ᴜɴᴏ

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PoV. Minho

,,Hast du gut geschlafen?" fragt sie, als wäre nie etwas gewesen. Immerhin hat sie keine Ahnung von meinem Leben. So macht es zumindest oft den Eindruck. Zitternd greife ich nach meiner Schachtel mit Cornflakes, die ich nur aus Frustration zu mir nehme. Schokolade. Ich habe mehr als Angst vor diesem Tag. Darf ich diesen Tag bitte überspringen? Ich habe wirklich ziemlich Angst. Immerhin wissen jetzt alle die Wahrheit über mich. Um genauer zu sein: Mein bitteres Geheimnis. Meine Mutter kennt es, doch sie versucht, es immer wieder zu verdrängen, als würde sie vergessen wollen, dass ich ein schlechter Mensch bin.

,,Ja, alles gut.'" gebe ich kurz von mir und dabei schaue ich sie nicht einmal an. Plötzlich äußert sie: ,,Minho, wenn du zum Frühstück Cornflakes zu dir nimmst, dann weiß ich ganz genau, dass etwas faul ist.''

,,Lass mich doch! Mir ist jetzt nach Cornflakes." unterbreche ich sie und am Ende zwinge ich mir ein leichtes Lächeln auf, egal wie falsch für sie das aufgezwungene Lächeln aussieht. Das falsche Lächeln werde ich mir,  von heute an, antrainieren, obwohl das Lächeln an sich meinen Ruf nicht retten wird. Während ich angefangen habe, die matschigen Getreide-Klumpen zu mir zu nehmen, kann ich dabei das laute und entsetzte Seufzen meiner Mutter nicht überhören.

Plötzlich kommt aus ihrem Mund: „Tut mir Leid, dass ich mich um meinen Sohn sorge." Ich verdrehe meine Augen, weil meine Mutter sich wirklich das Gelaber ersparen soll. Das sind ihre letzten Worte gewesen, bevor sie sich eine Zigarette in den Mund gesteckt hat und darauf folgend auf unserem Balkon verschwunden ist. Aber komm schon! Du tust nur auf die fürsorglichste Mutter im ganzen Universum, weil du kein anderes Kind hast, um das du dich kümmern kannst. Außerdem bin ich durch die ganzen Aktionen, die ich in der Vergangenheit vollbracht habe, nicht mehr gewollt, oder?

Ja, ich bin Einzelkind. Cousins und Cousinen habe ich auch keine, weil meine leiblichen Eltern ebenso Einzelkinder sind. Ich habe sozusagen niemanden in der Familie, außer meine Mutter. Ansonsten ist noch die Mutter meiner Mama im Familienkreis, aber sie hasst mich. Bei ihr bin ich nur unerwünscht, aber ich kann auch verstehen wieso.
Es gibt nur meine Mutter und mich, obwohl ich von ihr auch nicht wirklich überzeugt bin. Sozusagen habe ich also niemanden. Schönes Leben, oder?

Und von heute an habe ich sowieso alle Menschen verloren, die mir vielleicht ein wenig wichtig gewesen sind. Wieso muss das passiert sein? Kann man mich nicht in Ruhe lassen? Ich leide schon genug.

Ich habe nicht weiter Lust, in der Nähe meiner Mutter zu sein, also räume ich die Cornflakesschale weg und eile mich zum Kühlschrank. Ich habe nur ganz kurz auf mein Handy geblickt und dabei gemerkt, dass ich zu sehr getrödelt habe. Deswegen nehme ich mir aus dem Kühlschrank einen Energie, den ich sonst täglich trinke, um mich am Leben zu halten. Ich weiß ganz genau, dass ich ohne Energie einfach auf meinem Sitzplatz in der Schule einschlafen würde. Es ist sozusagen eine Sicherheitsmaßnahme für mich. Ich spüre sofort den entsetzten Blick meiner Mutter, die meine Energiesucht verabscheut, auch wenn sie auf dem Balkon gewesen ist. Doch das interessiert mich nicht mehr. Mich soll nichts mehr interessieren. Ich will einfach nur, dass dieser Tag schnell vorbei geht.

Ich habe es vorhin versucht, einen auf ,krank, zu tun, doch meine Mutter hat mich sehr schnell durchschaut. Sie ist eine echt kluge Frau. Das habe ich von ihr definitiv nicht.
Wie auch immer, ich verlasse unsere Wohnung schnell, ohne ihr ,Tschüss' zu sagen. Was bringt mir das, mich von ihr zu verabschieden, wenn ich sie später noch ertragen muss? Ich eile schnell zum Keller, um mein Fahrrad herauszuholen. Nachdem ich diesen nach draußen geholt habe, fahre ich sofort los.

Wenn man mich anschaut, könnte man behaupten, dass ich ein ganz normaler Junge sei. Ich trage gewöhnliche Klamotten und habe eine stinknormale Frisur. Ich komme täglich mit dem Fahrrad zur Schule und jeder Mensch muss mich mindestens einmal mit einem Energie gesehen haben. Das ist mein Art Kaffee. Ich sei einfach nur ein sehr durchschnittlicher Schüler, der auch überdurchschnittlich gut in Japanisch gewesen ist. Der Stufenbeste in Japanisch und man kennt mich weiterhin unter diesen Namen. Allerdings wird dieser Titel immer weiter nach hinten rutschen und die Leute werden mir einen neuen Namen geben. Meine Prognose. Am besten genieße ich noch die paar Sekunden, bevor ich in der Schule bin.

Leider vergeht die Zeit sehr schnell und vor der Schule angekommen stelle ich mein Fahrrad zu den anderen Fahrrädern. Nachdem ich nach Schulgelände betreten habe, habe
ich schon die ersten bösen Blicke gespürt. Ich gehe immer weiter Richtung Eingangstor, bis ich vor diesem stehe. Es ist offen, wie für gewöhnlich. Ich nehme mir jetzt meinen ganzen Mut zusammen und gehe da durch.

Als ich schon eingetreten bin, bin ich schon der ersten Übelkeit von vielen begegnet. Ich wünsche mir, dass ich niemals durch diese Tür gegangen bin.

ᴡʜᴏ's ɴᴇxᴛ? ᵐⁱⁿˢᵘⁿᵍ ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt