Kapitel 67

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Auch die letzten beiden Wochen der Ferien vergingen schließlich, und wir sahen uns gezwungen die Uniformen und Bücher wieder aus den Schränken hervorzuholen. Eher ungern und mit flauem Gefühl in der Magengrube nahm ich einen der Kleiderbügel, an dem eine Garnitur der Uniform hing, aus meinem Kleiderschrank und begutachtete ihn kritisch. Mir ging es zwar nach Darcys Besuch, der mittlerweile eine ganze Woche zurücklag, um einiges besser, so ganz anfreunden konnte ich mich mit der Idee von Satori und mir in einem Klassenzimmer jedoch noch nicht.

In meiner letzten Woche in Freiheit war ich noch einmal zur Burg hinauf gegangen und hatte ein paar ruhige Stunden verbracht. Ich genehmigte in den letzten freien Tagen sozusagen etwas "Quality-Time mit mir selbst" und widmete mich ganz meinem Inneren. Tokyo war total nach hinten losgegangen und hatte mich mit seiner übermäßig lebendigen Art, die ich wäre ich nicht ganz so deprimiert gewesen sicher auch mehr zu schätzen und zu bewundern gewusst hätte, wieder ganz weit nach hinten katapultiert, und erst die Woche an der Seite meiner besten Freundin hatte mir gezeigt, dass in die Ferne schweifen und Davonlaufen manchmal nicht die besten Methoden der Auf- und Verarbeitung waren. Also las ich viel, unternahm Spaziergänge und traf mich viel mit Haruka zum Shoppen, Kaffee-Trinken und Plaudern. Die Zeit die ich alleine verbrachte, schätzte ich zwar ungeheuer, hin und wieder tat mir etwas Gesellschaft auch ganz gut.

Als die Volleyballmannschaft die Trainingsmatches gegen die Studenten spielte, stattet ich ihnen einen Besuch ab und unterhielt mich mit Kaito, dem Studenten der an der Universität Tohoku Jura studierte. Er beantwortete mir jede Frage, die ich ihm stellte und war äußerst freundlich und zuvorkommend. Für Satoris und Wakatoshis Geschmack wohl etwas zu zuvorkommend, denn als er mich nach meiner Telefonnummer fragte, und vorschlug unser Gespräch zum Thema Studium doch über einem chinesischen Feuertopf, der in einem Restaurant ganz in der Nähe ausgezeichnet war, fort zu setzten. Schritten sie beide mir nichts dir nichts ein. Vom Kapitän hatte ich nichts anderes erwartet, aber dass der Mittelblocker noch einmal für mich Partei ergreifen würde, verwunderte mich schon ziemlich. Immerhin war auf Wakatohis Initiative hin die Beziehung in die Brüche gegangen, nun zog er Seite an Seite mit ihm in die Schlacht? Scheinbar wollte er mich dennoch beschützen, komme was da wolle, was mir nur einen weiteren Grund gab, am plötzlichen Schwinden seiner Gefühle zu zweifeln.

"Ich glaube sie ist noch etwas zu jung um sich alleine mit dir zu treffen, das wäre doch unsittlich und was würden denn die Leute sagen?", schnurrte Satori ihm in seiner verdächtig platonisch-feindseligen Stimme zu und trat einen Schritt an ihn heran. Wakatoshi sah es zwar nicht gerne, dass Satori für mich Partei ergriff, schloss sich aber den Worten seines rothaarigen Kumpanen an und pflichtete ihm bei: "Er hat recht. Außerdem, Grace, wollte Washijo dich sprechen."

"Warum das denn?", ich sah ihn verdutzt an, nachdem ich Kaito meine Nummer gegeben hatte.

"Keine Ahnung, geh einfach zu ihm", erwiderte er trocken. Ich zuckt nur die Schultern verabschiedete mich von Kaito und ging zu den Coaches. Hinter mir konnte ich jedoch folgendes hören: "So sehr ich euch Jungs auch schätze, aber von meiner Cousine lasst ihr lieber eure Finger. Sie geht sowieso nach Tokyo, als mach dir keine Mühe. Wäre ein Wunder wenn die sie nicht aufnehmen würden."

"Sie wollten mich sprechen?", fragte ich Washijo nach einer tiefen Verbeugung. "Nein, wie kommst du darauf, Kindchen?", erwiderte er verdutzt. "Aber Waka-.. Ach vergessen sie es, war sicher nur ein Missverständnis!", peinlich berührt wandte ich mich um und ging meiner Wege. Das war so typisch...

Zwischen meinem Cousin und Satori hörte ich im Vorbeigehen noch folgendes Gespräch mit:

"Das Gleiche gilt im übrigen NOCH IMMER für dich, Tendou. Halt dich fern von ihr", nuschelte Wakatoshi in Satoris Richtung.

"Jaja, ich hab schon verstanden... Ich will genauso wenig wie du, dass sich einer dieser Typen an sie dranschmeißt.."

Nach dem Zwischenfall verließ ich ohne ein weiteres Wort die Volleyballhalle und ging auf mein Zimmer. Diese Momente waren ein ewiges Hin und Her, Auf und Ab, buchstäblich eine Achterbahn der Gefühle mit in etwa dreißig Loopings. Die Kapazitäten an Papiertüten für die Fahrt mit der Emotionsattraktion hatte ich jedoch ausgereizt, und hatte in jede verfügbare nun schon einiges an gefühlsmäßig Erbrochenem abgeladen (ich weiß, eine ekelhafte Metapher, aber sie passt wie die Faust aufs Auge..).

Am ersten Schultag nach den Sommerferien bezog ich Posten neben Semi, mit dem ich meinen Wunsch auf einen dauerhaften Sitznachbarwechsel bereits eingehend besprochen hatte. "Keine Ahnung warum auf einmal, aber wenn du unbedingt tauschen willst, setzte ich mich gerne neben dich", hatte er mir versichert. Die erste Hürde hatte ich also recht galant übersprungen, die zweite lag im Mittagessen, bei dem ich mich nach wie vor bei den Jungs am Tisch wiederfand. Dieses Hindernis, ein Oxer mit anschließendem Wassergraben dahinter, übersprang ich ebenso leichthufig also ich meine natürlich LEICHTFÜßIG! Ich saß immer zwischen Wakatoshi und Ohira, mir gegenüber meistens Semi, manchmal Yamagata, von Zeit zu Zeit Soekawa. Satori hielt sich bewusst im Hintergrund, auch wenn er mir noch immer fehlte, wusste ich, dass ich wenn ich schon nicht in Erfahrung bringen konnte warum alles den Bach hinuntergegangen war, zumindest alles daran setzten musste ihn so gut es ging aus meinem näheren Umfeld zu verbannen. Also zog ich ein paar Stadtmauern um mich hoch, die nur Leute mit bestimmten Badges passieren dürften. Hinter der Mauer befand sich übrigens eine florierende Handelsstadt, in deren Fluss nicht nur Süßwasser, sondern gleich Milch und Honig floss (also nur so als kleines Detail, als TMI sozusagen).

So begann das zweite Semester für mich weitgehend ruhig, den Parcours an Hindernissen, der vor mir aufgebaut worden war, meisterte ich, wenn zwar nicht in Bestzeit und mit einigen Mühen verbunden, ohne Strafpunkte. Meinem Pferdchen klopfte ich lobend den Hals, und mir tätschelte ich die Schulter. Auch wenn die Last der noch immer vorhandenen Gefühle allzeit präsent war, bemühte ich mich um Normalität. Aber er fehlte mir noch immer, genauso wie ich ihm noch immer fehlte. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht wie stark seine Zuneigung mir gegenüber war und wie gut er sie sich auch nach der Zeit der Trennung erhalten und konserviert hatte, ich wusste es NOCH nicht....

Sakura - A Haikyu!! FanFictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt