Brüderliche Fürsorge

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Am nächsten Morgen werde ich von dem schrillen Klingeln meines Weckers aus dem Schlaf gerissen und fühle mich wie gerädert. Verschlafen wollte ich meinen Kopf gerade wieder in dem weichem Kissen vergraben, da klingelt mein Wecker auch schon zum zweiten Mal. Frustriert robbe ich mich zum Rand meines Bettes und greife nach meinem Handy um den blöden Wecker endlich zum Schweigen zu bringen. Ein genervtes Stöhnen verließ meine Lippen. Warum war das Bett Morgens so viel gemütlicher als Abends? Mehr oder weniger wach tapse ich ins Badezimmer und gehe meiner morgendlichen Routine nach. 

Eigentlich mochte ich es gar nicht Morgens zu duschen, aber heute stelle ich mich ausnahmsweise mal zum wach werden unter den Wasserstrahl. Deutlich fitter, kehre ich also in mein Zimmer zurück und sehe erstmal auf mein Handy, um zu sehen ob mir irgendjemand etwas wichtiges geschrieben hat. 

Die erste Nachricht war eine über vier Minuten lange Sprachnachricht, auf welche ich gerade definitiv keine Lust hatte und so wurde diese erstmal ignoriert. Dann hatte Stephan mich noch gefragt ob er mich gleich zum Frühstücken abholen soll, was ich natürlich bejahe. Die letzte Nachricht war von meiner Freundin Hannah. Wir kannten uns bestimmt schon 12 Jahre und obwohl wir nicht auf einer Schule waren, hat sich unsere Freundschaft nicht aus den Augen verloren. Sie fragt ob ich mich nächste Woche mit ihr in unserem Lieblingscafé treffen wollte. Mit einem Grinsen im Gesicht schreibe ich ihr das ich mich über ein bisschen gemeinsame Zeit freuen würde und kaum war die Nachricht abgeschickt, klopft es schon an der Tür.

Mit einem fröhlichen "Guten Morgen." öffne ich die Tür, mein Bruder erwidert die Begrüßung und schon machen wir uns auf den Weg zum Frühstück.
"Hast du nicht gut geschlafen?" fragt Stephan und seine Stimme hat einen fragenden Unterton angenommen. Ich zucke zunächst nur mit den Schultern, antworte dann aber doch.
"Ich konnte erst nicht einschlafen und dann habe ich nur wirres Zeug geträumt, aber ich habe keine Ahnung mehr was es war." erläutere ich ihm meine Probleme der letzten Nacht.

Liebevoll legt Stephan seinen Arm um meine Schultern. 
"Ach das wird schon wieder wenn du heute Nacht in deinem eigenen Bett schläfst." muntert er mich auf und ich muss daraufhin ein wenig lachen.
"Ich hoffe es doch. Eigentlich habe ich keine Lust auf eine Karriere als Waschbär." Verwirrt sieht Stephan mich an.
"Waschbär?" fragt er und runzelt fragend die Stirn.

"Naja, die haben Augenringe, sind Nachtaktiv, essen gerne und sind ein bisschen fett." Erkläre ich ihm meinen Vergleich, woraufhin er Lachen musss und ich mit einstimme. Als wir uns dann wieder beruhigt haben sind wir vor dem Speisesaal, doch bevor wir diesen betreten nimmt mich Stephan noch einmal kurz zur Seite. Fragend ziehe ich eine Augenbraue hoch, warum genau hält er mich jetzt vom Essen ab?

"Aber Emi dir ist bewusst das du nicht dick bist oder?" fragt Stephan und sieht ernsthaft ein wenig besorgt aus. Einen kurzen Moment bin ich einfach nur perplex und weiß nicht so ganz was ich darauf antworten soll. Nachdem ich mich gesammelt habe sage ich:
"Stephan dir ist schon bewusst dass das ein Scherz war? Ich weiß das ich nicht dick bin." beruhige ich ihn und ziehe ihn hinter mir her zu der Tür des Speisesaals. 
"Und jetzt komm, ich habe Hunger!"

Stephan lacht herzhaft auf und lässt sich bereitwillig von mir zum Büffet ziehen. Wir befüllen unsere Teller beide mit einigen Leckereien, wobei seine Auswahl definitiv die gesündere ist, aber das ist mir egal. Wenn ich Lust auf ein süßes Frühstück habe esse ich es eben, denn ich muss ja im Gegensatz zu den Sportlern hier nicht wirklich auf meine Ernährung achten. Natürlich schaue ich schon das ich nicht nur ungesundes esse, aber Gelüste wollen eben erfüllt werden.

Mit einem neidischem Blick auf meinen Teller, lässt Stephan sich neben mich nieder und begrüßt die anderen Jungs an unserem Tisch. Zunächst verfallen wir in ein gefräßiges Schweigen, aber irgendwann wendet Stephan sich mir zu und erhebt seine Stimme. 
"Und, was ist dein Fazit zum ersten Wochenende Emi?" fragt er mich und sieht ernsthaft interessiert aus. 

Ich kaue zunächst meinen Mund leer und antworte dann erst auf seine Frage.
"Wie in den letzten Jahre auch, zweifle ich an eurem geistigen Zustand sich eine Schanze runter zu stürzen." sage ich und strecke ihm die Zunge raus. Stephan lacht und auch die anderen können sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Entspannt lehne ich mich in meinem Stuhl zurück und führe meine Antwort fort.

"Aber sonst hatte ich meistens Spaß. Das Bett war super bequem, das Essen erstaunlich lecker und das was ich von der Stadt gesehen habe, war einfach richtig schön." Damit schließe ich meine Erzählung und schnappe mir eine Traube vom Teller. 
"Du hattest meistens Spaß? Mit uns hat man immer Spaß Emi." empört sich Karl und grinst mich von der anderen Seite des Tisches an.

Ich erwidere das Grinsen, da hat er allerdings recht, mit der Truppe wird es so gut wie nie langweilig. 
"Mit euch hatte ich ja auch Spaß, aber ich habe mich tatsächlich auch mit anderen Leuten unterhalten." antworte ich ihm und hoffe dass das Thema damit abgeschlossen ist, aber die Jungs wären nicht sie selbst, wenn sie nicht an einer unbändigen Neugier leiden würden. Constantin, der auf meiner linken Seite sitzt, legt mir einen Arm um die Schultern.

"Wer hat dir denn dann deine Laune vermiest Emi." sagt er und strubbelt mir durch die Haare. Ich bedenke ihn mit einem bösem Blick und versuche zu retten, was eben zu retten ist.
"Ach, ich hatte zwei kleine Auseinandersetzungen, wobei so kann man es eigentlich gar nicht nennen. Ich bin eben zwei mal jemandem begegnet der unglaublich schlechte Laune hatte und sie an mir ausgelassen hat." Den Jungs nenne ich absichtlich nicht den Namen von Domen, denn ich wollte ja nicht das jemand ein schlechtes Bild von ihm bekam.

Stephan hat verwirrt die Stirn gerunzelt.
"Wer war das denn und soll ich vielleicht mal mit ihm reden? Es kann ja nicht sein das dich jemand anmotzt, obwohl du nichts gemacht hast." Er sucht eine Lösung für mein Problem, was eigentlich kein Problem ist und das war eine weitere Eigenart die er sich im Laufe der Jahre angeeignet hat. Großer Bruder eben.

"Stephan es ist doch nichts passiert. Außerdem kannst du nicht jeden anmotzen der mir blöd kommt, ich bin nämlich tatsächlich in der Lage mich zu wehren." Versuche ich meinen Bruder davon abzubringen mich noch mehr in Watte zu packen. Stephan grummelt nur unwillig, erhebt dann aber noch einmal die Stimme.

"Wenn das noch mal passiert sagst du mir aber Bescheid." Seine Bitte bestätige ich ihm und so konnten wir unser Frühstück in Ruhe fortsetzen. Nach dem Frühstück ging es auch schon bald zurück in Richtung Heimat und ich freue mich, wie soll es auch anders sein, am meisten auf mein eigenes Bett. 



Ein bisschen verspätet hier das Kapitel für diese Woche. Hoffentlich hat es euch gefallen :)

Nächste Woche gibt es kein Update, danach geht es normal weiter ;)

Genießt den restlichen Sonntag
WOLKE <3



Irgendwie anders [Domen Prevc]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt