05 - Winternächte

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TO DO LIST1

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TO DO LIST
1. learn to fly
2. fly away

DER WEG NACH HAUSE kommt mir endlos vor, auch wenn es nur etwas mehr als zwanzig Minuten sind

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DER WEG NACH HAUSE kommt mir endlos vor, auch wenn es nur etwas mehr als zwanzig Minuten sind. Irgendwann, wenn auch mein Ende kommt, werde ich ebenso auf so einem Weg entlangschreiten.

Und ich werde warten, Violet, bis sich unsere Wege wieder treffen, bis wir uns endlich wiedersehen.

Ich recke mein Gesicht dem Himmel entgegen, sehe, wie die Sonne schon halb verschwunden ist, nach Schulschluss ist sie nicht mehr allzu lange zu sehen, bis sie untergeht. Das habe ich immer am Winter geliebt: wie die Sonne so schnell untergeht und die Dunkelheit zurücklässt. Wie die Nächte zwar eisig sind, aber so klar, dass man jeden Stern zählen könnte, wenn man bloß wollte. Als kleines Kind habe ich es immer versucht, doch habe es nie geschafft, dafür waren es einfach zu viele kleine Himmelskörper, die die Nacht beleuchteten.

Violet und ich haben schon im Herbst voller Vorfreude überall Lichterketten aufgehangen, um im Winter jeden Zentimeter unserer Zimmer in ein gemütliches Licht zu tauchen. Noch vor einem Jahr haben wir zwischen, mit kuscheligem Bezug bezogene, Kissen gelegen und gemeinsam Kekse und Lebkuchen gegessen, die ganze Wohnung war warm und geborgen, während sich das eiskalte Schneegestöber draußen ausgetobt hat und wir die Eiskristalle an der Scheibe ansehen konnten.

Am nächsten Morgen sind wir in den Park gelaufen, zu dem kleinen See, der immer vereist war. Wir haben Schneeengel gemacht, uns mit Schneebällen beworfen, manchmal hat Violet mir auch die kalten Flocken in den Rücken gedrückt, sodass ich später fürchterlich gefroren habe. Einmal waren wir auch direkt auf dem See, nicht bloß davor. Violet wollte unbedingt, dass ich wie sie lerne, Schlittschuhe zu laufen. Es kommt mir so vor, als wäre es erst ein paar Tage her, und nicht mehr als vier volle Jahre.

Wir hatten dummerweise keine Schlittschuhe dabei, weswegen wir uns einfach mit unseren normalen Straßenschuhen auf das Eis gewagt haben. Mit Vorsicht konnten wir uns bis zur Mitte des Sees vorantasten, bis das Eis plötzlich begann zu brechen. Ich weiß noch zu gut, wie angsterfüllt wir beide damals waren, statt wie erwartet ist nicht mein Leben an mir vorbeigezogen oder dergleichen.

LOVE LETTERS TO A STRANGERWhere stories live. Discover now