Kapitel 49

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*Jonahs PoV.*

Als ich aufwache kann ich erst nicht wirklich sagen, ob ich heute Nacht einfach sehr komisch geträumt habe oder ob das alles wirklich passiert ist. Nach ein paar Sekunden aber realisiere ich, dass das alles kein Traum war. Ich habe wirklich mit Lia geschlafen und ich habe ihr wirklich von Mama erzählt. Ich rechne damit, dass mich jeden Moment die Panik durchfährt, aber irgendwie möchte sich dieses Gefühl nicht einstellen. Aus irgendeinem Grund überwiegt die Erleichterung deutlich und ich bin schon fast froh darüber. Ich fühle mich irgendwie wohl, wie ich hier so mit ihr liege, wie ihr gleichmäßiges Atmen den sonst stillen Raum erfüllt und vor allem wie ich einfach mal nicht alleine bin. Verstehen kann ich es nicht, ich sollte jetzt einfach aufstehen und gehen. Ich sollte mich nicht auf das hier einlassen, das passt einfach nicht.

Ich schätze Lia war überfordert, als ich ihr das gestern erzählt habe. Sie hat höchstwahrscheinlich nicht damit gerechnet, das sie mich jemals so weit bekommen würde und ehrlich gesagt hätte ich das auch selbst niemals. Klar habe auch ich gemerkt, dass da zwischen uns was sein könnte, aber ich wollte es niemals zulassen. Mein Leben ist nicht für eine Beziehung gemacht. Ich bin oft schlecht gelaunt, ziehe manchmal Leute mit runter und vor allem habe ich eine Familie um die ich mich kümmern muss. Ich habe meine Mutter, die ich stolz machen werde. Papa schafft es zwar für mich und Luke, meinen kleinen Bruder, zu sorgen, aber ich fühle mich trotzdem irgendwie dazu verpflichtet ihm unter die Arme zu greifen. Das muss ich einfach. Ich kann ihn nicht mit der Situation alleine lassen.

Mit ist durchaus bewusst, das Lia das verstehen würde, so wie sie gefühlt alles irgendwie versteht. Ich habe nicht viel mit ihr über meine Probleme gesprochen, habe nicht versucht ihr zu erklären wie ich mich fühle und dennoch habe ich das Gefühl sie versteht mich. Ich brauche sie nur anzugucken und schon weiß ich irgendwie, das dieses Mädchen genau weiß wie ich mich fühle, das sie wirklich für mich da sein möchte. Es würde aber einfach alles unnötig kompliziert werden und Lia hat genug Probleme. Ich habe nur zu gut mitbekommen, dass auch sie Probleme hat und diese scheinen auch nicht gerade klein zu sein.

Wenn meine Mutter stirbt, ich würde Lia mit meinem Verhalten nur noch mehr runterziehen. Nicht mit Absicht, aber wenn dieser Fall eintreten sollte, wie sollte ich da nicht zusammenbrechen? Wie sollte ich da mein Leben normal weiterleben?

Ich habe schon viel über dieses Szenario nachgedacht, ich meine es wird von Tag zu Tag wahrscheinlicher. Jeder weitere Tag an dem sie im Koma liegt lässt meine Hoffnung weiter schwinden. Trotzdem weiß ich aber, das meine Hoffnung so lange erhalten bleiben wird wie sie lebt. Ich werde sie nicht aufgeben, bis zu dem Tag an dem ich Gewissheit habe.

Meine Kehle schnürt sich zu bei diesem Gedanken und ich muss meine Augen schließen, um die Tränen daraus zu verbannen. Ich werde jetzt nicht anfangen zu weinen. Ich möchte nicht schwach wirken, das ist wirklich das letzte was ich möchte. Mama wird wiederkommen.

"Jonah." höre ich eine sanfte Stimme neben mir und wende meinen Blick Lia zu. Ihre Haare sind ein wenig verwuschelt, während ihre blauen Augen nur halb geöffnet sind. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, das mich dieser Anblick nicht schwach macht. Sie sieht niedlich aus, als sie mich so anguckt und sofort sind all meine negativen Gedanken wie weggeblasen. Alles was ich in dem Moment noch denke, ist die Möglichkeit sie als meine Freundin zu haben. Daran das es normal ist mit ihr nach einer Party nach Hause zu gehen, sie immer an meiner Seite zu haben und mich von ihr in die Arme schließen zu lassen, wenn mir alles zu viel wird. Dieses Mädchen weiß sowieso schon über mich Bescheid.

Ich möchte auch, dass sie für mich da ist. Vor allem aber möchte ich auch für sie da sein und ich möchte sie nicht nur in meinem Auto trösten können. Ich möchte der Junge sein, den sie anruft, wenn es ihr schlecht geht und der Junge mit dem sie all ihre Probleme teilen kann.

Ich muss mir ein Seufzen unterdrücken, als ich bemerke, dass das nicht zusammen funktioniert. Ich kann nicht für sie da sein und das alles mit ihr durchstehen, wenn ich ebend nicht dazu bereit bin mit ihr zusammen zu sein. Ich muss entweder an das Gute glauben oder ich muss darauf verzichten jemanden bei mir zu haben. Beides geht nicht.

Erst jetzt fällt mir auf, dass ich ihr noch immer nicht geantwortet habe und wende meinem Blick wieder ihr zu.

"Ja?" frage ich und mustere sie weiter, ich glaube sie hat Angst ich würde das alles bereuen und jetzt einfach flüchten. Dabei weiß ich selbst noch gar nicht was ich machen und wie ich auf diese Situation reagieren sollte. Sollte ich denn flüchten?

"Willst du gehen?" fragt sie jetzt auch direkt, weil ich gerade wahrscheinlich genauso rüberkommen muss. Ich an ihrer Stelle würde wahrscheinlich auch nicht anders denken. Und bei dieser Frage klingt sie nicht mal angepisst, schon wieder scheint es als würde sie es verstehen. Genau in diesem Moment wird mir klar, dass ich nicht gehen möchte. Ich werde wahrscheinlich nicht der perfekte Freund, vor allem anfangs nicht, aber ich möchte es wenigstens versuchen. Ich möchte versuchen, ob das mit uns klappen könnte und ich möchte versuchen ebenfalls für sie da zu sein.

Seit dem Tag an dem ich sie vor dem Krankenhaus gesehen habe ist mir dieses Mädchen nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Sie hat sich all die Mühe gemacht mit mir in Kontakt zu kommen, hat sich irgendwie in meinem Kopf verankert und aus irgendeinem Grund kriege ich sie da nicht mehr raus.

"Ich glaube ich muss jetzt nach Hause, ja." mir ist klar, das ich lieber bleiben würde und mir ist auch klar, das ich das mit ihr versuchen möchte, aber nicht jetzt. Ich kann das jetzt einfach noch nicht und vor allem muss ich nach meiner Familie sehen. Ihr Blick wechselt zu enttäuscht, aber schon nach ein paar Sekunden versteckt sie diese Enttäuschung wieder. Sie möchte nicht, dass ich mich deswegen schlecht fühle und vor allem möchte sie nicht schwach wirken.

"Achso ja klar." sagt sie dann und zwingt sich ein Lächeln auf, wobei mir irgendwie klar ist, dass dieses Lächeln absolut gespielt ist.

Es tut mir leid, dass sie enttäuscht von mir ist und es tut mir auch leid einfach zu gehen, aber ich bin dafür einfach nicht bereit. Ich muss erstmal selbst mit dieser Situation klarkommen. Mir über Dinge klar werden und über alles nachdenken, bevor ich irgendeine Entscheidung treffe.

His smileWhere stories live. Discover now