Kapitel 32

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Er hatte bereits Geschichten darüber gehört, doch als er den Himmel erblickte, der den Himmel über den Bergen in ein tiefes Orange tauchte, war es das erste Mal, dass er es mit eigenen Augen sah. Kurz hatte er seinen Blick von Yennefer gelöst, um ihn stattdessen über die Landschaft schweifen zu lassen, die sich vor ihnen erstreckte. Durch die hohe Position, an der sie standen, war es ihm möglich einen langen Fluss, der sich durch das Tal zog und es in zwei Hälften teilte, sowie wie Wege, die sich serpentinenartig um die Berge schlangen, zu erkennen. Einige Tage hatte die Reise hierher gedauert, doch nun da sie hier waren, war es das alles wert gewesen und James fragte sich, weshalb er noch nie zuvor einen Abstecher hierher gewagt hatte.

„Ich würde sagen, dass wir angekommen sind", sprach Yennefer aus und brachte ihn damit dazu ihr wieder seine Aufmerksamkeit zu schenken.
„Sind wir das?", erwiderte er, denn auch wenn sie deutlich von Bergen umgeben waren, hieß das nicht, dass sie auch an der richtigen Stelle waren. Immerhin war das Bergland im Norden des Königreiches nicht gerade klein und er hatte damit gerechnet, dass sie erst einmal eine Weile ziellos herumirren würden, bevor sie zumindest schon einmal eine Spur in Bezug auf einen Dschinn finden würden. Auch wenn die Landschaft und seine Begleitung es leicht machten zu vergessen, aus welchem Grund er eigentlich hier war.
„Das ist vermutlich noch nicht der Ort, an dem der Dschinn ist, aber zumindest haben wir schon einmal die Berge erreicht", klärte sie auf und machte damit klar, dass auch sie nicht genau zu wissen schien, wo sie den Dschinn finden sollten.

„Vermutlich? Das heißt, du weißt auch nicht, wo wir einen Dschinn finden?", fragte er, doch in seiner Stimme war keine Spur des vorwurfsvollen Tonfalls zu hören, den er früher oft gehabt hatte. Immerhin war er selbst planlos, wenn es um diese Frage ging und wenn ein Dschinn so einfach zu finden wäre, würden die Menschen sicher an diesen Ort pilgern, um sich ihre Wünsche zu erfüllen. Immerhin benutzen sie Mutanten und andere magische Wesen nicht selten, um sich selbst zu bereichern, obwohl die meisten sonst eine Abneigung gegen alles hegten, was anders war.
„Nein, nicht direkt", bestätigte sie seine Vermutung. Dabei ließ sie ihre Hand in eine der Taschen gleiten, die auf dem Rücken ihres Pferdes befestigt war.
„Wonach suchst du?", setzte James an, doch die Frage erübrigte sich, als sie eine zusammengerollte Karte herauszog. Sie löste auch ihre zweite Hand von ihren Zügeln, um den Papierfetzen auseinander rollen zu können und einen Blick darauf zu erhalten, was darauf geschrieben stand. Interessiert lenkte James sein eigenes Pferd ein Stück näher an sie heran, sodass er über ihre Schulter hinweg die Linien erkennen konnte, die darauf gezeichnet waren.

Als sie seinen Blick bemerkte, reichte sie ihm die Karte von selbst herüber, sodass auch er sehen konnte, worum es ging. Soweit er es deuten konnte, war darauf die Berglandschaft eingezeichnet, die sie gerade durchquerten und an einer Stelle, nördlich von ihrem momentanen Aufenthaltsort, war mit roter Tinte ein Kreuz eingezeichnet.
„Das ist nicht das, was ich denke, was es ist, oder?", fragte er und sah zu ihr herüber.
„Was denkst du denn, was das ist?", erwiderte sie, als wollte sie ihn absichtlich auf die Folter spannen.
„Eine Karte, die uns zu einem Dschinn führt", teilte er ihr seine Gedanken mit und reichte ihr das Stück Papier wieder.
„Dann ist es das, was du denkst", bestätigte sie und senkte ihren Blick auf die rot markierte Stelle. Soweit sie es erkennen konnte, befand es sich genau am Ende eines Wasserfalles hinter dem Berg, der sich vor ihnen erstreckte.

„Und woher hast du diese Karte?", fragte er weiter, da sie ihm darüber nichts gesagt hatte und er auch nicht mitbekommen hatte, dass sie mit hilfe eines Zaubers nach einem Dschinn gesucht oder Bücher nach Informationen durchsucht hatte.
„Kurz vor unserer Abreise hat Alaric sie mir überreicht", sagte sie und machte sich daran die Karte wieder zusammen zu rollen, um sie sicher in ihrer Tasche zu verstauen und damit nicht zu riskieren, dass sie verloren gehen könnte: "Ich wusste vorher auch nichts davon, aber er scheint in Büchern etwas darüber gefunden zu haben. Laut ihm befindet sich dort ein sehr alter und demnach mächtiger Dschinn, der imstande sein dazu sein sollte unsere Verbindung aufzulösen. Allerdings soll er nicht gefangen sein und deshalb kann es sein, dass es nicht so einfach wird."

James erinnerte sich noch deutlich an den Moment, in dem er den Krug geöffnet und seinen Wunsch ausgesprochen hatte. Den Wunsch hatte er nur gehabt, weil er den Dschinn befreit hatte und für einen Weiteren wäre es nötig gewesen ihn zu bekämpfen. Wenn der, von dem Yennefer sprach, frei war, würde es demnach bestimmt nicht so leicht sein ihm einen Wunsch zu entlocken.

„Du meinst also, dass wir mit ihm kämpfen müssen, damit er das tut, was wir von ihm wollen?", sprach er seine Gedanken laut aus.
„Ja, ich denke, dass wir davon ausgehen sollten", nickte sie: "Darüber habe ich mir aber bereits Gedanken gemacht. Da ich meine Kräfte nun wieder völlig zurück habe, sollte es mir möglich sein ihn zumindest für einige Momente bewegungsunfähig zu sein. Allerdings kann es sein, dass er mich anzugreifen versucht, während ich den Zauber vorbereite. Deshalb bräuchte ich deine Hilfe um aufzupassen, dass mir nichts passiert, denn der Zauber erfordert all meine Konzentration, weshalb ich mich dieses Mal vielleicht nicht selbst beschützen kann. Zumal der Dschinn sicher nicht schwach ist und deshalb schwer zu halten sein dürfte."
„Du kannst dich auf mich verlassen", versprach er ihr ohne zu zögern. Ihm war klar, dass sie ihn früher weder darum gebeten, noch es zugelassen hätte, falls er es selbst vorschlug, doch mittlerweile hatte sich ihre Einstellung zu ihm genauso verändert, wie seine in Bezug auf sie. Außerdem wollte er nicht, dass ihr etwas passierte. Zu wichtig war sie ihm geworden.

Kingdom of DespairWhere stories live. Discover now