25. Februar 2017 (2)

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Irgendwann lösten sie sich voneinander und begaben sich dann doch noch in die Sitzecke, wo sie den Tag damit verbrachten, über alles mögliche zu reden. Rain nutzte es außerdem voll aus, dass Natasha ihr die Erlaubnis gegeben hatte, sie zu küssen, wann immer sie wollte. Aber Natasha schien es bisher nicht zu bereuen, im Gegenteil.

Rain kannte ihre Freundin mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass sie in dieser Beziehung  ein bisschen treibende Kraft spielen musste. Denn obwohl Natasha sonst so selbstbewusst war und mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg hielt, war sie in zwischenmenschlichen Dingen extrem zurückhaltend. Das, so hatte Natasha ihr versichert, hatte aber nichts mit Lustlosigkeit zu tun oder damit, dass sie eigentlich keine Beziehung wollte. Sondern, und das wusste Rain ohne dass Natasha ihr das sagen musste, es rührte schlicht daher, dass Natasha ihre Zuneigung anders ausdrückte. Wie, das wusste sie noch nicht, aber sie war begierig, es herauszufinden.

"Sag mal...", sagte Rain irgendwann. Sie lagen auf einem der Sitzsäcke, die Vicky irgendwann angeschleppt hatte, Natasha mehr auf Rain als neben ihr. "Wie...öffentlich wollen wir denn eigentlich mit der ganzen Sache umgehen? Ich meine, außer Vicky, Cathy und Asha hat bisher noch niemand was gesehen. Wenn du also..." Sie ließ ihren Satz in der Luft hängen.

Natasha rollte sich von ihr herunter, um sie besser ansehen zu können. Aufgrund der Gewichtsdifferenz drückte sie den Sitzsack auf ihrer Seite ein und Rain wurde unbequem nach oben gehoben.

"Du meinst, ob wir es geheimhalten wollen?", fragte sie erstaunt. Rain zuckte mit den Schultern. Sie wollte das nicht, aber sie wusste auch, dass Natasha immer noch mit ihrer Sexualität zu kämpfen hatte und wenn sie es noch nicht öffentlich machen wollte, dann würde sie das akzeptieren.

"Willst du das denn?", fragte sie. "Weil es ist ok, wenn ja. Ich meine, wenn du noch ein bisschen Zeit brauchst, um mit der ganzen Geschichte...klar zu kommen."

Natasha richtete sich überrascht auf und Rain rutschte wieder tiefer in den Sitzsack.

"Rain.", erklärte sie ernst. "Ich hatte Monate um mit der ganzen Geschichte klar zu kommen. Natürlich habe ich das gedanklich noch nicht abgehakt, aber ich glaube nicht, dass sich das in nächster Zeit wirklich groß ändern wird." Sie griff nach Rains Hand und spielte mit ihren Fingern. "Ich mag dich. Wirklich gerne.", gestand sie leise. "Viel zu gerne, um unsere Beziehung nur hinter verschlossenen Türen zu führen. Ich musste mich die letzten beiden Tage wirklich zurückhalten, nicht jedem zu erzählen, dass du mich geküsst hast."

Rain musste lächeln und ein warmes Gefühl breitete sich in ihrer Brust aus.

"Ging mir genauso.", murmelte sie.

"Ich werde dir sicher keine Liebesgeständnisse in der Großen Halle machen.", erklärte Natasha ironisch. "Aber nichts wird mich davon abhalten können, deine Hand zu halten oder dich zum Abschied zu küssen."

Rain atmete erleichtert auf und sie freute sich sehr, dass von der sonst so wortkargen Natasha so eine lange Rede gehalten worden war.

"So und jetzt mach Platz." Natasha ließ sich mit Schwung zurück auf den Sitzsack fallen, womit sie Rain mehr oder weniger daraus hinaus katapultierte. Diese gab einen empörten Aufschrei von sich und rappelte sich auf um sich nun ihrerseits auf Natasha fallen zu lassen. Es entstand eine kleine Rangelei, die damit endete, dass Natasha quer über dem Sitzsack lag und Rain quer über ihr, mit dem Kopf auf ihrer Brust. Nach einem kurzen Zögern spürte Rain kurz Natashas Lippen an ihrem Haaransatz, bevor das andere Mädchen mit ihren Händen vorsichtig durch ihre blonden Strähnen strich.

Rain schloss die Augen, spürte Natashas Herzschlag, atmete ihren Geruch ein und genoss die Finger, die sanft durch ihre Haare fuhren. So konnte die Welt für einen Moment stehen bleiben.

Der Moment dauerte vielleicht zehn Minuten, in denen keine von ihnen ein Wort sagte. Dann wurden vor der Tür Stimmen laut.

