5. Unerwartete Verkupplungen

2.4K 138 79
                                    

(POV. Nagisa)

Der schrille Wecker weckte mich auf. Erst verwirrte es mich, in einem völlig fremden Bett zu liegen, dann trudelten die Erinnerungen vom vorherigen Tag ein.

Heute ist mein erster Tag in der Menschenwelt. Kaum zu glauben, wie sich mein Leben vom einen Moment auf den anderen verändert hat.

Ich wurde von einem Kissen aus den Gedanken geholt, das unsanft in meinem Gesicht landete. 
,,Mach den Wecker aus", murrte Karma. Er hatte sich aufgesetzt, wodurch die Bettdecke von seinem nackten Oberkörper gerutscht war. ,,Nagisa."

Bevor er mich ein weiteres Mal abwerfen konnte, nickte ich schnell und schaltete das Klingeln aus. Sofort entspannte sich sein gereizter Blick. Stimmt, er hasste den Morgenwecker.

Warte – stimmt? Oh man, bei diesen falschen Erinnerungen komme ich nicht mehr hinterher.

Ehe ich es mich versah, hatte er sich wieder hingelegt und schien eingeschlafen zu sein.
,,Karma?", fragte ich zögerlich. Mir fiel es immer noch schwer, ihn so zu nennen. ,,Sollten wir nicht aufstehen? Der Auftrag. Und die Schule."

,,Mhm, gleich", brummte er ins Kissen.
Ich schluckte. Seine Stimme klang angenehm, wenn er verschlafen war. Rau und tief. Fast schon . . . erotisch.

Abgesehen von seiner Boxershorts und der Decke, die ziemlich schlampig auf ihm lag, war sein Körper mit nichts bedeckt. Ich musterte seine freie Haut und blieb an seinem Rücken hängen.

Verblasste, längliche Narben verunstalteten jede Stelle, an der seine Wirbelsäule verlief. Als wäre er mit etwas scharfem geschlagen worden, wie einem Gürtel. Karmas Vater war wohl auch hier gewalttätig.

Nein, wäre gewalttätig gewesen. Wenn er hier oben existiert hätte.

Als ich merkte, wie sehr ich ihn angaffte, sah ich schnell zu dem Smartphone in meiner Hand. Diese Dinger waren praktisch.

,,Wir müssen aufstehen", wiederholte ich nach einem Blick auf die Uhr.
Keine Antwort.
,,Karma", sagte ich deutlicher. ,,Wir haben Schule-"

Genervt hob er den Kopf. ,,Chill. Wir können ruhig ein paar Stunden schwänzen, da ist nichts dabei . . ."
,,Wir sind für einen Auftrag hier. Außerdem schwänzt du sowieso zu oft, deine Noten!"

Huh?

Ich hielt verwirrt inne. Er erwiderte meinen Blick.
,,Ich meine, du hättest oft geschwänzt. Wärst du ein Mensch", verbesserte ich mich.

Seufzend drehte er sich auf den Rücken und schon wieder lag mein Augenmerk auf seinem Oberkörper. Waschbrettbauch. Natürlich. Zwar nur ein ganz leichter, aber er war filmreif.

Es war unfair, wie gerne man Karma ansah. Für seine Spezies war das zwar normal, da Dämonen gefallene Engel waren und somit von Natur aus hübsch aussahen, aber Karma stach selbst für einen gefallenen Engel deutlich aus der Masse hervor.

Seine Gesichtszüge waren scharf gezogen wie von einem Messer und seine feuerroten Haare waren eine Seltenheit. Er war besonders, äußerlich genau so wie charakterlich.

Wieder bekam ich den Drang, aufzustehen und meine Hände um seine Wangen zu schließen. Wie gestern.

,,Du vertauschst das Fake mit der Realität", bemerkte er. ,,Du darfst die Erinnerungen nicht so ernst nehmen. Sie sind nur dazu da, um dich in den Alltag von deinen Zielobjekten zu integrieren. Damit du immer eine Antwort hast, falls jemand was bestimmtes von dir wissen will. Es ist nicht real."

Ich nickte langsam. Ging diese Macht wirklich so weit, dass ich die Namen von Menschen wusste, die ich noch nie gesehen hatte? Oder sogar, welche T-Shirts im Schrank hingen, ohne reingucken zu müssen?

Durch die Hölle mit dir - Karmagisa (laufend)Where stories live. Discover now