Kapitel 4

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Christina

Spätestens als ich nach dem ersten Trainingstag nach Hause komme weiß ich, dass ich hoffnungslos verloren bin. Ich schmeiße meine Tasche im Flur auf den Boden und gehe schnurstracks ins Badezimmer um schnell zu duschen. Wir haben uns alle darauf geeinigt noch eine Kleinigkeit Essen und Trinken zu gehen, um auf den ersten erfolgreichen Tag anzustoßen, bevor es morgen wieder weiter geht. Obwohl es heute für mich nicht sonderlich anstrengend war, wollte ich zumindest kurz geduscht haben, bevor ich mich wieder auf den Weg in die Stadt mache. Ich stelle das Wasser an und reflektiere die letzten paar Stunden. Die Dusche scheint wohl meine neuer Lieblingsort zu werden um über Gott und die Welt zu philosophieren. Oder eher Let's Dance und zukünftige Tanzpartner. Der heutige Tag hat meine Vermutung leider bestätigt. Was heißt leider... Eigentlich kann ich froh darüber sein, dass Luca und ich so gut harmonieren und die Chemie zwischen uns einfach passt. Ich muss ihm Dinge nicht fünfmal erklären, sondern er versteht meist sofort was ich meine. Er ist aufmerksam und zeigt den nötigen Ehrgeiz den man bei dieser Show braucht. Und zu allem hin ist er auch noch super rücksichtsvoll, fröhlich und hat Spaß an der Sache. Tja. Da wären wir wieder beim altbekannten Problem angelangt. Wer versichert mir, dass er mir am Freitag nicht wieder weggenommen wird? „Weggenommen..." Das hört sich ja an als würde er mir gehören. Und obwohl Ich weiß dass es falsch ist, habe ich nicht mal ein schlechtes Gewissen. Ich will ihn wirklich nicht mehr hergeben.

Seufzend drehe ich das Wasser ab, steige aus der Dusche und ziehe mir was anständiges an. Als ich gerade dabei bin ein leichtes alltagstaugliches Make up aufzutragen klingelt plötzlich mein Handy. Ich blicke auf das Display: Eingehender Videoanruf Andrzej.
„Vermisst du mich etwa schon?," zwinkere ich in die Kamera, während ich mein Handy vor mir auf dem Waschbecken platziere und mit dem Schminken fortfahre. „Ja, ohne Luft kann ich doch nicht leben.", kontert Andrzej direkt. Ich lache, weil ich diese Sprüche langsam auswendig kenne. „Ne Spaß beiseite, eigentlich wollte ich nur neugierig sein und wissen wer heute bei dir im Studio stand. Und wem ich nachher eine anonyme Nachricht schicken muss, dass er auf Bambi aufpassen soll, sie bitte nicht fallen lässt und sie nicht zerstört." Ich halte in der Bewegung inne und lenke meinen Blick auf das Display. Dort sehe ich einen leicht grinsenden Andrzej, aber seine Augen strahlen eine gewisse Ernsthaftigkeit aus. Ich weiß, dass er auf letztes Jahr anspielt und ich weiß auch, dass er sich mehr Sorgen gemacht hat als er je zugegeben hat. „Alles gut.," beruhige ich ihn sofort. „Du kannst dir deine anonyme Nachricht für diese Woche denke ich mal sparen. Mein neuer Tanzpartner hat mich fest im Griff und lässt mich so schnell nicht auf den Boden fallen.", beginne ich strahlend zu erzählen. Auch Andrzej entgeht mein plötzlicher Stimmungswandel nicht. Er zieht eine Augenbraue nach oben, mustert mich und schweigt. „Was ist?", frage ich ihn, ehe ich mein Handy schnappe und zurück ins Wohnzimmer gehe wo ich mich auf mein Sofa setze. „Es ist Luca, hab ich Recht?" Kurz zögere ich. Warum ist das so offensichtlich erkennbar?
„Ja, ich trainiere mit Luca.", erwidere ich dann doch nach wenigen Sekunden. Andrzej's Grinsen wird breiter und er hält sein Gesicht sehr nah vor die Kamera. „Ich kenne dich doch Bambi und ich freue mich wirklich für dich aber...". Er bringt wieder mehr Abstand zwischen sich und sein Handy. „Aber bitte vergiss nicht, dass es am Freitag trotzdem anders enden kann. Ich habe wirklich keine Lust ein niedergeschlagenes Reh zu trösten." „Ja vielen Dank auch für deine Einfühlsamkeit.", lache ich und seufze danach. „Ja ich weiß, das versuche ich mir schon den ganzen Tag einzureden, aber irgendwie ist es schwieriger als gedacht." „Ach du schaffst das schon. Und jetzt? Was steht heute noch an?" „Heute wollen wir alle zusammen noch was Essen gehen weil...". Ich stocke mitten im Satz als ich auf die Uhr schaue und springe hektisch auf. „Oh mein Gott, Andrzej ich muss Schluss machen sonst komme ich noch zu spät zum Treffpunkt. Wir sehen uns dann Donnerstag in der Studio Probe. Tschau. Hab dich lieb.", und schon habe ich ihn weggedrückt. Ich sammle meine Tasche und den Autoschlüssel ein und sprinte wieder die Treppen runter, wie schon heute Morgen. Irgendwie muss ich dringend an meinem Zeitmanagement arbeiten.

Der Abend mit unserer Gruppe war super schön. Wir verstehen uns alle blendend und es war interessant auch ein paar private Dinge außerhalb des Tanzsaals über die Anderen zu erfahren. Amüsiert habe ich mich besonders über Luca, der sich schon jetzt über den Muskelkater seines Lebens beschwert hat. Der arme Kerl kann kaum noch laufen, aber er reißt sich in unserer Gegenwart sehr zusammen um es sich nicht anmerken zu lassen. Tja mein Freund, das ist erst der Anfang.
Bevor sich unsere Wege wieder getrennt haben, vereinbarten wir noch eine Uhrzeit für den nächsten Tag, ehe ich mich auf den Heimweg machte und jetzt todmüde aber glücklich ins Bett falle.

Dangerous StormWhere stories live. Discover now