Kapitel 20 - Eine richtige Sexmaschine

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Irgendwie war die Situation komisch zwischen Ben und mir — und das lag an ihm. Eindeutig. Er hatte die Angewohnheit, immer Dinge zu sagen, in die man Gott und die Welt hineininterpretieren konnte. Aber was er damit wirklich meinte? Keine Ahnung.

Seine Worte jedenfalls blieben mir noch lange im Gedächtnis.

Du hast mich schon einmal gefunden, Hannah.

Meinte er damit die Umstände, durch die wir uns kennengelernt hatten?

Oder meine er damit, dass ...

Ich wusste es selbst nicht. Denkbar wortkarg war ich (unglaublich, aber wahr), als wir langsam zurück in die Richtung der Yacht gingen. Wir schlenderten mit einigem Abstand durch die stillen, verlassenen Gassen von Puerto Limón. Auffallend war, dass die streunenden Tiere sogar bei Touristen alles gaben und sich nicht ins Hemd machten; mehrmals spürte ich das pelzige Streifen eines Hundes oder einer Katze — so genau konnte ich das in der Dunkelheit nicht sehen — an meinen Waden.

»Da lang«, murmelte Ben und nickte im Richtung des Hafens. Ich war froh, dass er einen guten Orientierungssinn hatte und dass er die Koordination unseres Spaziergangs in die Hand nahm. Wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich mich längst rettungslos in diesen winzigen, unebenen Gassen verlaufen — für mich sahen die nach wie vor alle gleich aus.

Wenn du alleine wärst, wärst du gar nicht erst hier. Dann wärst du wohl bei Hendrik und Gabriella, oder auf dem Schiff, aber sicher nicht in der Altstadt unterwegs. Es war ja nicht so, als hätte ich Angst, vergewaltigt oder verschleppt zu werden, allerdings rückte ich unterbewusst bei jeder dunklen Gasse oder größeren Kreuzung ein wenig näher zu Ben.

Die Vredesduif lag so still vor uns, dass man meinen könnte, sie wäre bis auf die letzte Person verlassen.

Vorsichtig ging ich den Steg entlang, bis ich vorne angekommen war, und blickte unschlüssig auf das Schiff. Die rollbare Treppe war eingezogen — kein Idikator war zu sehen, dass man hier rein konnte.

»Wie sollen wir da hinein?«, fragte ich Ben sogleich meinen Gedanken.

Er pfiff einmal mit den Fingern. Zu meinem Erstaunen tauchte kurz darauf einer der Männer vom Nachmittag auf, die für die Ordnung auf hoher See sorgten. Er erkannte Ben natürlich sofort, weshalb er sich auch gleich daran machte, die Verbindung zwischen Land und Wasser aufzubauen. Mir war diese wackelige Hängebrücke immer noch nichts ganz geheuer, aber ich konnte mich auch nicht beklagen.

»Aha«, murmelte ich.

Die Tatsache, dass keiner von uns etwas zu unserer vorigen Intimität — ich war mir sicher, dass nicht nur ich das gespürt hatte — sagte, machte das Ganze noch komischer. Zu wissen, dass etwas unausgesprochen zwischen uns lag, verbesserte die Sache wirklich nicht, zumal ich nicht wusste, was es war.

»Kommst du?«

Als ich aufsah, merkte ich, dass Ben mich erwartungsvoll vom Fuße der Brücke ansah. Ich nickte.

»Bin schon auf dem Weg, Captain«, versuchte ich, erheitert zu klingen, doch es misslang mir. Aber Ben grinste trotzdem, und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass alles zwischen uns okay war.

* * *

Die Kajüte war erschreckend klein.

Ich hatte ja schon zuvor Schiffskajüten gesehen und ich wusste auch, worauf ich mich mit dieser Reise anließ. Aber ... dass es so klein war, hätte ich auch wieder nicht gedacht.

»Mit etwas Glück kann man sich einmal umdrehen und landet vom Bett in der Dusche«, murrte ich. Die Poolboys hatten meinen enormen Koffer, der ungefähr ein Drittel des Raumes einnahm, bereits heruntergeschafft. Bens Koffer sah im Gegensatz dazu wie meine Toiletttasche aus.

Eine Frage des PreisesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt