Fies

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„Was machst du denn hier?", fragte ich bestürzt und blickte unsicher durch den Raum. Hatte ich schonmal erwähnt, wie spanend der Fußboden war? Helles Parkett, ab und zu verdeckt von roten oder goldenen Teppichen. Die goldene Fußleiste schmiegte sich perfekt an dir rote Wand.
Ok, ich sollte wirklich damit aufhören. Abwartend sah ich wieder zu Will. „Ähm, wir haben uns lange nicht mehr gesehen und ich wollte mal schauen, wie es dir geht und ein bisschen quatschen. ", stotterte er. „Ach, und was ist mit Potter? Ich dachte ich bin es dir nicht wert mit ihm Stress zu haben! Nicht, dass er dir wieder diesen schrecklichen Zauber aufhalst, ich meine gegen Expelliarmus hat ein Siebtklässler keine Chance!", meine Unsicherheit war in Wut umgeschlagen. Was dachte er sich denn bitte? Erst Schluss machen, weil er Angst vor Potter hatte und dann so tun, als ob nichts wäre. Ich konnte meine Gefühle für ihn nicht einfach abstellen und liebte ihn noch. Verstand er nicht, wie sehr mich diese falsche Hoffnung verletzte? Nervös fuhr er sich durch die Haare. Dann schaute er mir fest in die Augen. „Ich vermisse dich, Lily!", Seine Stimme war kaum mehr als ein flüstern. Davon war ich etwas überrumpelt. Alles ihn mir schrie danach sich ihm an den Hals zu werfen und zu sagen: „Ich dich auch!" Doch ich blieb stehen und rührte keinen Muskel. „Es ist glaube ich nicht so gut für deine Gesundheit, wenn wir miteinander Reden. Und ich glaube, dass wir uns nur wieder Hoffnungen machen werden, also geh lieber wieder!", meinte ich. Will ließ sich aber nicht so leicht abschütteln. „Können wir nicht Freunde sein? Potter muss ja nichts davon erfahren.", versuchte er mich zu überreden. „Dir ist schon klar, dass Potter hier jeden Moment reinspazieren kann?", erinnerte ich Will. „Nein, er hat grade Quidditchtraining und kommt erst in einer Stunde zurück.", berichtete Will. „Warum weißt du so genau, wann er Training hat?", fragte ich misstrauisch. „Glaubst du ich bin gekommen ohne zu gucken, wann der beste Zeitpunkt ist, um mit dir alleine zu sein." „Na gut, ich werde dich ja eh nicht anders los.", seufzte ich. Also ging ich aus dem Weg und wir setzten uns auf das Sofa vor den Kamin. Schweigend starrten wir in die Flammen. Schließlich ergriff Will das Wort: „Und, wie läuft die Schule so?" Oh Gott, versuchte er es gerade wirklich mit Smalltalk? „So wie immer, also sehr gut und bei dir?", führte ich unser wackeliges Gespräch fort. „Ganz ok.", antwortete er. Dann war wieder Stille. „Ach lassen wir das doch! Wir wissen beide, dass wir noch ineinander verliebt sind! Wir wollen beide das gleiche, warum machen wir es so kompliziert?", brach es schließlich aus mir heraus und aus Wills Gesicht konnte ich entnehmen, dass er das selbe dachte. Will griff nach meiner Hand und zog mich zu ihm. Er beugte sich zu mir herunter und flüsterte: „Ich liebe dich noch, Lil!" Dann überwand er die letzten Zentimeter zwischen uns und küsste mich. Ich fühlte seine warmen, weichen Lippen auf meinen und alle Regionen in meinem Gehirn, die etwas mit Verstand und Logik zu tun hatten, verabschiedeten sich. Mein Herz klopfte wie verrückt und obwohl ich atmen musste, wollte ich nicht. Es war als hätten wir uns noch nie geküsst, als wäre es unser erster Kuss. Nach einige Sekunden lösten wir uns schwer atmend voneinander, doch es gab keine Pause. Sofort lagen unsere Lippen wieder aufeinander. Vorsichtig strich Will mit seiner Zunge über meine Unterlippe und ich verstand. Ich öffnete den Mund und unser Kuss wurde immer intensiver. Noch nie hatte er mich so um den Verstand gebracht! Sonst waren unsere Knutschereien ziemlich unschuldig gewesen, aber jetzt war es, als würde ich jemanden ganz anderen küssen. Will legte seine Hände auf meine Hüften und zog mich auf seinen Schoß. Er begann meinen Hals zu küssen und ich lehnte mich zurück, sodass ich mit dem Rücken aufs Sofa sank und Will auf mich zog. Ich vergrub meine Hände in seinem kurzen, braunen Haar und er ließ seine eine Hand an meiner Seite herabwandern, während wir uns wieder küssten. Seine Hand glitt unter mein Shirt und ich schoss die Augen, als er wieder begann meinen Hals zu küssen. Jetzt ließ auch ich eine Hand unter seinem Shirt verschwinden. Unter meiner Handfläche fühlte ich seine muskulösen Oberkörper. Seit wann war Will denn so trainiert? Doch ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken, weil Wills Lippen alle Gedanken aus meinem Kopf sogen. Ich öffnete die Augen, während ich ihm das Shirt über den Kopf zog, doch als das Oberteil seinen Kopf wieder freigab, stieß ich einen entsetzten Schrei aus. Schwarzes, unordentliches Haar umrahmte ein gebräuntes Gesicht mit haselnusbraunen Augen, einer geraden Nase, schön geschwungenen Lippen und einem markanten Kinn. Dort lag,halbnackt auf mir, James Potter.
