Prolog

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Es ist 2:34 als mein Handy klingelt. Verschlafen schaue ich auf das viel zu helle Display und fange automatisch an zu lächeln, als ich sehe wer mich anruft: Meine Frau, Sophia.

Sie ist momentan geschäftlich in Köln unterwegs und soll übermorgen wiederkommen. Voller Vorfreude nehme ich ihren Anruf an „Hallo Schatz, hast du meine Stimme vermisst?" frage ich und kann mein breites Grinsen, trotz meiner Müdigkeit, nicht zurückhalten. „Frau Theling?" meldet sich eine fremde Männer Stimme am Apparat und mein Lächeln gefriert zu Eis. Wer ist das und warum hat er das Handy meiner Frau? Ein ungutes Gefühl beschleicht mich, wie eine dunkle Vorahnung, die langsam ihre kalte, dunkle Hand um mein Herz legt. „Wer ist da?" frage ich und hoffe das ich gefasster klinge als ich mich fühle. In mir tobt das Chaos. 1000 verschiedene Theorien wirbeln durch meinen Kopf, eine schlimmer als die andre. Mir wird schlecht „Hier ist Schmidt von der Polizei im Landkreis Würzburg." Antwortet mir der Mann und auf einmal dreht sich mein ganzes Zimmer. Die Polizei? Am Handy meiner Frau? Mir steigen langsam die Tränen vor lauter Panik in die Augen. „Ist etwas passiert?" meine Stimme bricht weg. Der Polizist holt tief Luft als müsse er sich sammeln, um die wahrscheinlich schlimmste Nachricht aller Zeiten zu überbringen. „Frau Theling, es gab einen Unfall auf der B19 in Richtung Würzburg. Ein Auto hat ein anderes gerammt und gegen die Leitplanke gedrückt. Es gibt eine Leiche, von dem anderen Fahrer wie Auto fehlt jegliche Spur. Wir vermuten, dass es sich bei dem Opfer um ihre Ehefrau, Sophia Theling, handelt-" danach höre ich nicht mehr zu. Wie in Trance plätschert die Stimme des Polizisten in mein Gehirn und setzt sich wie ein Tumor dort fest, aber ich verstehe kein Wort, von dem was er sagt. Mein Schädel pocht. Nein. Das muss ein Irrtum sein, Sophia ist in Köln, vielleicht wurde ihre Tasche gestohlen, ja das muss es sein. Sophia kann nicht tot sein. Es ist einfach unmöglich. „Frau Theling, sind sie noch dran?" fragt der Polizist vorsichtig und in seiner Stimme hör ich Mitgefühl und Bedauern. „Ja tut mir leid, aber das ist unmöglich. Meine Frau ist in Köln auf einer Tagung, vielleicht wurde ihre Tasche mit Handy gestohlen. Sie haben die Falsche." Bitte, bitte lass es so sein, flehe ich. Kurze Stille, dann holt der Polizist erneut Luft „Die Spurensicherung hat weiße Rosen um das verunglückten Auto herum gefunden, vielleicht wollte sie Sie überraschen und-" „Nein." Unterbreche ich ihn einfach, mehr sage ich nicht, weil mein Hals sich so zuschnürt, dass es sogar wehtut zu atmen. Meine Brust sticht, weil ich im Herzen weiß, dass er recht hat. Weiße Rosen, sind meine Lieblingsblumen, sie hat sie mir immer mitgebracht, wenn sie länger weg war. „Dürfte ich sie bitten zur Pathologie zu kommen, um die Leiche zu identifizieren? Sollten sie dazu emotional nicht in der Lage sein, wären sie so freundlich mir eine andere Telefonnummer von jemandem aus ihrem Familien-, Bekannten-, oder Freundeskreis zu vermitteln?" „Nein ich komme. Wohin muss ich?" frage ich. Der Polizist gibt mir alle Daten und versichert sich mehrmals, ob ich in der Lage bin das zu tun. Ich bejahe es zwar immer wieder, aber bin ich das wirklich? Bin ich in der Lage meiner eventuell toten Ehefrau in die kalten leeren Augen zu schauen? Zu realisieren, dass sie nie wieder neben mir liegen wird, nie wieder über meine unlustigen Witze lachen wird und ich nie wieder ihre Lippen auf meinen spüren werde? Mir wird schlecht und ich übergebe mich quälend, bis ich nur noch würgen muss. Als ich mich imstande fühle aufzustehen zittern meine Beine wie Espenlaub.
Wie ein Zombie nehme ich meine Autoschlüssel und verlasse das Haus.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht wie ich heil beim Krankenhaus angekommen bin. Ich kann mich nicht an die Fahrt oder den weg vom Auto zum Gebäude erinnern, als hätte mein Gehirn komplett ausgesetzt und nur mein Körper das Auto bedient.
Ich werde freundlich von zwei Polizisten begrüßt. Ich weiß, dass sie versuchen sich zusammenzureißen, aber in den Augenwinkeln bemerke ich die mitleidigen Blicke, die sie wechseln, wenn sie denken, dass ich es nicht sehe. Wir erreichen eine Tür, ein Schild neben der Tür, sagt mir, dass sich dahinter die Pathologie befindet. Ich hole tief Luft und will den Raum betreten, doch die junge Polizistin hält mich zurück. „Wir warten vor der Tür sollte etwas sein rufen Sie uns sofort, der Pathologe wartet bereits auf Sie." Sagt sie und drückt meine Hand leicht, so als wollte sie mir Mut machen. Ich nicke nur, weil ich Angst habe, ich könnte mich wieder übergeben, sobald ich den Mund aufmache. Zitternd öffne ich die Tür und den Geruch, der mir entgegenschlägt, werde ich nie wieder vergessen können. Es ist eine Mischung aus Desinfektionsmittel und Tod. Mein Magen rumort, aber ich ignoriere es. Für mich gibt es nur noch die silberne Liege. Über dem Toten Körper liegt eine grüne Plane, welche sie vor meinen Blicken schützt. Der Pathologe nimmt die oberen ecken in die Hand und ich nicke als Stumme Zustimmung. Er hebt die Plane an und entblößt das Gesicht der jungen Frau.

Meine Sophia.

Withered RosesWhere stories live. Discover now