"Also ehrlich, die sind da jetzt seit Stunden drin, so langsam müssten sie mal fertig sein."

Rain öffnete die Augen. Da war sie, ihre beste Freundin. Sie lauschte einen Moment, aber es blieb still. Also schloss sie die Augen wieder. Kaum, dass sie das getan hatte, war eine zweite Stimme zu hören:

"Jetzt komm schon, lass sie in Ruhe, du bist doch bloß neugierig."

Es war Asha, die überraschenderweise mal nicht auf Vickys Seite zu sein schien. Sie war gerade in Rains Achtung gestiegen.

"Natürlich bin ich neugierig. Deshalb bin ich hier. Geh zur Seite, damit ich durchs Schlüsselloch schauen kann!"

Rain verdrehte die Augen, als vor der Tür ein Rascheln zu hören war. Sie musste grinsen, als ihr auffiel, dass sie und Natasha vom Schlüsselloch aus nicht zu sehen waren.

"Als du mit Teddy da drin warst, haben wir euch auch in Ruhe gelassen.", mischte sich Asha jetzt wieder ein und Rain konnte ihr nur zustimmen. "Mann, du weißt doch, wie schwer es ist, in Hogwarts ein bisschen Privatsphäre zu bekommen."

Still dankte Rain Asha und schloss die Augen wieder. Vielleicht würde Vicky ja wirklich...

"Sie hatten fünf Stunden Privatsphäre und ich muss aufs Klo."

Natürlich würde sie sich nicht davon abbringen lassen. Was hatte sie auch erwartet. Sie stand auf, unter Natashas leisem Protest, und ging zur Tür, während Asha sagte:

"Du kannst doch einfach das Klo im Gemeinschaftsraum benutzen."

Bevor Vicky ihre erklären konnte, warum sie das nicht konnte, öffnete Rain die Tür.

"Oh.", machte Vicky überrascht, aber ihr Grinsen zeigte keinerlei Scham. "Hi Rain." Sie spähte über Rains Schulter in den Raum, wo sich Natasha gerade von den Sitzsäcken erhob und ihre Kleidung glatt strich. "Hi Natasha!"

Natasha winkte kurz und kam dann zu Rain und den beiden Mädels hinüber. Vicky schien vergessen zu haben, dass sie eben noch unbedingt ins Bad wollte und sah Rain stattdessen erwartungsvoll an.

"Und?", drängelte sie. Rain sah zu Asha, die nicht weniger neugierig aussah. Verdammte Tratschtanten! Sie spürte eine Hand an ihrer und griff danach, warf Natasha, die mittlerweile neben ihr stand einen eindeutigen Blick zu. Vicky quietschte begeistert und umarmte Rain, die völlig überfordert war.

In diesem Moment kam Sophia um die Ecke, sie wirkte gestresst.

"Hey, Leute, macht Platz, ich brauche mein Astronomibuch und habe keine Zeit für..." Sie hielt inne. "Was ist denn hier los?", fragte sie überrascht. Sie hatte von der ganzen Sache bisher nichts mitbekommen, da sie die letzten Tage pausenlos an irgendeinem Projekt für Muggelkunde gearbeitet hatte.

"Rain ist jetzt mit Natasha zusammen!", platzte Vicky sofort heraus. Rain musste grinsen. Mal gut, dass sie nicht vor gehabt hatten, ihre Beziehung geheim zu halten. Sophia hob überrascht die Augenbrauen, musterte Vicky, dann Rain und Natasha und ihre noch immer verschränkten Hände.

"Nicht in sie verliebt, huh?", sagte sie dann nur mit einem leicht amüsierten Lächeln.

"Warte, sie wusste davon?", empörte sich Vicky, die sich als beste Freundin jetzt doch versetzt fühlte.

"Nein.", sagte Rain und Sophia warf ihr einen mitleidigen Blick zu.

"Seit Oktober.", erklärte sie in Richtung von Vicky. "Es war wirklich offensichtlich."

In die kleine Gruppe kehrte verblüffte Stille ein. Sophia sah kurz zufrieden zwischen ihnen hin und her, dann wandte sie sich an Rain und Natasha.

"Ich bräuchte jetzt wirklich mein Astronomiebuch."



Wollte ich Kitsch schreiben? Nein. Habe ich Kitsch geschrieben? Absolut. Bereue ich es? Auf gar keinen Fall. 

Ich hoffe, ihr nehmt mir meinen kleinen Ausrutscher nicht übel. Nächstes Mal noch einmal Zweisamkeit für allerlei wichtige und total irrelevante (vor allem irrelevante) Gespräche und dann ein gefürchtetes Telefonat...

Rain II - Life goes onWo Geschichten leben. Entdecke jetzt