Instinktiv versuchte ich ihn von mir zu stoßen, doch er war zu schwer. Ich unternahm noch einen verzweifelten Versuch unter Potter durchzurutschen, doch es bewirkte nur, dass er noch enger auf mir lag. In meinem Kopf gab es nur einen Gedanken: Potter liegt auf mir! Ich glaube ich habe es nicht richtig verstanden, auf mir! Ich musste hier weg! Irgendwie war es aber auch angenehm. Warte, was!? Also ich war eindeutig zu müde! Potter schien nun endlich bemerkt zu haben, dass etwas nicht stimmte. Erschrocken blickte er an sich herunter und erkannte seinen vom Quidditch definierten Oberkörper wieder. Sein Gesicht schwebte immer noch nur wenige Zentimeter über meinem und er saß auf meiner Hüfte, sodass sein Gewicht mich ins Sofa drückte. Ich wand mich unter ihm und schrie ihn an, dass er von mir runtergehen sollte. Endlich schüttelte Potter seine Schockstarre ab und sprang von mir herunter. Natürlich war das ersten was er tat, sich erstmal seine dämlichen Haare zu verwuscheln. Ich wusste es nicht sicher, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er Vielsaft–Trank benutzt hatte, wie erbärmlich. Als ich ihn ansah empfand ich nichts als Ekel. Normalerweise hätte ich ihn jetzt gehasst, geschlagen,verhext und beschimpft.
Doch diesmal nicht. Er war es nicht wert, dass ich mich aufregte. „Du bist einfach nur widerwärtig!", sagte ich. Nicht laut, nicht wütend, nicht verletzt. Nur ruhig und verachtend. Denn das war das einzige, was ich für diesen Jungen, der sich in sein verliebt sein hineingesteigert, meinen Freund bedroht und mich dann in seiner Gestalt verführt hatte empfand: Ekel und Verachtung. Ich ging zu mein Zimmer , ohne mich noch einmal umzudrehen und legte mich schlafen.

Am nächsten morgen fühlte ich mich komisch. Ich wachte schon um fünf Uhr morgens auf und konnte nicht mehr einschlafen. Also beschloss ich mich fertig zu machen, sodass ich ihm diesen Morgen aus dem Weg gehen könnte. Ich stieg aus meinem Bett und schlich zum Kleiderschrank, ich wollte Potter auf keinen Fall aufwecken. Ich schlüpfte in meine Schuluniform und verließ dann das Zimmer um ins Bad zu gehen.
Dort erwartete mich eine schreckliche Entdeckung.
Das kalte Wasser, mit dem ich mir das Gesicht wusch belebte mich und vertrieb mein komisches Gefühl. Ich blickte in den Spiegel und da sah ich ihn: Ein riesiger Knutschfleck prangte auf meinem Hals. Verzweifelt schrubbte ich an ihm herum in der Hoffnung, dass er irgendwie verschwinden würde. Doch er blieb. Um ihn mit einem Schal zu bedecken war er zu hoch und alle meine Versuche ihn wegzuschminken oder zu zaubern missglückten. Was sollte ich nur tun? Dieser Knutschfleck war der Beweis für meine Schande, dass ich auf Potter hereingefallen war. Das er mich geküsst hatte. Nun würde es bestimmt die ganze Schule erfahren. Panik machte sich in mir breit. Alle würden denken Potter hätte mich doch noch rumbekommen und dann fallen gelassen, wie jede seiner bisherigen Errungenschaften. Mein Ruf und meine ganze Existenz wären zerstört. Selbst wenn Potter seine Klappe halten würde, was ich sehr bezweifelte, würden alle den Knutschfleck sehen. Der konnte aber auch von so ziemlich jedem sein. Potter durfte einfach nichts sagen, dann könnte noch alles gut gehen. Aber ich müsste ihn um etwas bitten. Ihn, der mich in diese Lage gebracht hatte, der dafür gesorgt hatte, dass alles, was ich mir aufgebaut hatte in die Brüche ging. Dafür würde er bezahlen. Ich würde ihm genauso wehtun, wie er mir. Das schwor ich mir an diesem morgen im Bad und in meinem Kopf nahm eine fiese Rache Gestalt an, noch fieser als sein Plan es gewesen war.

Es war halb sechs, als ich durch die Flure huschte. Ich war auf dem Weg zum Griffindorturm, denn ich brauchte jetzt auf jeden Fall Unterstützung. „Kaminfeuer", flüsterte ich der fetten Dame zu und das Porträt schwang zur Seite. Schnell schlüpfte ich durch das Loch in den Gemeinschaftsraum, der um diese Uhrzeit noch wie ausgestorben war. Leise schlich ich die Treppe zu den Mädchenschlafsälen hinauf und blieb vor einer Tür stehen, an der Siebtklässler– Alice Fortescue, Claire Watermann & Kate Zerino, stand. Ohne zu klopfen öffnete ich die Tür und betrat den Raum. „Hallo?", flüsterte ich, doch die anderen schienen noch zu schlafen. Ich lief zu einem der Himmelbetten und zog den Vorhang leicht zur Seite. Dort lag Alice, tief schlafend. Kurz überlegte ich, ob ich sie auch wecken sollte, doch entschied mich dann dagegen. Umso weniger Leute meinen Plan kannten, umso besser würde er funktioniert. Das nächste Bett war das, dass ich gesucht hatte. Kate lag schlafend dort. Ihr kurzes, goldenes Haar breitete sich über das ganze Kopfkissen und sie sah so friedlich aus, dass ich kurz zögerte sie zu wecken. Doch das war ein Notfall und Kate würde mich verstehen. Also schlüpfte ich hinter den Vorhang und murmelte einen Imperturbatio–Zauber, damit uns sonst keiner hören konnte. „Kate!", sagte ich nun in normaler Lautstärke und rüttelte an ihrer Schulter. Sofort schreckte sie hoch und sah mich verwirrt an. „Lily! Was machst du denn hier? Du hast doch einen eigenen Schlafsaal." , sie rieb sich die Augen und sah mich müde an. „Etwas schlimmes ist passiert!", sagte ich. Auf der Stelle wich alle Müdigkeit aus ihrem Blick und wurde von Sorge ersetzt. „Was ist denn! Erzähl schon!", drängte sie mich und ich begann zu erzählen. Während ich berichtete sah ich, wie sie immer wütender wurde und als ich geendet hatte war sie kurz vorm Explodieren. „Ich bring ihn um! Ich reiß diesem Idioten jedes einzelne seiner heißgeliebten Haare aus, bis seine Kopfhaut blutet! Ich werde die unverzeihlichen Flüche an ihm testen und...", redete Kate sich in Rage. „Ganz ruhig!", versuchte ich sie zu beruhigen. Ihr Eifer rührte mich irgendwie. „Ruhig!?", wiederholte sie ungläubig, „Ruhig? Hast du das gerade wirklich gesagt? Dieses Miststück hat dich gegen deinen Willen geküsst und du sagst ich soll ruhig sein! Wach auf, Lily! Der Typ muss mal richtig eins aufs Maul kriegen! Wir schleppen ihn vor Gericht und dann landet er lebenslang in Askaban!" „Glaube ich kaum.", kommentierte ich bitter. Kate strich mit ihrer Hand über meinen Knutschfleck. „Das hier wird dich mindestens eine Woche an das ganze hier erinnern. Jeden Morgen, wenn du in den Spiegel guckst wird das da dir ins Gesicht lachen und sagen: „Haha, Potter hat wie immer seinen Willen bekommen, ohne Rücksicht auf Verluste und du warst sein Opfer!"Lily, du kannst ihn doch nicht ungestraft davon kommen lassen!" „Hatte ich auch nicht vor.", sagte ich, „Ich habe auch schon einen Plan!" „Na los, erzähl ihn!", rief Kate. „Versprich mir, dass du niemandem etwas sagst. Auch nicht Alice und Claire! Niemandem!", befahl ich. „Versprochen!", Kate blickte mich erwartungsvoll an. „Ich will mich bei ihm für alles rächen! Für die ganze Arroganz, die Datefragen, die Gemeinheiten und den Egoismus in den ersten Jahren. Für die Sache mit Will und das gestern Abend. Ich will ihm genauso wehtun, wie er mir! Ich werde mit ihm zusammenkommen, dann werde ich es ihm mit gleichen Karten zurückzahlen und dann werde ich sein mickriges, wertloses Herz brechen!" Kate grinste böse. „Das klingt perfekt fies!" und dann begannen wir meine Rache zu planen.

Wie Lily James endgültig loswerden wollte ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt