Kapitel 53

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"Louis." sage ich relativ laut, als ich sein Zimmer betrete und merke, dass mein Atem immer noch abgehackt geht. Er jedoch regt sich keinen Centimeter, also schalte ich das Licht an und gehe auf ihn zu.

"Louis, bitte wach auf." Unsanft schüttele ich an seiner Schulter und sofort schlägt er sich stöhnend sein Kissen ins Gesicht.

"Es ist mitten in der Nacht, was ist denn los?" stöhnt er dann gequält und eine Träne löst sich aus meinem Augenwinkel, ich muss jetzt sofort los.

"Bitte fahr mich zur Bucht." bettele ich, weil ich nicht weiß, wie ich anders einsteigen soll.

"Bist du verrückt? Wir habe-" sofort stockt er mit seinen Worten, als er mein Gesicht ansieht und springt aus seinem Bett auf.

"Was ist in der Bucht?" fragt er, während er sich einen Pulli und eine Jogginghose anzieht, dann guckt er mich mit einem besorgten Blick an.

"Jonah." flüstere ich leise und es dauert einen Moment, bis er mich verstanden hat. Sofort wechselt sein Blick zu verwirrt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass dies eine der Antworten ist mit der am wenigsten gerechnet hätte. Dennoch fragt er nicht nach und schiebt mich nach unten in den Flur, wo er sich seine Schuhe anzieht. Ich muss mir unbedingt was einfallen lassen, um mich bei ihm zu bedanken. Dieser Junge tut so viel für mich, dass ich es kaum aushalten kann.

Nachdem Jonah mir versichert hat, dass er dort bleibt und es in Ordnung ist, dass ich auflege, tue ich das auch. Schnell steige ich zu Louis ins Auto und spiele nervös mit meinen Händen rum. Dieser jedoch wirft mir immer wieder besorgte Seitenblicke zu.

"Lia.. hat er dir wehgetan?" fragt er vorsichtig und ehrlich gesagt kann ich es ihm nicht mal verübeln. Schließlich treffe ich mich nachts mit ihm an der Bucht und habe sogar ein wenig geweint, als ich ihn gefragt habe, ob er mich fahren kann.

"Nein, hat er nicht.. Es ist nichts mit mir." antworte ich schließlich und sehe einen Schimmer von Erleichterung in seinem Gesicht aufblitzen.

"Warum musst du dann hierhin?" fragt er mich nun und es macht mir überhaupt nichts aus mit ihm darüber zu reden, ich finds gut, dass es mich irgendwie vom Ziel unserer Fahrt und was mich dort erwartet ablenkt.

"Ich glaube ich kann ihm helfen." gebe ich vorsichtig zu und nun tritt Erstaunen in sein Gesicht. Ich glaube er kann sich jetzt fast schon denken, was ich ihm noch nicht erzählt habe.

"Ich erkläre dir alles später okay? Danke fürs Fahren Louis." bedanke ich mich bei ihm, als wir den Parkplatz erreicht haben.

"Soll ich dich noch begleiten oder hier warten?" fragt er jedoch nur und ich schüttele lächelnd den Kopf. Das sollte ich wohl lieber alleine machen.

"Nein, fahr du nach Hause. Wenn etwas ist kann ich dich ja anrufen?" frage ich mehr als ich sage, weil ich mich einfach nicht zu sehr aufdrängen will. Louis jedoch nickt sofort bestimmend und sieht mich an: "Wehe wenn nicht."

"Danke." wiederhole ich nochmal und dann bin ich auch schon weg. Ich höre noch, wie Louis hinter mir den Motor startet und dann ist wieder nur noch Jonah in meinem Kopf. Meine Schritte tragen mich immer schneller Richtung Bucht, bis ich schließlich renne. Ich renne, als würde es um mein eigenes Leben gehen und verspüre eine Art der Erleichterung als ich an der Bucht angekommen bin. Angst macht sich in mir breit, ich weiß einfach nicht was mich hier erwartet.

Trotzdem scanne ich so schnell wie nur möglich den Strand ab, bis mir eine am Boden hockende Person ins Auge springt. Mein Herz zieht sich zusammen, als ich bemerke, dass sein verzweifelter Blick auf mir liegt. Wie in Schockstarre bleibe ich einfach stehen und sehe dabei zu, wie er sich taumelnd erhebt und einfach nur so dasteht, mit dem Blick auf mich gerichtet. So viel Leere liegt in diesem Blick, wie ich es bei ihm noch nie gesehen hab.

Ich muss einfach zu ihm. Vorsichtig tragen mich meine Schritte nach vorne, bis ich dann endlich vor ihm stehe. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, also ist das einzige was ich tue, stürmisch meine Arme um ihn zu schließen und ihn fest an mich zu drücken.

Kurz taumelt er und ich habe Angst, dass wir jetzt einfach so umkippen würden, aber er fängt sich wieder. Sofort schließt auch er seine Arme um mich und drückt mich noch fester an ihn. Sein Atem geht stoßweise und ich spüre das Zucken jedes einzelnen Muskels. Er ist in gar keiner guten Verfassung. Vorsichtig entferne ich meinen Kopf ein wenig von ihm, um ihn ansehen zu können. Meine rechte Hand lasse ich zu seiner Wange wandern und lege sie vorsichtig dort ab.

"Jonah." flüstere ich, da er stur auf den Boden schaut und er schluckt einmal, bevor er tatsächlich seinen Blick auf mich richtet. Ein kalter Schauer zieht mir über den gesamten Körper, als ich sehe wie gerötet seine Augen sind. Ich bemühe mich aber, mir davon nichts anmerken zu lassen. Stattdessen schaue ich ihm tief in die Augen und streichele vorsichtig seine Wange.

"Ich bin für dich da." flüstere ich dann, um ihm wenigstens das klar zu machen. Ich kann ihm keinen Trost spenden und ich kann den Schmerz nicht lindern, wenn das passiert ist, was ich denke. Dafür kann ich aber für ihn da sein, ihn nicht mit diesem Schmerz alleine lassen und ihn halten.

Ich muss den Kloß in meinem Hals runterschlucken, als ich sehe wie eine Träne sich den Weg aus seinem Augenwinkel über seine Wange bahnt. Stattdessen wische ich diese mit meinem Finger weg und gebe ihm den Halt, den er jetzt braucht.

"Auf der Party.." beginnt er und löst sich vorsichtig von mir, bevor er sich auf den Boden neben mir fallen lässt und das Meer betrachtet. Als ich mich neben ihm setze, beginnt er weiterzureden. "Ich habe es nicht verstanden, was du gesagt hast. Ich dachte mir, warum will eine Person nicht mehr weiterleben, nur weil eine einzige andere Person aus ihrem Leben verschwindet." Mein Herz zieht sich noch stärker in meinem Körper zusammen, als ohnehin schon und der Schmerz brennt nur so in meinem Körper, als mir klar wird, worauf er hinaus will.

"Jetzt verstehe ich es."

His smileWhere stories live. Discover now