nur so auf heißen Kohlen zu sitzen um endlich von Kader los zu kommen. Sie mochte dieses Gefühl nicht! Diese Wärme welche in sie kroch, wenn er neben ihr war. Eigentlich sollte dieser Typ sie doch gar nicht interessieren, doch irgendwas berührte er tief in ihrem Inneren, von dem sie dachte, dass es schon lange nicht mehr da war. Als es klingelte wollte Live das Zimmer verlassen, doch bevor sie ihm erneut entwischen konnte schnappte Kader sich Lives Hand und zog sie hinter sich her. Wohin genau wusste er selber nicht, doch er wollte einfach nur mit ihr allein sein und mit ihr reden. Bevor Live auch nur eine Chance hatte wieder vor ihm zu flüchten.

,,Was wird das?" wütend riss Live sich von ihm los und wollte wieder zurück gehen, doch Kader schnappte erneut ihre Hand und drehte sie mit solch einem Schwung zu sich herum, dass sie gegen ihn knallte.

,,Sorry ..." der Rest des Satzes blieb ihm im Hals stecken, als ihre Augen aufeinander trafen. Das Funkeln in ihren strahlend blauen Augen schien ihn zu fesseln und sofort war alles vergessen, was er eigentlich hatte sagen wollte. Während Kader sie bewundernd musterte, versteifte Live sich und machte sich bereit ihn von sich zu stoßen, doch irgendwas ließ sie zögern. Irgendwie wollte sie wissen, was er ihr zu sagen hatte und so schaute sie ihn nur weiter abwartend an.

,,Was willst du?" löste Live sich dann doch endlich von ihm, als Kader noch immer keinen Ton von sich gegeben hatte. Es vergingen weitere Minuten, doch Kader schwieg noch. ,,Was hab ich auch anderes erwartet, von einem Typen wie dir! Lass mich einfach endlich in Frieden!" damit wand Live sich erneut ab und war schon einige Schritte gegangen, als Kader seine Sprache wiederfand. ,,Ich weiß es, wo du herkommst! Ich war dort." Erschrocken war Live plötzlich wie versteinert, doch mit dem, was dann kam hatte Kader nicht gerechnet. Wutentbrannt fuhr sie zu ihm herum, packte ihn am Kragen seines Shirts und drückte ihn gegen die Spinde, welche laut im Flur echoten.

,,Woher wissen Sie wo ich bin? Wie haben Sie dich kontaktiert?" ihre Stimme sollte bedrohlich klingen, doch das Zittern darin verriet Kader Lives Angst.

,,Wen meinst du? Live, ist alles gut?" sanft wollte er ihre Wange berühren, doch Live zog sich wie eine verwundete Katze zurück und ließ ihn los.

,,Lass mich endlich in Ruhe und sag Ihnen, sie sollen mich hier lassen. Ich will nicht zurück!" damit ließ Kader Live ziehen. Nicht wissend, was er in ihr ausgelöst hatte, welchen Sturm der Gefühle er in ihr hinterlassen hatte. Eigentlich wollte Live normal wieder zurück in den Unterricht gehen, doch dieses eine Mal, entschied sie sich nach Hause zu gehen. Sie konnte nicht hier bleiben, durfte den anderen nicht ihre Tränen zeigen und den Schmerz welchen sie empfand. Wie hatten Sie sie entdecken können? Waren Sie frei? Verfolgten Sie sie schon lange? Lives Gedanken kreisten immer wieder um Sie, diese beiden Menschen, welche alles in ihr zerstört hatte und ihr die ihr noch immer alles nahmen. Sie konnte ihre Gedanken nicht dazu bringen, aufzuhören mit rennen und sich immer wieder im Kreis zu drehen. Doch Live selbst rannte wieder vor ihnen davon. Nur weg und in Sicherheit! In eine Sicherheit, welche genauso eine Lüge war wie ihr Leben selbst.

Während Live wieder einmal weg rannte, vor ihren Problemen stand Kader einfach nur noch immer völlig überrumpelt im Schulflur, schaute dem Mädchen nach, wie es schnell das Weite suchte. Was war das denn? Vor wem hat sie solche Panik? Und wer sind Sie? Lauter Fragen schwirrten in seinem Kopf herum, doch Kader konnte sich selbst darauf keine Antworten geben, die konnte er nur von Live erfahren. Jedoch bezweifelte er, dass Live ihm je Antworten auf diese geben würde. Nicht so, wie sie zu ihm stand. Dann riss ihn die Schulklingel der zweiten Stunde aus den Gedanken. Er würde schon wieder zu spät kommen. Na super, fängt ja wirklich toll an!

Lieb mich nur einmalWhere stories live. Discover now