Unangenehm

887 39 13
                                    

Dampf empfing mich, als ich durch die Absperrung zum Gleis 9 3/4 trat. Wie immer herrschte reges Treiben aus aufgeregten Schülern und übersentimentalen Eltern. Mein Vater und meine Mutter mussten arbeiten, weswegen sie mir leider nicht zum Abschied Winken und mit tränenden Augen viel Spaß wünschen konnten. Wirklich zu schade.
Obwohl ich zugeben musste, dass dieses Mal auch in meinen Augen ein paar Träne waren, immerhin war es meine letzte Fahrt nach Hogwarts!
Gerade wollte ich mich Richtung Zug bewegen, als ich plötzlich festgehalten wurde. Ich wirbelte herum und blickte in ein altbekanntes Gesicht. „Black!", zischte ich und funkelte ihn an, „Was willst du?" „Evans", seine Stimme war kälter als Eis, „Ich hatte vor den Ferien noch keine Gelegenheit zu sagen, was ich von dir hinterhältiger, kleiner Ratte halte." „Zu schade", gab ich in einem ähnlich kühlen Ton zurück. Äußerlich gab ich mich gelassen, doch in meinem Magen spürte ich ein flaues Gefühl aufkommen und der nagende Schmerz der Schuld saß in meinem Kopf.
Ganz ruhig, dachte ich, du weißt, dass es falsch war und hast vor dich zu entschuldigen. Du machst jetzt alles richtig.
„Ich würde nicht so frech sein, wenn ich du wäre. Aber keine Sorge, dass wird dir schon noch vergehen.", knurrte Black und ich zuckte unmerklich zusammen. „Ganz toll, aber hättest du jetzt die Güte mich loszulassen, ich muss einen Zug erwischen.", tat ich gelangweilt und tippte zur Verdeutlichung auf mein Handgelenk. Er ignorierte meine Bitte und blickte mich mit ungläubiger Wut in den grauen Augen an „Ist dir eigentlich völlig egal, was du gemacht hast?" Meinen Antwort war Schweigen. „Weiß du ich habe ja nie sonderlich viel von dir gehalten, Evans. Ich dachte immer du wärst einfach eine zickige Streberin, aber anscheinend bist du NOCH schlimmer als das. Als James angefangen hat dir hinterherzulaufen und förmlich um Dates zu betteln, wusste ich schon, dass du einfach sadistisch bist. Aber was du zuletzt abgezogen hast ist echt das letzte!", spie er. „Gut zu wissen, kann ich jetzt gehen?", fragte ich ich desinteressiert. Black schien zu explodieren „Hast du eigentlich überhaupt ein Gewissen?". Jetzt reichte es. „Weißt du, das wird mir jetzt echt zu blöd. Ausgerechnet von dir muss ich mir sowas echt nicht erzählen lassen. Ich habe vielleicht deinem besten Freund wehgetan, aber du mehr Mädchen, als ich an meinen Fingern abzählen kann, also spiel dich nicht so auf!", rief ich und sah ihn nun meinerseits wütend an. Etwas in seinem Gesicht änderte sich und ich sah, wie er fieberhaft etwas zum erwidern suchte, doch ihm viel nichts ein. Er ließ die angespannten Schultern sinken. Es schien, als ob alle Kraft aus seinem Körper gewichen wäre. Ich nutzte diesen Moment um meinen Arm seinem Klammergriff zu entreißen, schnappte mir meinen Gepäckwagen und schob mich eilig in die Menschenmenge.
Ich war schon fast am Zug angekommen, als sich wieder eine Hand auf meinen Arm legte. Wütend drehte ich mich um „Was willst du denn noch Bl...", ich verstummte sofort, als ich sah, wer jetzt vor mir stand. „Oh", war das einzige, dass ich hervorkrächzen konnte, mein Hals fühlte sich auf einmal viel zu trocken an.
„Lily.", etwas warmes lag in Wills Stimme und seine Augen strahlten mich an. „H–Hey", stammelte ich und blickte abwartend zu ihm auf. „Ich hab gehört, was passiert ist und naja ich wollte dir nur sagen, dass ich es jetzt verstehe. Also was auf dem Ball war. Es tut mir leid, dass ich dich so bedrängt habe, aber ich konnte ja nicht wissen, dass...Jedenfalls finde ich es toll, dass du das für uns getan hast. Damit wir doch eine Chance haben. Eigentlich wollte ich es dir noch in Hogwarts sagen, aber irgendwie hat es sich nicht ergeben und schreiben wollte ich es auch nicht, dafür ist es zu wichtig. Deswegen sage ich es dir erst jetzt: Lily, ich habe nie aufgehört dich zu lieben, ich war nur verletzt. Aber jetzt, jetzt bin ich bereit für einen Neustart.", er lächelte mich erwartungsvoll an und starrte ihn perplex an. Dann kam das, was er gesagt hatte endlich in meinem Gehirn an und ich umarmte ihn stürmisch. Will drückte mich fest an sich, bevor er meine Lippen zärtlich mit seinen verschloss. Für einen Moment fühlte ich mich frei von allen Sorgen, kein Gedanke an Potter Black oder sonstjemanden, der nicht Will war. Wir lösten uns und nahmen unsere Hände so, wie wir es früher immer gemacht hatten. Selig lächeln machten wir uns auf den weg zum Hogwartsexpress um unsere Freunde zu suchen.

Wie Lily James endgültig loswerden wollte ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt