Kapitel 21

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Alles was ich hörte, war eine Stimme, die meinen Namen rief. Damian? Ich versuchte, meine Augen zu öffnen, aber es gelang mir nicht gleich. „Katy! Jag' mir nie wieder so einen Schrecken ein!" Damian schüttelte mich endgültig wach und ich bemerkte, dass wir uns irgendwo im Dickicht befanden. „Was ist passiert?", fragte ich. „Du bist plötzlich umgekippt! Ich wusste nicht, was ich tun soll, also habe ich uns hier versteckt, damit uns Brown und der andere Typ nicht finden." Ich sah mich um, unsere Fahrzeuge waren nirgends in Sicht. Damian musste mich irgendwie von dort weggebracht haben, bevor uns jemand entdecken konnte. Bei dem Gedanken, von ihm hierher getragen worden zu sein, wurde mir ganz komisch zumute. „Wir sollten nach Hause", sagte ich und löste mich aus seinem Griff, aber er hielt mich zurück. „Vorsicht, die sind noch nicht weg!", flüsterte er. Jetzt erst bemerkte ich die Handytaschenlampen, die suchend über durch das Gebüsch leuchteten. Mein Puls beschleunigte sich wieder. 

Es war eine blöde Idee gewesen, herzukommen. Was, wenn unsere Verfolger bewaffnet waren? Ich duckte mich tiefer. Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren. Wenn ich jetzt durchdrehte, dann waren wir verloren. Ich versuchte, mich zu beruhigen und zu verstehen, was die zwei dunklen Gestalten zwischen den Bäumen redeten. „Such' da hinten weiter!", sagte einer. „Wenn die entkommen, fliegen wir auf!" „Die sind längst weg", wandte der andere ein. „Es hat keinen Sinn, lass uns gehen." Eigentlich sollte ich erleichtert sein, wäre da nicht die Tatsache, dass Mr. Brown mir genau in die Augen sah, bevor er seinen Komplizen zum Gehen überredete. „Na gut, aber nimm die Fahrzeuge mit!", wies der ältere Mann Mr. Brown unfreundlich an, und der tat, was von ihm verlangt wurde. Toll. Wie kamen wir jetzt nur wieder zurück? Als die Luft rein war, verschwanden wir so schnell wie möglich und liefen den verwilderten Weg entlang, der vom Grundstück wegführte.

 „Wir müssen jemandem sagen, was wir entdeckt haben!", sagte ich zu Damian, als wir nach einer Weile anhielten, um zu verschnaufen, mir war immer noch schummrig. „Ich rufe jetzt die Polizei", fügte ich hinzu und kramte mit zitternden Fingern mein Handy aus der Hose. „Und was willst du denen sagen?", wandte Damian ein, ebenfalls noch völlig außer Atem. „Wir haben doch keine Beweise! Alles was wir wissen ist, dass hier etwas passiert, das niemand wissen soll." Ich sah nachdenklich zu Boden. Was verdammt noch mal ging hier ab?

Jetzt blieb mir nur noch, meine Eltern anzurufen, denn früher oder später würden sie sowieso alles erfahren. Schweren Herzens drückte ich auf anrufen. Ich wusste, diese Aktion würde ihre Konsequenzen mit sich ziehen, und die würden nicht gnädig ausfallen. Ich hatte meinem Vater nur die halbe Wahrheit erzählt, um zu erklären, warum er uns ausgerechnet hier abholen sollte. Mit den Details würde ich ihn und Mom später bekannt machen. Wir warteten vorne an der Straße auf den grünen Pick-up meines Dads, immer noch in Alarmbereitschaft, falls diese Typen auf die Idee kamen, noch einmal nach uns zu suchen. Ich konnte nicht fassen, dass ausgerechnet der Lehrer, der mir noch eine zweite Chance gegeben hatte, in eine derartige Tat verwickelt sein sollte. Auch, wenn ich noch gar nicht wusste, was die Tat eigentlich genau war. Aber wieso hatte mich Brown nicht verraten? Er hatte mich genau gesehen und absichtlich nichts gesagt. Ich verstand das alles nicht. Zusätzlich zu meinen Eltern tauchte auch Damians Dad auf, und er schien nicht gerade amüsiert darüber, dass er seinen Sohn spät in der Nacht mitten im Nirgendwo abholen musste. Meine Eltern mussten Damians verständigt haben. Wir verabschiedeten uns lediglich mit einem Blick, der viel Glück bedeutete, denn wir beide wussten, dass wir uns wohl eine Weile nicht sehen würden.

Während der gesamten Heimfahrt wurde kein Wort geredet, und ich wagte es auch nicht, etwas zu sagen. Bei dieser Anspannung würde das Auto wohl beim kleinsten Geräusch explodieren. Alle Blicke waren starr auf die Straße gerichtet, nur Lia schoss Blitze aus ihren Augen in meine Richtung. Ich wusste genau, was sie dachte. Ich zog schonwieder eine Show ab und machte irgendetwas komplett Dummes. Ich zwang mich in ihre Richtung zu schauen und ihrem Blick standzuhalten. Sie sollte ruhig wissen, dass es mir egal war, was sie dachte, sagte oder machte. Dieses Spiel beherrschte ich auch.

Zwei Herzen, eine SeeleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt