Kapitel 5

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»Agent Moore!« Ich hatte versucht, unauffällig an Lisbons Büro vorbeizugehen, doch hatte sie mich bemerkt – als hätte sie mir aufgelauert

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»Agent Moore!«
Ich hatte versucht, unauffällig an Lisbons Büro vorbeizugehen, doch hatte sie mich bemerkt – als hätte sie mir aufgelauert. Mit dem Zettel in der Hand und einer ernsten Miene hielt sie mich zurück.
»Es gibt einen guten Grund, warum Jane im Gefängnis ist. Wenn Sie ihn besuchen, geben Sie ihm das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben, und so lernt er nie, dass manche Dinge einfach zu weit gehen.«
Es hatte zwar nichts weiter auf dem Zettel draufgestanden als »Ich bin kurz weg«, dennoch war Lisbon nicht dumm. Es hatte auf der Hand gelegen, wohin ich gegangen war.
Ich konnte ihren Ärger verstehen. Jane zu besuchen, war keine gute Idee gewesen – vor allem, weil es letztendlich auch nichts gebracht hatte. Er würde immer mit seinen dummen Tricks und Plänen weitermachen. Das Gefängnis würde ihm auf härteste Tour beibringen, was richtig und was falsch war.
»Wird nicht wieder vorkommen«, meinte ich nur und wollte weitergehen, als sie mich zum zweiten Mal zurückhielt.
»Das will ich für Sie hoffen.« Streng sah sie mich an. »Van Pelt und ich werden gleich losfahren, Rigsby ist schon unterwegs. Sie und Cho halten hier die Stellung.«
»Brauchen Sie meine Hilfe?«, wollte ich wissen.
»Nein, wir schaffen das alleine. Arbeiten Sie einfach an den Akten weiter, die ich Ihnen gegeben habe.«
Verstehend nickte ich.
»Ach, und Moore? Sie fahren nicht mehr zum Gefängnis!«
Erneut nickte ich und ging ins Büro. Van Pelt lief an mir vorbei, während ich auf meinem Schreibtisch zuging und mit einem Seufzen die Akte in die Hand nahm, an der ich momentan arbeitete.
»Sie sind wieder zurück«, vernahm ich hinter mir Chos tonlose Stimme, der soeben das Büro betreten hatte, und für einen Moment war ich mir nicht sicher, ob er einfach seine Beobachtung laut aussprach oder es ihn tatsächlich interessierte.
Ich drehte meinen Oberkörper etwas, bis ich ihn sehen konnte. Er hielt eine Akte unter dem Arm und griff sich seine Jacke, ehe er auf den Ausgang zulief.
»Wo wollen Sie hin?«, rief ich ihm hinterher.
»Jane besuchen«, gab Cho knapp zurück.
»Wir sollen ihn nicht besuchen -«, setzte ich an, doch da war er bereits aus meinem Sichtfeld verschwunden. Mit einem Seufzen ließ ich mich auf dem dem Stuhl nieder und drehte mich gelangweilt nach links und rechts. Ich konnte mich jetzt nicht auf meinen Fall konzentrieren, denn meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Ich streckte die Beine von mir und lehnte mich im Stuhl zurück. Mein Blick wanderte zur Decke.
Dass ich nicht am Fall mitarbeiten durfte, war wie eine Strafe, die Lisbon mir auferlegt hatte. Ob es mich tatsächlich kümmerte? Eher nicht. Ich wusste, dass dieser Job nur auf Probe war und ich wusste auch, dass ich nicht als normaler FBI- oder CBI-Agent hier arbeitete, sondern als Profiler, womit ich ab und an zu kämpfen hatte. Damals dachte ich immer, dass ich gut darin gewesen wäre, Menschen einzuschätzen, doch nachdem Matt Connor meine Eltern umgebracht hatte, hatte ich jeglichen Glauben an meine Sicht auf die Menschen verloren. Hätte ich nicht wissen, gar ahnen müssen, dass einer meiner Arbeitskollegen ein kranker Mörder gewesen war?
»Agent Moore.«
Allmählich war ich es leid, ständig meinen Namen zu hören, denn jedes Mal, wenn er genannt wurde, folgte nichts Gutes.
Abrupt zog ich die Beine heran und richtete meinen Blick schuldlos auf Bosco. »Was ist?«, fragte ich und klang dabei leicht gereizt. Der Agent wirkte einen Moment überrascht darüber, doch fasste er sich schnell und mit straffer Haltung und milder Miene sagte er:
»Ich wollte nur wissen, ob Sie schon Fortschritte im Red-John-Fall gemacht haben.«
»Nein, tut mir leid«, gestand ich. »Ich bin noch dabei die Akte durchzuarbeiten, aber einige jüngste Vorfälle halten meinen Arbeit auf.« Eindringlich sah ich ihn an, während sich auf meinen Lippen kein Lächeln regte.
Ich hörte Bosco leise die Luft einziehen. »Sie sind verärgert darüber, dass ich Jane verhaftet habe«, stellte er fest.
»Verhaftet? Sie haben ihn ins Gefängnis gebracht, Agent Bosco«, erinnerte ich mit ernster, beinahe anklagender Stimme.
»Agent Moore, Sie müssen meine Entscheidung nicht verstehen, doch als Agentin bitte ich Sie, diesen Fall nach den Richtlinien unseres Gesetzbuches betrachten. Laut Paragraph 632 wird ein Lauschangriff -«
»Zu einem Jahr Gefängnis bestraft«, unterbrach ich ihn unwirsch, »ich weiß, ich war in meinem Jahrgang die Klassenbeste, und falls Sie es nicht wussten, meine Eltern waren Richter in Washington. Ich kann unser Gesetzbuch von vorne bis hinten auswendig.« Ich legte meinen Kopf schief und warf ihm ein aufgesetztes Lächeln zu.
»Jane hat Sie auch schon umgedreht«, bemerkte Bosco mit zusammengekniffenen Augen. »Dieser Mann bringt Leute dazu, ihr ganzes Leben für ihn aufzugeben. Und was gibt er Ihnen zurück? Nur Leid und Schmerz. Sie werden nur Probleme mit ihm haben, wenn Sie sich weiter auf ihn einlassen, Moore.«
»Lassen Sie das mal meine Sorge sein«, entgegnete ich und packte den Stapel Akten vor mir, die ich mit einem Knallen auf den Tisch klopfte, um sie zu richten, wobei ich Bosco keines weiteren Blickes würdigte. Kopfschüttelnd verschwand der Mann, und erst als er verschwunden war, legte ich den Stapel zurück. Vielleicht hatte er recht – ganz bestimmt hatte er recht – doch wollte ich es nicht einfach auf mich beruhen lassen. Jane hatte recht, ich fühlte mich für alle verantwortlich. Und auch wenn er gesagt hatte, dass er keine Hilfe brauchte, so war ich doch dazu bereit, ihm aus dem Gefängnis zu helfen. Ich tat das nicht, weil ich es nicht einsah, dass Jane einen Fehler begangen hatte – das hatte er und da standen die Justiz wie auch ich vollkommen dahinter. Doch was ich nicht leiden konnte, waren persönliche Rachefeldzüge eines Agenten, der jemanden nicht leiden konnte und diesen Jemand nur aufgrund dessen eins auswischen wollte. Natürlich hatte er den perfekten Vorwand und natürlich war sein Handeln berechtigt (Janes hingegen nicht), dennoch hätte es auch anders vonstatten gehen können.
Bosco war mit Sicherheit ein guter Agent und ich wollte es mir mit ihm nicht verscherzen, doch ein Teil von mir kam einfach nicht zur Ruhe. Da ich allerdings nicht einfach wieder abhauen konnte, musste ich warten, bis Cho zurückkam – und dieser war nicht sonderlich gesprächig und entgegenkommend.
»Lisbon hat Sie angewiesen, nicht mehr mit Jane zu sprechen?«, fragte Cho, als ich ihn bat, mir zu helfen.
Mit genervtem Ausatmen nickte ich.
»Dann sollten Sie darauf hören. Sonst verlieren Sie Ihren Job.« Für ihn schien das Gespräch beendet und er wandte sich ab.
»Aber Sie können noch mit ihm reden. Warum waren Sie bei ihm?«
»Wegen des Falls«, gab Cho tonlos zurück, während er auf seinem Schreibtisch saß.
»Ich brauche Ihre Hilfe, Agent Cho.« Flehend sah ich ihn an und mit ausdrucksloser Miene musterte er mich. Er wollte gerade antworten, als sein Telefon klingelte und mir mit einer Handbewegung bedeutete, dass das Gespräch beendet war.
Als ich zurück zu meinem Platz ging, hörte ich, dass Cho mit Jane sprach. Doch was brachte mir das? Die beiden arbeiteten, obwohl Jane im Gefängnis war, an dem Fall, in den ich nicht involviert war. Meine eigentliche Aufgabe lautete, der oder die Täter der Jane Does zu finden, doch hatte ich mir nun einen neuen Fall auferlegt, den ich nicht so schnell aufgeben würde – Patrick Jane aus dem Knast retten.
Einige Zeit später kamen Van Pelt und Lisbon zurück und nach ihnen folgte Rigsby, der wenig begeistert aussah.
»Was ist passiert?«, fragte ich.
»Roddy Gerber hat mich geschlagen«, brummte er missgelaunt. »Er wurde für den Angriff auf einen Beamten ins Bezirksgefängnis gebracht.«
»Wieso haben Sie ihn nicht hierher gebracht und befragt?«, wollte Lisbon mit zusammengezogenen Augenbrauen und einem skeptischen Blick wissen.
Rigsby zog die Schultern hoch. »Vielleicht erinnert er sich im County Gefängnis wieder an die Gesetze unseres Landes«, gab er zurück und setzte sich an seinen Schreibtisch.
Die Wahrheit lag auf der Hand – Jane hatte irgendetwas eingefädelt, um mit Roddy Gerber im Gefängnis sprechen zu können. Wie konnte dieser Mann selbst aus dem Knast heraus an diesem Fall arbeiten? Und wieso hinterfragte ich das eigentlich?
»Boss -«, setzte Van Pelt an und die Angesprochene wandte sich um. Die rothaarige Agentin warf Rigsby einen auffordernden Blick zu und dieser sah unsicher zwischen seinen Freunden hin und her.
»Wir haben gedacht ...« Er stockte und wedelte hilfesuchend mit seinen Händen.
»Denken ist gut«, meinte Lisbon und zog die Stirn in Falten.
»Wir haben mit Bosco gesprochen und ihn gebeten, Jane freizulassen«, gestand Cho. »Er hat abgelehnt. Wir dachten, wenn Sie mit ihm reden, würde er es sich überlegen. Er würde ihnen sicher den Gefallen tun.«
Lisbons Furche auf der Stirn wurde tiefer. »Wir kommen Sie denn darauf?«
»Na ja ...«, sagte Van Pelt zögernd. »Das liegt doch auf der Hand.«
»Er steht auf sie«, sagte Cho, ohne mit der Wimper zu zucken. »Sexuell.«
»Wir sagen ja nicht, dass Sie etwas am Laufen hätte«, stammelte Rigsby. »Er hat Sie nur sehr gern.«
»So wie er Sie ansieht und mit den Augen verschlingt ...«, fügte Van Pelt hinzu.
Mit steinharter Miene sah Lisbon ihre Kollegen an. »Da haben Sie falsch gedacht«, gab sie trocken zurück. »Bosco hat keine Schwäche für mich – und auch wenn er eine hätte, würde ich sie nicht Jane zuliebe ausnutzen!«
»Wieso nicht?«, hakte Cho nach.
»Weil das Gesetz das Gesetz ist! Jane hat dagegen verstoßen und jetzt muss er mit den Konsequenzen leben.« Streng sah sie die anderen an und frustriert ließen die drei ihren Kopf sinken.
Auf einmal klingelte mein Handy und sofort nahm ich ab.
»Sie haben einen Anruf aus dem Bezirksgefängnis in Sacramento«, erklang eine mir unbekannte männliche Stimme am anderen Apparat und kurz darauf folgte Janes Stimme:
»Hallo, Kaitlyn. Entschuldigen Sie, dass ich Sie belästige, aber ich könnte doch Ihre Hilfe gebrauchen. Bringen Sie mir bitte einen Blaubeermuffin, wenn Sie mich besuchen. Ach, und verstecken Sie bitte meinen Ersatzanzug und meine anderen Sachen aus meinem Schließfach im Sportraum draußen hinter einem Zaum. Bis nachher!«
Bevor ich antworten konnte, hatte er aufgelegt und etwas irritiert starrte ich den Bildschirm meines Handys an.
Ernsthaft jetzt?
Als ich den Kopf hob, sah ich, wie die anderen mich fragend ansahen, wobei Lisbon weiterhin skeptisch aussah.
»Das war Pfleger aus dem Altenheim meiner Großmutter«, erklärte ich und hob demonstrativ mein Handy hoch. »Sie leidet an Alzheimer und wenn sie ihre Schübe hat, werde ich angerufen, um vorbeizukommen. Das Einzige, was ihr hilft, ist mich zu sehen.« Ich erhob mich und ergriff meine Jacke. »Ich muss unbedingt los. Wenn das in Ordnung ist, natürlich ...« Abwartend sah ich Lisbon an, die die Augen zusammenkniff und mich skeptisch musterte. Doch dann nickte sie.
»Sie haben sowieso im Moment nichts zu tun.«
Dankbar nickte ich und verließ, so schnell ich konnte, das CBI-Gebäude. Auf dem Weg zum County Gefängnis kaufte ich einen Muffin, wobei mir ziemlich egal war, ob es ein Blaubeermuffin oder ein Himbeermuffin war. Muffin war Muffin.
Kaum saß ich zum zweiten Mal an diesem Tag im Besucherraum, ergriff einer der Wachen meine Tüte und warf einen Blick herein. Mit hochgezogener Augenbraue schmiss er den Muffin zurück und warf grob die Tüte auf den Tisch. Janes Handschellen wurden am Eingang entfernt und kurz darauf kam der Mann auf mich zugelaufen.
»Danke, dass Sie gekommen sind!«, sagte er mit einem Lächeln und ließ sich mir gegenüber nieder.
Ich seufzte. »Klar, doch ...«
Er öffnete die Tüte und warf einen Blick herein. »Ist das Blaubeere?«
»Himbeere«, gab ich tonlos zurück.
»Ich wollte Blaubeere.« Enttäuscht schloss er die Tüte wieder und schob sie neben sich. »Trotzdem danke.«
»Jane, was soll das?«, verlangte ich zu wissen. »Erst wollen Sie meine Hilfe nicht und dann zitieren Sie mich hierher wegen eines verdammten Muffins!«
»Ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen«, sagte er und seine Stimme klang seltsam aufrichtig. »Sie wollten mir helfen und ich habe Sie so unhöflich abgewiesen.«
Verständnislos hob ich eine Augenbraue. »Und das konnten Sie mir nicht am Telefon sagen?«
»Ich wollte doch den Muffin.«
Genervt seufzte ich auf und verdrehte die Augen.
»Und Roddy Gerber ist unschuldig«, fügte er hinzu und nickte in die Richtung, in der ein anderer Gefangener auf seinen Besucher wartete.
»Super«, sagte ich sarkastisch, »aber falls es Ihnen entgangen sein sollte – ich arbeite an dem Fall nicht.«
»Ich brauchte einen Besucher«, gestand Jane. »Nur so komme ich in den Besucherraum. Lisbon wäre davon nicht begeistert gewesen.«
»Und da bin ich die einzige Möglichkeit? Jane, ich bin nicht Ihr verdammtes Spielzeug!« Erzürnt sah ich ihn an. »Bosco hatte recht, Sie verdrehen die Leute, so wie es Ihnen passt und es ist Ihnen egal, was mit ihnen geschieht!« Beinahe wäre ich aufgesprungen und gegangen, doch da hielt Jane mich zurück.
»Bitte. Das ist der einzige Gefallen, den ich von Ihnen einfordern werde. Danach brauchen Sie mich hier drinnen nie wieder zu sehen.« Seine Hand ruhte auf meine und mit einem eindringlichen, aber auch flehenden Blick sah er mich an.
Hastig entzog ich ihm meine Hand. »Fassen Sie mich nie wieder an!«, entgegnete ich, woraufhin Jane sich zurücklehnte.
»Sie müssen nur den Wärter von mir fernhalten«, sagte Jane und bevor ich reagieren konnte, hatte er sich erhoben und sich zu dem Besucher gesetzt, der nun mit Roddy Gerber sprach.
»Hey!«, rief einer der Wachmänner sogleich, doch mit einem genervten Ausdruck hob ich meine Marke hoch.
»Alles in Ordnung, ich bin von der BAU«, sagte ich.
Der Wachmann rümpfte die Nase. »BAU? Was soll das sein?«
»Behavioral Analysis Unit«, erklärte ich. »Ich bin Profilerin.«
»Aha«, machte der Mann desinteressiert und ging zurück zu seinem Posten. Währenddessen hatte Jane sich neben den Besucher gesetzt und angefangen, ihn zu befragen. Ich verstand nicht, worüber sie sprachen, und ich hätte auch nicht den Kontext verstanden, doch das Gespräch war sowieso nur kurz und knapp.
»Und?«, fragte ich, als Jane sich wieder mir gegenüber niederließ.
»Alles gut. Ich habe das, was ich wissen wollte.« Er grinste belustigt. »Danke.«
»Das war's? Ernsthaft jetzt?«
»Sie waren mir eine große Hilfe, Kaitlyn.«
Fassungslos stieß ich die Luft aus und ein leises ungläubiges Lachen verließ meine Kehle. »Wissen Sie eigentlich, dass Ihnen eine Haftstrafe droht, Jane? Jetzt sind Sie noch in Untersuchungshaft, wir können Sie noch herausholen, aber nur, wenn Sie zeigen, dass Sie Ihre Lektion gelernt haben. Die Sache ist ernst!«
Jane setzte sein Grinsen nicht ab. »Keine Sorge, Kaitlyn, ich habe alles unter Kontrolle.«
»Einen Scheiß haben Sie!« Mit erhobenen Finger beugte ich mich vor. »Hören Sie auf mit Ihren verdammten Tricks und Spielchen! Sie bringen sich nur noch mehr in Gefahr. Sie glauben wohl, dass die Gesetze für Sie nicht gelten, aber da liegen Sie falsch. Jane, Sie sind im Red-John-Fall ein Opfer und kein Ermittler. Ihre Tochter und Ihre Frau wurden ermordet, falls ich Sie daran erinnern muss!«
Augenblicklich wurde Janes Miene ernst. »Haben Sie das auch gesagt, als Ihre Eltern ermordet wurden?«
Mit einem Schlag entglitten mir alle Züge. Ich starrte den Mann an, unfähig, etwas zu erwidern.
»Ich weiß davon, dass Ihre Eltern von Ihrem Freund und Arbeitskollegen ermordet wurden«, gestand Jane mit ruhiger Stimme, »und Sie haben trotz dessen ebenfalls am Fall weitergearbeitet.«
»Wir sind hier fertig«, sagte ich mit ernster Miene und erhob mich. »Leben Sie wohl, Mr. Jane.« Ich bedeutete dem Wachmann mit einer Handbewegung mir die Tür zu öffnen und klopfendem Herzen trat ich hindurch.
Mit einem Rattern schloss sich die Tür hinter mir und hastig verließ ich das Gelände. Hätte ich zu dem Zeitpunkt gewusst, was Jane wirklich geplant hatte, wäre ich nicht so schnell abgehauen – doch hinterher war man immer schlauer. Kaum hatte ich am nächsten Morgen das Büro betreten, bemerkte ich, dass irgendetwas nicht stimmte. Ein wütender Minelli redete vollkommen in Rage auf Lisbon ein, der schweigend, aber auch hilflos am Konferenztisch saß. Worte wie »Jane« und »aus dem Gefängnis ausgebrochen« drangen zu mir herüber und wie erstarrt stand ich da und starrte die beiden an.
»Wann?«, fragte ich, als ich meine Stimme wiederfand.
Minelli und Lisbon wandten sich zu mir um.
»Und wie?«
»Heute Nacht oder eher heute Morgen«, erklärte Minelli mit grimmiger Miene. Mit erhobenem Finger deutete er auf mich. »Und wissen Sie, was das Interessanteste an der Sache ist? Der Sheriff, der Staatsanwalt und der Gefängnisdirektor behaupteten alle, dass Sie gestern Nachmittag Jane im Bezirksgefängnis besucht hätten. Ich frage Sie nur einmal, Moore – haben Sie Jane dabei geholfen, aus dem Gefängnis auszubrechen?«
»Wie bitte? Natürlich -« 'Nicht' hätte ich noch hinzugefügt, doch da stockte ich. »Verdammte Scheiße!«, entfuhr es mir, während ich an den gestrigen Tag zurückdachte. »Er hat mich hintergangen ...«
»Ich habe Ihnen doch ausdrücklich befohlen, nicht mehr Jane im Gefängnis zu besuchen!«, rief Lisbon aufgebracht. »Sie haben gegen meine Anordnung verstoßen, Moore! Wissen Sie, was das für Folgen mit sich bringt?«
»Ja. Nämlich Ihre Kündigung!«, sagte Minelli, bevor Lisbon weitersprechen oder ich antworten konnte. Genauso geschockt wie die Agentin es in diesem Moment war, starrte ich den Director an.
»Boss ...«, setzte Lisbon vorsichtig an, doch hob der Mann abwehrend seine Hände.
»Ich will es nicht hören! Diese Agentin«, er deutete auf mich, »ist schuld daran, dass Patrick Jane aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Ich habe keine Zeit für solche Dinge. Tut mir leid, Agent Moore, aber Sie werden auf der Stelle Ihre Sachen packen. Ihre Zeit bei uns ist zu Ende.«
Mit diesen Worten stolzierte er davon.
»Tut mir leid ...«, sagte Lisbon.
Ich sah, dass sie es ernst meinte. Sie war genauso überrumpelt wie ich und wusste nicht ganz, was sie dazu sagen sollte.
»Wenn er sich beruhigt hat, werde ich noch einmal mit ihm reden. Er steht einfach nur unter Stress.«
»Nein, ist in Ordnung«, entgegnete ich. »Er hat recht, ich bin schuld, dass Jane ausgebrochen ist. Daran gibt es nichts zu entschuldigen.« Ich wandte mich um und ging zu meinem Schreibtisch, um meine Sachen zusammenzupacken. »Grüßen Sie das Team von mir.«
Lisbon wollte etwas erwidern, doch kam in diesem Moment Bosco herein. »Lisbon, Jane mit gerade angerufen. Wir haben seinen Anruf zurückverfolgt – Moore, wieso packen Sie Ihre Sachen?«
»Ich arbeite hier nicht mehr«, erklärte ich und für einen Moment stand Bosco der Mund offen.
»Bosco, wir müssen los!«, riss Lisbon ihn zurück zum Fall und hastig nickte Bosco. Er hob zum Abschied kurz die Hand und eilte mit Lisbon davon.
Nachdem ich meine Sachen gepackt hatte, fuhr ich zu meiner gemieteten Wohnung. Ich erfuhr in den Nachrichten davon, dass Jane gefasst wurde, allerdings kam er nicht wieder zurück ins Gefängnis, sondern Bosco ließ die Anklage gegen ihn fallen – und so war er wieder ein freier Mann.
Ich hingegen hatte meinen Job verloren. Ein großer Preis für Janes Freiheit. Was Lisbon zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht wusste, war, dass ich die Akten, die sie mir gegeben hatte, mitgenommen hatte, und ich besaß immer noch Boscos Akte über Red John.
Kurz nachdem Janes Freispruch bekannt wurde, rief Lisbon mich an. Ich ignorierte es gekonnt. Es würde mir gut tun, eine Weile Abstand von der Justiz zu nehmen, sofern man es so nennen konnte.
Jane hatte recht gehabt – auch ich hatte, trotz dessen, dass ich ein Opfer gewesen war, am Mord meiner Eltern gearbeitet. Wahrscheinlich waren wir uns ähnlicher, als mir lieb war. Doch im Moment war das nicht wichtig. Wichtig waren die Akten.
Es gab viel Arbeit zu tun.

3210 Wörter

Tut mir leid, dass ihr so lange auf ein Update warten musstet, dafür kommt wieder ein etwas längeres Kapitel!

Kate hat also doch Jane geholfen und sich ausdrücklich Lisbons Anweisung widersetzt - und die Strafe dafür ist eine Entlassung. Was, denkt ihr, wird jetzt passieren? Wird Kate das einfach so auf sich sitzen lassen? Oder Jane?

IN MY MIND || The Mentalist [Band 2]Where stories live. Discover now