{54. Kapitel}

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Ich missachtete was ich in den vielen Jahren meiner Ausbildung gelernt hatte. Das Wissen, Raum für Raum zu sichern ließ ich fallen, als ein Geräusch zu meinem Ohr drang. Glassplitter die über den Boden scharrten. Ich steuerte direkt auf das Wohnzimmer zu, aus welchem es zu kommen schien.

Ich riss meine Waffe hoch. „Londoner Police Department. Hände dahin wo ich sie sehen kann!", rief ich lauthals, als ich eine Gestalt ausmachen konnte. Sie kniete auf dem Boden und versuchte offenbar wieder auf die, noch immer wackeligen, Beine zu gelangen.

Von Schnittwunden übersäte Arme wurden in die Luft gehoben. Blut lief an ihnen hinab und tropfte in die Glasscherben.

Rau lachte er auf. „Schieß mir doch gleich in den Kopf..." Ein dumpfer Ton entstand, als er einatmete. „...da haben wir sicher alle was davon."

Ich hörte nicht mehr was zu mir gesprochen wurde. Ich hatte meine Waffe wieder ins Halfter gesteckt. Mit schnellen Schritten überbrückte ich den Abstand der zwischen uns war. Denn der Mann der soeben blutend in meinen Armen zusammenbrach war niemand anderes, als mein Lockenkopf.

Ich ließ mich zusammen mit ihm auf den Boden nieder. Mit einer Hand hielt ich ihn panisch an mich gedrückt, während ich ihm mit der anderen die blutverschmierten Haare aus dem Gesicht strich. Mein Herz raste in meiner Brust.

Es schien Harry unmöglich zu sein, seinen Kopf ruhig zu halten. Immer wieder kippte er nach vorne. Als er versuchte ihn wieder anzuheben, verließ ihn die Kraft und sein Haupt prallte gegen meine Brust. Ich griff in seinen Nacken um ihm Halt zu geben. „Was ist passiert?" Meine Augen wanderten über seinen Körper. Seine Haut und das darunterliegende Fleisch waren zerschnitten und zerfetzt.

Harry versuchte mir meine Frage zu beantworten. Doch die Worte die seinen Mund verließen waren wirr und schienen für mich nicht zusammenzupassen.

Ich musste ihn verarzten, aber ich konnte ihn nicht loslassen. Falls Harry eine Gehirnerschütterung davongetragen hatte, musste ich verhindern, dass er einschlief. Sein, von den Schmerzen tauber Körper wurde in meinen Armen immer schwerer. Ich schnaufte, als ich versuchte mich unter seinem Gewicht zu bewegen. Harrys Blut verließ seinen Körper, während er mir das meinige absperrte. Wodurch mir jede noch so kleine Bewegung zunehmend erschwert wurde. Mühsam befreite ich mein Smartphone aus meiner Hosentasche.

Ich rief den Notruf.

Zu viel Adrenalin peitschte durch meine Adern, als das ich mich noch daran hätte erinnern könnten, welche Angaben ich dem Mann der Notfallzentrale durchgab.

Zeit verstrich. Stille entstand. Doch diese Stille war alles andere als friedlich.

Das Herz in meiner Brust klopfte schwer. Es wurde lediglich von dem Gemurmel übertönt, welches aus Harrys Mund kam. Er sprach zu mir, als wäre nie etwas passiert.

Ich schrak hoch, als jemand gegen die Tür hämmerte. „Hallo? Hat hier jemand den Notruf gewählt?" wollte eine maskuline Stimme wissen.

„Ja! Wir sind hier. Die Tür ist offen!"

Drei Sanitäter traten in unser Blickfeld. Zwei Männer und eine Frau. „Holt die Bahre" befahl der Schwarzhaarige seinen Kollegen, als sein Blick auf uns gefallen war. Sie reichten ihm die Taschen und verließen mit ihrem neuen Auftrag die Wohnung.

Der Mann eilte sofort auf uns zu und half mir Harry in eine sichere Position zu bringen. Er ging vor dem Verletzten in die Hocke. Er versuchte Harrys leeren Blick einzufangen. „Ich bin Ian. Ich bin Rettungssanitäter. Kannst du mich hören?", sprach er vorsichtig. Ian tätschelte Harrys Hand. „Komm schon, sprich zu mir. Wir sind jetzt ein Team. Okay? Du hilfst mir, damit ich dir helfen kann." Ein schwaches Nicken kam als Antwort. Die Erstversorgung wurde eingeleitet.

Schachmatt || LarryNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