Kapitel 20

13 1 0
                                    

,,Live! Dein Schulkamerad ist wieder hier!" besorgt kam Conny in den Betreuungsraum in welchem Live mit einer Schar Kinder saß und ihnen vorlas. ,,Was?" überrascht schaute Live zu ihr hoch. ,,Kannst du dich um ihn kümmern?" fragte Conny nur. Erst wollte Live protestieren, doch als sie den gehetzten Ausdruck und die Müdigkeit in den Augen der Krankenschwester sah, erstarb jeder Einwand den sie hatte bringen wollen, um nicht zu ihm gehen zu müssen. Live bereute es schon damals als Kader das erste Mal hier gewesen war allen gesagt zu haben, dass sie ihn kannte. Doch das Krankenhaus hatte sie noch nie um etwas gebeten, sie immer freundlich und herzlich empfangen und jeder der hier Arbeitenden hätte auch immer für Live ein offenes Ohr, wenn sie jemanden an sich heranlassen würde. Also nickte Live nur, eine stumme Zustimmung, dass sie ihn behandeln würde, was auch immer er schon wieder angestellt hatte. Live erhob sich, um zu ihm zu gehen und versuchte sich nicht dagegen zu sträuben Kader gleich zu begegnen, obwohl sie ihm so lange hatte aus dem Weg gehen wollen wie möglich. Dabei hatte esin letzter Zeit so gut geklappt nicht mit ihm zu reden.

Dieses nicken genügte Conny und schnell war die Schwester wieder verschwunden, kümmerte sich um die vielen Aufgaben welche im Krankenhaus auf sie warteten, denn zur Zeit schien in Willow die Hölle los zu sein. Ständig kamen Unfälle rein, Leute sie sich verletzten und langsam häuften sich die Fälle immer mehr an, weshalb von der Kinderstation sogar einige Pfleger abgezogen werden mussten. Live schnappte sich alles was sie für die Behandlung brauchen würde und versuchte dann ihr zügiges Tempo zu drosseln. Es war nur Kader und vermutlich hatte er sich eh wieder geprügelt, sonst hätte man ihr diese Aufgabe auch nicht überlassen. Nach einigen Minuten in denen sie versuchte das Gefühl welches in ihr Aufkam, die Sorgen welche sie sich um ihn machte, zu verdrängen, machte sie sich weiter auf den Weg zu ihm. War ihm vielleicht etwas passiert? War es schlimmer als davor? Wie würde er aussehen? Wie würde er auf sie reagieren? Würde sie vielleicht doch einen Arzt oder eine Schwester zur Hilfe brauchen? Nein wahrscheinlich eher nicht, vermutlich war es dasselbe wie davor auch und er hatte sich einfach nur geprügelt. Fragen über Fragen schwirrten in ihrem Kopf, obwohl Live wusste, dass sie sich beruhigen musste, stieg ihre Panik ins unermessliche.

,,Scheiße Kader!" entfuhr es Live, als sie den Raum betrat. Erschrocken wirbelte dieser zu ihr herum, schaute sie an und dann fing er auch noch an frech zu grinsen. ,,Du solltest erst einmal den anderen sehen." Live musterte ihn forschend. Sein Gesicht war voll mit Blut, manches davon schon getrocknet und begann sich nun von seiner Haut zu schälen, seine Nase stand leicht schräg, die Lippe erneut aufgeplatzt und sein Auge schwoll bereits wieder an. ,,Du weißt aber schon, dass du jetzt noch bekloppter aussiehst als sonst oder?" war alles was sie darauf erwidern konnte. Kaders Grinsen rutschte ein wenig in sich zusammen, was sie mit Genugtuung feststellte. ,,Aaallllll-so du arbeitest hier, kann das sein?" Live schüttelte nur genervt den Kopf über ihn. ,,Eventuell und wag es dir hier noch einmal aufzutauchen oder dich ständig verprügeln zu lassen!" ,,Wieso? Machst du dir etwa Sorgen um mich?" sein nervenaufreibendes Grinsen erschien wieder. Doch nachdem Live ihm nur einen scharfen Blick zugeworfen hatte hielt er den Mund und ließ sich von ihr sanft das Blut abwischen und seine Wunden reinigen. Und dann, eventuell ein wenig mit Absicht träufelte sie mehr des Desinfektionsmittels auf seine Wunden als es unbedingt nötig gewesen wäre. Zischend zog Kader die Luft ein und Live biss sich auf die Unterlippe, um ihr Grinsen zu unterdrücken. ,,Kleines Biest!" murmelte er. ,,Also, was ist passiert? Erzähl es mir!" ,,Sagen wir es so, es gibt bei meinem Training einen Typen und ich mag ihn nicht. Er hat mich von seinen Freunden verprügeln lassen und heute habe ich mich dafür bei ihm revanchiert. Aber wie gesagt, du müsstest ihn sehen, nicht mich!" ,,Tja dank dir darf ich mich auch gleich noch um deinen tollen Freund kümmern, aber vielleicht komme ich auch sehr gut mit ihm zurecht, schließlich scheinen wir beide eine Abneigung gegen einen gewissen Kader White zu haben." Erst klang sie genervt, doch dann sickerte auch ein wenig Erheiterung durch.

,,Muss ja ein ganz schön übler Kerl sein, dieser White!" grinste er nur. ,,Ja, der schlimmste!" seufzend verdrehte Live die Augen. ,,Aber was soll man da machen? Die Jungs heutzutage sind halt so." Seine Augen ruhten auf ihr, als Live sanft mit einem Tuch auch über seine Lippen strich. Sie sehnte sich nach diesem Gefühl, fragte sich wie es sich wohl anfühlen würde ihn zu küssen, seine Lippen zu schmecken und sich ihm ganz hinzugeben. Doch dann hielt sie inne, schaute vorsichtig in seine Augen und begegnete seinem forschenden Blick, der nach etwas zu suchen schien. Sah diesen Blick, welcher auf ihren traf und wusste sie dürfte es nicht. Dürfte ihn nicht an sie heran lassen, ihn nicht die Gefahren sehen lassen, welche sie durchlebt hatte. Kader und sie, sie waren beide gebrochene Personen, von jemandem verletzt worden und die Wunden saßen tief. Er war das Feuer an welchem sie sich verbrennen könnte und sie das Eis, welchen ihn erlischen lassen konnte. Schnell wich sie vor ihm zurück und ihr Blick verschloss sich vor ihm, wurde wieder kalt, so wie es immer war. Der kurze Moment ihrer Verbindung war vorbei.

Nichts von der Erheiterung oder dem Spaß ihn zu necken war mehr in ihrem Blick zu finden und Kader verstand noch ehe sie begann mit sprechen. ,,Das war's, du bist fertig, wie der Papierkram geht weißt du ja inzwischen. Deine Mutter wurde vermutlich schon benachrichtig und wird dich gleich abholen." Sie hatte sich schon abgewendet und wollte zu dem Typen gehen, welchen Kader zusammengeschlagen hatte. Natürlich mochte sie diesen Typen nicht, denn als Kader ihr in knappen Einzelheiten erzählt hatte was zwischen den beiden vorgefalle war, da hatte sie ihn schon vom ersten erwähnen seines Namens gehasst, diesen Steve. Also machte sich Live, noch beim durchqueren des Raumes bereit, gleich auf diesen widerwärtigen Typ zu treffen. Da erwiderte Kader plötzlich nur leise: ,,Sie wird nicht kommen, meine Mutter meine ich. Nicht wegen mir!" Live versteifte sich, drehte sich aber nicht zu ihm um. ,,Das tut mir leid." Kurz stockte sie, kannte Live dieses Gefühl doch zur Genüge, wenn die eigenen Eltern einen nicht beachteten. ,,Wir sehen uns ab nächste Woche wieder zur Nachhilfe. Keine Fragen und ... komm nicht wieder her, das war mein Ernst, als ich es gesagt habe!" dann war sie weg im Gewusel der Station verschwunden und zu diesem wirklich noch übler zugerichteten Typen ins Zimmer geschlüpft. Ein Arzt hatte sich schon um seine ehemals gebrochene Nase gekümmert, doch von nun an würde sie wohl für immer etwas schief sein. Live fand er hatte es verdient und wünschte sich für einen kurzen Moment sie hätte Kader doch geküsst oder ihn zumindest noch einmal angesehen, als er so niedergeschlagen von seiner Mutter erzählt hatte. Der Frau welche ihn gebrochen hatte.

Lieb mich nur einmalWhere stories live. Discover now