Unsicherheit und Sorgen

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Perspektive Felix:

Mein Herz raste. Meine Hand verankert in Tommis. Von sich aus hatte er sie genommen. Vorsichtig sah ich zu ihm hoch und auch er sah mich an. Durch den Alkohol fühlte sich jede Bewegung so leicht an und mein Zeitgefühl setzte aus. Ohne das ich es verhindern konnte, wanderten meine Augen zu Tommis Lippen. Wie magisch zogen sie meinen Blick an. Nur wenige Zentimeter trennten unsere Gesichter. Wenn ich mich jetzt vorbeugen würde, würden unsere Lippen sich berühren. Der Drang, ihn zu küssen wurde immer stärker. Unsicher biss ich mir auf meine Unterlippe. Immerhin hatte er meine Hand genommen und festgehalten. Auch nachdem ich unsere Finger verschränkt hatte, zog er sie nicht weg, sondern verweilte in der Berührung. Längst hatte ich die Kontrolle über mein Handeln an den Alkohol abgegeben.
Schließlich überwandt ich mich und überbrückte die restlichen Zentimeter, die unsere Lippen noch trennten. Erst reagierte er nicht, als müsse er verstehen, was passierte. Doch schließlich erwiderte er den Kuss. Ich fühlte mich völlig losgelöst. Ich spürte mein Herz gegen meinen Brustkorb hämmern. Sanft legte ich meine Hand in seinen Nacken und zog in weiter zu mir runter. Der Geruch seines Parfüms stieg mir in die Nase. Ich wollte weiter gehen, näher an ihn. Plötzlich, ohne Vorwarnung, löste er sich von mir und stand auf. Als hätte er jetzt erst realisiert, was grade vorgefallen war, stammelte er: ,,Es tut mir Leid, Felix", und verließ mit den Worten den Raum. Völlig vor den Kopf gestoßen, starrte ich ihm hinterher. Tausend Gedanken rasten mir durch den Kopf, aber ich konnte sie nicht ordnen. Ich verstand nicht. Wie konnte er sich im einen Moment darauf einlassen und im nächsten Moment einfach aufstehen und gehen. Mein Magen zog sich krampfhaft zusammen. Unzählige Fragen ohne Antworten drangen in meine Gedanken. Warum hatte er seine Hand genommen? Warum hatte er sich auf alles eingelassen? Hatte er gewusst, dass ich Gefühle für ihn hatte? Wie sollte ich im morgen gegenübertreten ohne vor Scham im Boden zu versinken? Wie konnten wir jetzt noch weiter auf Tour gehen und so tun, als wäre nichts gewesen? Würde Tommi das überhaupt tun?

Nachdem ich bestimmt weitere 30 Minuten in der Position verweilt war und mich selbst weiter mit Fragen gelöchert hatte, war mir klar, dass ich irgendwas tun musste, um meine Gedanken zu ordnen. Erst trank ich einen Liter Wasser, um einen Kater vorzubeugen. Anschließend stelle ich mich unter die Dusche. Ich drehte das Wasser so heiß, dass es fast schon weh tat und ließ meinen Gedanken einfach freien Lauf. Ich weiß nicht, wie viel Zeit verstrichen war, bis ich das Wasser wieder abstellte, mich abtrocknete und ins Bett legte, aber als ich auf die Uhr schaute, zeigte diese 04:36 Uhr. Ich lag im Bett und starrte an die Decke. Ich spürte, wie erst eine und dann immer mehr Tränen über meine Wange liefen. Das erste mal seit langem ließ ich die Trauer richtig zu. Es war nicht das erste Mal, dass ich vor den Kopf gestoßen wurde oder Liebeskummer hatte, aber es fühlte sich so schmerzhaft an, wie eh und je. Der einzige aufmunternde Gedanke war, dass wir morgen eine Auftrittspause hatten. Für morgen waren Interviews geplant, die ich einfach absagen konnte. Warscheinlich würde mir sowieso jeder glauben, dass ich krank sei, denn an Schlaf war nicht zu denken. Jeder würde es mir abkaufen außer Tommi. Bei dem Gedanken morgen mindestens vier Stunden mit ihm in einem Auto zu sitzen und nach Köln zu fahren, krampfte sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Schlaflos wälzte ich mich hin und her und verbrachte mit diesen Gedanken und Gefühlen die Nacht.

Gemischte Gefühle (Fanfiction Gemischtes Hack)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt