Als das F streikte

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Letzten Freitag war's soweit,
das F, empört, trat in den Streik.
„Ich armes F, ich acker' schwer,
tagein, tagaus, es ist nicht fair!
Ganz ernsthaft, ich bin immer da,
für Mensch und Sprache, ist ja klar!
Der Fächer fächelt frische Luft,
ihr seht, das F braucht man sehr oft.
Und dürft ihr es nicht mehr verwenden,
könnt ihr die Wörter nicht vollenden!
Doch euer Dank ist unsichtbar,
nur mein Burnout, das wird bald wahr!
Nun denn, so hört mir jetzt gut zu,
ich kämpfe für mein Recht und Ruh'!
Ich stell' mich quer und protestiere,
ich lehn' mich auf und rebelliere!"

Das F ist einfach fortgegangen, -
Probleme haben angefangen ...

Der Musiker kann nicht mehr flöten,
es bleibt ihm nur noch banges Löten.
Ein Luftballon, bereit zu fliegen,
bleibt still und stumm am Boden liegen.
Und frisch im Wind gehisste Fahnen
können Wind und Luft nur ahnen.
Der Zimmermann sucht seine Feile,
und sucht sie immer noch in Eile.
Ein Dieb bei einem Überfall
verliert die Beute überall.
Eine wunderschöne, schicke Frau
fühlt sich nur noch grob und rau.
Und Schnee in weißen, großen Flocken
schmilzt ganz sacht auf blonden Locken.
Das F, so unerbittlich und präzise,
macht flugs aus einer Fliese Liese.
Es schnappt sich dann das „f" bei „fast",
sägt ab wortwörtlich seinen Ast.
Und ruft dann laut im freien Fall:
„Mein F ist wirklich überall!"

Die Wut zu guter letzt verschwunden,
war neue Triebkraft bald gefunden.
Man braucht das F, das ist doch klar,
gebraucht zu werden - wunderbar!"

Sechsundzwanzig treue Freunde
feierten mit Lebensfreude,
und das F, man glaubt es kaum,
hielt sich wieder nicht im Zaum,
schnappte sich das F von „Fliege",
... und schlief zufrieden auf der Liege.


September 2020

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