Tendou - Wenn aus Freundschaft Liebe wird

3.2K 70 36
                                    

Nur von sehr wenigen Menschen würde ich behaupten, dass sie mich verstehen. Und mich aufrichtig mögen. Mich nicht für durchgeknallt, creepy oder gestört halten. Es sind wirklich sehr wenige Menschen.
Einer davon ist Kazumi. Meine beste Freundin Kazumi.

Das schönste und klügste Mädchen auf der ganzen Welt. Zumindest für mich.
Wir kennen uns seit Ewigkeiten, haben uns im Kindergarten kennengelernt als wir drei Jahre alt waren. Seitdem sind wir unzertrennlich. Wir sind zusammen auf die Grund- und Mittelschule gegangen und gehen auch jetzt gemeinsam auf die selbe Oberschule, die Shiratorizawa Gakuen in Sendai.

Im Gegensatz zu mir ist Kazumi nicht sonderlich sportlich oder sportinteressiert. Das stört mich aber keineswegs. Dafür ist sie sehr gebildet, ein absoluter Bücherwurm und so unfassbar neugierig auf die Dinge da draußen, die sich noch nicht versteht oder weiß. Ich nenne sie manchmal scherzhaft mein kleines Genie. Ohne ihre Hilfe wären meine Noten viel schlechter, sie sorgt dafür, dass ich trotz des vielen Volleyballtrainings lerne und meine Abgabefristen einhalte. Man könnte sagen, sie ist ziemlich oft meine Rettung. Aber so einseitig, wie das jetzt wirkt, ist unsere Freundschaft nicht.
Ich beschütze Kazumi vor allem und jedem, der ihr etwas Schlechtes will, prügle mich zur Not für sie. Sie neigt zur Tollpatschigkeit, auch da habe ich ein Auge auf sie, bewahre sie davor hinzufallen, sich den Kopf zu stoßen, was kaputtzumachen.
Außerdem zwinge ich sie dazu, sich regelmäßig zu bewegen. Wenn ich auch nichts dagegen habe, dass sie fraulich aussieht, sie jammert immer, sie wolle nicht zu dick werden, also muss ich sie dazu motivieren, mit mir Sport zu machen. Und zu guter Letzt bin ich ihr Fels in der Brandung. Anders als ich ist sie sehr schüchtern, nimmt blöde Sprüche von anderen immer gleich persönlich, zweifelt schnell an sich und ist unsicher. Obwohl sie das nicht müsste. Doch in solchen Momenten fange ich sie auf, bin für sie da. Sei es stundenlang am Telefon, oder bei mir oder ihr zu Hause.
Andererseits unterstützt auch sie mich uneingeschränkt und richtet mich wieder auf, wenn ich einen schlechten Tag, ein Spiel verloren habe. Oder früher - als die anderen Kinder mit noch hänselten, mich mit einem Dämon verglichen, da war sie immer auf meiner Seite.
Da wir nur zwei Häuser voneinander entfernt wohnen, können wir uns oft auch außerhalb der Schule sehen. Was wir auch ausgiebig nutzen. Eigentlich hängen wir rund um die Uhr zusammen rum.
Kazumi ist der herzlichste und liebevollste Mensch, den ich kenne. Sie ist mein Ein und Alles.
Aber eben diese Einstellung bringt mir besonders in der letzten Zeit immer häufiger Probleme ein.

Nach dem Training in der Umkleide fragt Ushijima mich plötzlich: "Wie lange willst du eigentlich noch warten , bis du Kazumi endlich gestehst, was du für sie empfindest?"
Irritiert sehe ich ihn an. "Wovon redest du?", entgegne ich, ziehe mir ein sauberes Shirt an und fahre mir durch die frischgewaschenen Haare. Er schüttelt lächelnd den Kopf und seufzt.
"Ihr kennt euch schon ewig, geht seit jeher auf die gleiche Schule, oft sogar in dieselbe Klasse. Und ihr seid immer noch die besten Freunde, obwohl ihr so verschieden seid. Was empfindest du, wenn du an sie denkst?"
Achselzuckend meine ich: "Keine Ahnung. Sie ist meine beste Freundin. Ich würde alles für sie tun, das weißt du doch."
"Gibt es jemanden, der wichtiger ist als sie in deinem Leben?", hakt er nach, ich verdrehe die Augen. "Nein, ich denke nicht. Wieso fragst du mich das eigentlich? Wir sind Freunde!"
Dass ausgerechnet mein sonst so wortkarger Kumpel sich da einmischt, nervt mich. Er hat nichts außer Volleyball im Kopf und jetzt will er mir erklären, dass ich mehr für Kazumi empfinde, als Freundschaft? Diesen Blödsinn höre ich nicht zum ersten Mal. Familie und Freunde sind seit Jahren der Meinung, dass Kazumi und mich mehr verbindet als das Platonische, worauf wir uns beschränken. Es ist lächerlich, dass aus uns immer gleich ein Liebespaar gemacht wird, nur weil sie gern meine Hand hält oder mit mir kuschelt. Wir machen das seit vielen Jahren so und haben einfach nicht damit aufgehört, obwohl wir älter geworden sind. Daran ist in meinen Augen nichts falsch.

One ShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt