Kapitel 40

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Doch irgendwie angeschickert sitze ich an der Bar des Billardcafés und unterhalte mich mit dem Barkeeper, der übrigens Antonio heißt. Meine Freunde habe ich vor ein paar Minuten oder so verloren und jetzt hocke ich schon seit einiger Zeit auf diesem alten Barhocker und erfahre die Lebensgeschichte von Antonio beziehungsweise er auch ein bisschen von meiner.

Antonio ist anscheinend 22 und macht das hier nur als Aushilfsjob, um neben dem Studium noch ein bisschen Taschengeld zu verdienen. Gerade bedient er einen älteren Herren, der anscheinend zwei Shots bestellt hat und nimmt ihm das Geld ab. Als er dem Mann dankbar zunickt, gehe ich mal davon aus, das er den Rest als Trinkgeld behalten darf.

Triumphierend grinsend kommt Besagter auf mich zu und hält mir den zehn Euro Schein entgegen.

„Ich sag's doch. Alleine das Trinkgeld könnte mich über Wasser halten." grinst er und steckt das Geld in sein großes Portemonnaie, dann nimmt er sich ein bisschen weniger Geld raus und steckt es in seine Hosentasche.

„Das klingt wirklich nach einem guten Nebenverdienst." erwidere ich daraufhin wirklich erstaunt, was wahrscheinlich auch ein bisschen vom Alkohol kommt und nicke anerkennend.

„So kann ich mir sogar Pesto zu meinen Nudeln leisten und muss sie nicht ohne alles essen." grinst er glücklich, was mich zum Lachen bringt. Süß, wie er sich darüber freut.

„Fallen deine Mahlzeiten so schmal aus?"

„Du kannst es dir gar nicht vorstellen. Es ist wirklich ein Wunder, das ich noch nicht verhungert bin." überdramatisiert er seine Geschichte und untermauert diese mit einem gequälten Seufzen.

„Oh, das tut mir jetzt aber leid für dich." gebe ich gewissenhaft von mir und werfe ihm einen mitleidigen Blick zu, bis ich meiner eigenen Ironie nicht mehr standhalten kann und anfange zu lachen. Sofort kriege ich von Antonio einen bösen Blick zugeworfen, welcher mein Lachen wenigstens zu einem Grinsen verstummen lässt. Ich erwidere seinen Blick aber stur grinsend und irgendwann gibt er das mit dem bösen Blick dann auch auf.

„Darauf brauche ich jetzt erstmal einen Shot." sagt er gespielt aufgebracht und zuckt mit den Schultern, dann füllt er sich sein Shotglas mit irgendeinem Schnaps und kippt diesen ohne das Gesicht zu verziehen runter. Das ist bei weitem nicht der erste Shot, den ich ihn trinken sehe, alleine wir beide haben glaub ich schon sechs zusammen getrunken. Deshalb vermute ich ehrlich gesagt, das auch er auf einem ganz guten Level ist, was den Alkoholpegel angeht. Eigentlich wirklich ein ziemlich cooler Job. Er kann trinken was er möchte, kann sich sogar kostenlos essen aus der Küche bestellen und bekommt dafür seinen Lohn plus Trinkgeld. Scheint mir wirklich sehr lukrativ zu sein.

Ich will gerade ansetzen etwas zu sagen, als er mir eine kurze Handbewegung zuwirft und dann zu einer Kundin geht, die anscheinend etwas bestellen möchte. Schnell hat er ihre Bestellung zubereitet und reicht ihr die drei Gläser über die Theke, dann steht er schon wieder vor mir.

„Du kannst das echt gut." gebe ich anerkennend zu und nicke bestätigend mit dem Kopf. Wirklich. Wie ein richtiger Profi.

„Ein Lob aus deinem Mund? Hab ich geträumt?" fragt er jetzt schockiert und sofort ziehe ich eine Augenbraue hoch und gucke ihn herausfordernd an. Will er mir damit jetzt irgendwas sagen?

„Das klingt aber ziemlich überrascht, dafür das ich hier erst seit fünfzehn Minuten sitze." gebe ich nur zurück und er erwidert meinen Blick ebenfalls herausfordernd, was mich zum Grinsen bringt.

„Fünfzig."

„Was?"

„Du sitzt hier seit fünfzig Minuten." verbessert er mich nun und langsam steigt Verwirrung in mir auf. Echt schon seit fünfzig Minuten?

„Oh." antworte ich nur und langsam bahnt sich ein Grinsen auf mein Gesicht.

„Ich weiß, die Zeit mit mir vergeht schnell." grinst er zurück und wackelt mit seinen Augenbrauen. Daraufhin verdrehe ich nur meine Augen und kann mir ein Lachen nicht verkneifen.

„Wir kennen uns nichtmal eine Stunde und du kommst schon so an?" grinse ich wieder herausfordernd und er guckt mich genauso an.

„Ich kann auch ganz anders ankommen."

„Achja? Und wie das bitte?"

„Ich könnte dich nach deiner Nummer fragen." grinst er jetzt charmant und guckt mich durch seine braunen Augen an. Aha, meine Nummer möchte er also.

„Ich könnte sie dir auch geben." antworte ich herausfordernd, mache aber keine Anstalten dazu, da er eben noch nicht danach gefragt hat. Abwartend guckt er mich an und ich mache es ihm nach.

„Also?"

„Ja?"

„Wolltest du mir nicht etwas geben?"

„Ich wüsste nicht was, wir haben nur von der Theorie gesprochen." gebe ich unschlüssig von mir und sofort verschränkt er grinsend die Arme vor der Brust, bevor er sich ein bisschen näher an mich herabbeugt.

„Also, kann ich deine Nummer haben Lia?" fragt er jetzt und sofort nicke ich triumphierend. Geht doch.
Kurz muss ich suchen, bevor ich mein Handy finde und gucke dann im Telefonbuch nach meiner Nummer, ich kann die wirklich nicht auswendig. Ich glaub es wäre mir viel zu doof mich nachmittags hinzusetzen und meine Nummer auswendig zu lernen. Zumal ich sie in wichtigen Situationen dann wahrscheinlich doch vergessen oder sogar verdrehen würde.

„Dankeschön." meint er, bevor er wieder von einem Gast zu sich gewunken wird. Als mein Blick so durch das Billardcafé wandert und an einem braunhaarigen Jungen in meinem Alter hängen bleibt, kommt mir auf einmal Jonah in die Gedanken. Es ist irgendwie schon wieder so lange her, das ich was mit ihm gemacht habe. Naja also was heißt etwas mit ihm gemacht haben, eigentlich hab ich das noch nie so freiwillig. Es waren irgendwie immer Umstände, die aufeinander trafen und dann zu gemeinsamer Zeit geführt haben. Das letzte Mal war wirklich, als ich nicht nach Hause kommen durfte. Als ich in seinen Armen lag und er mich beruhigt hat, für mich da war. Sofort schlägt mein Herz unregelmäßiger, als ich an seine Berührungen an meinem Arm und seinem Daumen an meiner Wange denke, der vorsichtig die Tränen zur Seite wischt.

„Der war anstrengend." holt mich eine Stimme aus den Gedanken, welche ich nach kurzem Überlegen Antonio zuordnen kann. Sofort wandert mein Blick zu ihm und ich verbanne diese Gedanken in meinen Hinterkopf.

„Oh nein." antworte ich einfach ironisch auf seine Worte, da ich wirklich keine Ahnung habe warum er den Typen anstrengend fand und von wem er überhaupt redet.

„Ich glaub du wirst gesucht." sagt er dann und zeigt mit einem Kopfnicken auf einen Punkt hinter mir, zu dem ich mich dann umdrehe. Nach einiger Zeit kommt eine anscheinend auch etwas angetrunkene Valeria auf mich zu, sie hat anscheinend ein wenig gebraucht um mich zu fokussieren und schließlich auch zu erkennen.

„Lia." ruft sie glücklich, als sie vor mir steht und schlingt ihre Arme kurz um meinen Hals, dann guckt sie mich glücklich an.

„Ich bin so glücklich." trällert sie dann gut gelaunt und scheint dabei auch ein wenig sentimental zu werden, da sie mich eine kurze Zeit lang einfach nur mustert. Zum Glück bin ich heute wirklich nur angetrunken und kann somit noch alle Handlungen erkennen und somit auch, dass es Zeit wird für Valeria nach Hause zu fahren.

„Ich glaub ich muss sie nach Hause bringen." erkläre ich Antonio, der uns immer noch mustert und werfe ihm einen entschuldigenden Blick zu, dieser nickt sofort verständnisvoll.

„Alleine?" fragt er und aus seiner Tonlage könnte man irgendwie schließen, dass er das für keine gute Idee halten würde. Ich schüttele aber direkt den Kopf.

„Irgendwo hier müssen noch Owen und Cole sitzen." antworte ich und ignoriere dabei geflissentlich, dass er höchstwahrscheinlich gar keine Ahnung hat, um wen es sich bei diesen Namen handelt.

„Okay gut. Ich schreibe dir." gibt er daraufhin nur noch mit einem Zwinkern von sich und dann drehe ich mich und Valeria um, bevor wir uns auf die Suche nach den beiden Jungs machen.

His smileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt