3. Sozialstunden

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Tage und Wochen verstrichen ohne dass die beiden sich nochmal zu Gesicht bekamen. Ab und an schrieb er Ronja, um sich nach ihr zu vergewissern. Doch das kam eher selten vor und die Gespräche waren auch stets kurzlebig.

Das tat er, weil es sich immer noch anfühlte, als sei er ihr das schuldig.

Die Jungs hatten ihm geraten, ihr einfach eine große Summe zu überweisen, um mit der Sache abzuschließen. Doch sie nahm das Geld nicht an. Und das, wo sie doch Studentin war.

Würden sie jemals quitt für ihr mutiges und selbstloses Verhalten sein?

Es war irgendwie so einfach mit ihr zu reden. Sie war eine gute Zuhörerin und eine interessante Gesprächspartnerin. Das kam bei den Frauen, denen er begegnete, nicht oft vor.

Natürlich würde er so eine Gefühlsduselei niemals laut zur Sprache bringen.

Es waren vielmehr Gedanken, die in den Tiefen seines Verstandes herumgeisterten.

Jonas konnte immer noch nicht ganz fassen, dass er doch tatsächlich mit ihr philosophiert hatte, und sich dabei auch wirklich für die Dinge interessiert hatte, die Ronja sagte, statt sich im Club weiter vollzudröhnen und ein paar Weiber zu vögeln.

Ronja saß derweil an ihrem Schreibtisch und versuchte für die anstehende Klausur zu lernen. Doch sie konnte sich nicht richtig konzentrieren und ließ sich stattdessen von irgendwelchen YouTube Videos auf ihrem Smartphone ablenken.

Plötzlich erschien auf dem Display eine Whatsapp Benachrichtigung.

Jonas
was geht bei dir?

Er saß im Studio und hatte die größte mentale Blockade. Er zog an seinem Joint und seufzte schwer.

Sein Smartphone blitzte vor ihm auf und er nahm es wieder in die Hand.

Räubertochter
nix 😩 versuch zu lernen, du?

Jonas presste den Joint fest zwischen seine Lippen und begann zu tippen.

bock kurz zum mces zu fahren?

Räubertochter
jaaa 😍💯🍔🍟

***

Kurz darauf saßen sie an diesem grauen Nachmittag in seinem Auto und aßen.

„Kannst du auch manchmal drinnen essen?", Wollte sie wissen und dippte den Chicken Nugget in die Süßsauersauce.

Er sah aus seinem Augenwinkel wie sie ihn interessiert ansah, während sie ihr Essen kaute.

Er biss von seinem Big Mac ab. „Ja, wenn ich Bock hab.", Entgegnete er mit einem Schulterzucken und guckte dabei auf den Burger.

„Aber die meisten Leute fucken dann ab und lassen einen nicht in Ruhe essen.", Fügte er hinzu und biss nochmal ab. „Und dann eskaliert die Situation mal schnell..."

Sie nahm einen Schluck von der Cola und musterte ihn dabei.

„Was?", Fragte er etwas defensiv als ihre Blicke immer noch auf ihm lagen.

„Ich überleg gerade...", Murmelte sie in Gedanken. „Du hast schon Ähnlichkeiten mit einem Höhlenmenschen.", Stellte sie fest und er funkelte sie böse an.

Sie fing an zu lachen, denn sie merkte, dass er nicht wirklich beleidigt war.

„Da is' was dran.", Bestätigte er dann mit einem Schulterzucken. „Ich benehm' mich auch oft wie einer."

Er konnte nicht glauben, wie frech die Kleine war.

„Gibt's was neues bei dir?", Fragte sie dann und biss vom Nugget ab.

„Ja, release bald neue Mucke.", Antwortete Jonas.

„Musst du mir mal zeigen.", Schlug Ronja vor.

Gzuz nickte leicht. „Mal gucken.", Er packte den nächsten Big Mac aus. Während er die Schachtel des anderen zerknüllte sah er, wie sie noch bei ihrem fünften Nugget war.

„Ey wie langsam isst du?", Dann seufzte er theatralisch. „Weiber..."

Sie schaute hoch und er biss ein riesiges Stück von seinem Burger ab.

„Opfer.", Entgegnete sie ihm trocken und er gluckste. „Schnauze."

Es herrschte kurz Stille, dann fragte er, „Wohnst du allein?"

„Ja, du?"

„Ich auch.", Antworte er und schmiss sich den letzten Happen von seinem Burger in den Mund. „Also bist du nur zum studieren nach Hamburg gekommen?"

„Ne, hab schon immer hier gelebt."

Er konnte sich einfach nicht helfen – er war neugierig. „Haste keinen Freund oder so?"

Ihre Augen öffneten sich ein klein wenig mehr, während sie ihm jetzt ins Gesicht schaute. „Ne gar nichts."

"Digga, du bist so merkwürdig.", Ließ er sie wissen.

Sie lachte nur. „Du hast doch auch keine Freundin."

„Ja, aber ich flank jeden Tag 'ne andere weg.", Gab er genervt zurück. „Du wirkst eher wie so'n Mauerblümchen. Ich möchte erst Vertrauen aufbauen und mag nur langweiligen Sex.", Äffte er sie in einer schrillen Stimme nach seinen Vorstellungen nach.

„Ich flank jeden Tag 'ne andere weg.", Wiederholte sie und stellte ihre Stimme mit einem kleinen Grinsen tiefer.

„Unmöglich die Kleine... Hattest du überhaupt schonmal Sex?"

Anders konnte er sich nicht erklären, warum sie kein bisschen Interesse zeigte.

„Ja, doch, mit meinem letzten Freund."

„Ach, bist nur so'n Beziehungsmensch.", Gab er spöttisch von sich. „Sowas gibt's bei mir nicht."

Mit so einer würde er sich normalerweise nicht so lange unterhalten, geschweige denn abhängen. Davon hatte er ja nichts.

Aber er war dumm genug, um sich von einem Auto anfahren zu lassen, wäre sie nicht da gewesen. Und deshalb arbeitete er jetzt seine Sozialstunden bei ihr ab.

So rechtfertigte er es jedenfalls jedesmal in seinem Kopf, wenn ihm mal wieder die Befürchtung aufkam, dass er ihre Gesellschaft etwas genoss.

„Voll schade.", War ihre sarkastische Antwort, die sie mit einem kleinen Kichern untermalte und er wollte beinahe die Augen verdrehen.

Die Alte ließ doch alles kalt.

Indifferent (Gzuz Fanfiction) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt