Ninety-one

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Am Freitag in der Schule war Milan ein einziges Nervenbündel, auch wenn er es gut zu vertuschen versuchte. Dass Ana sich offenbar ein paar Videos von Micheal Hall im Ring angesehen hatte und sie nun versuchte Milan klar zu machen, was ihn erwartet, machte es nicht gerade besser.

"Und dann hat er den Typen einfach in der dritten Runde mit nur einem Haken k.o. geschlagen und gewonnen. Ich will zwar dass du gewinnst, aber ich muss zugeben, dieser Hall ist echt gut. Hast du schon gehört, dass er kurz vor einem Vertrag mit Platin Ropes -"

"Ana!", unterbrach ich sie mahnend als ich erkannte, wie Milans Augen immer größer wurden. "Iss dein Sandwich und hör jetzt bitte auf, ihn noch nervöser zu machen als er eh schon ist!"

Milans Bein wippte unter dem Tisch auf und ab und beruhigend legte ich eine Hand auf sein Knie. Dass auch ich wahnsinnig muffensausen hatte verbarg ich recht gut. Sein Braun traf auf mich. "Platin Ropes?", wiederholte er geschockt und anhand seiner Reaktion konnte ich ahnen, dass er von dem Boxstall schon etwas gehört hatte.

"Ja, die finden ihn mega", brabbelte Ana mit vollem Mund. "Angeblich wollen sie nach diesem Fight entscheiden, ob er einen Vertrag bekommt oder nicht." Ich strafte sie mit einem mahnenden Blick, weshalb sie nur die Augen verdrehte und erneut einen Bissen ihres Mittagessens nahm.

Beruhigend sah ich meinen Freund an, welcher nun wirklich aussah wie ein Reh, das vor ein Auto gelaufen war. Er fuhr verzweifelt durch seine weichen Haare und atmete tief durch, ehe er sich zu einem Lächeln zwang. "Dann blamiere ich mich also nicht nur vor meinen Freunden, meiner Freudin und ihrem Dad, sondern auch noch gleich vor Vertretern des bekanntesten Boxstalls überhaupt." Fast schon hysterisch lachte er auf und ich machte mir wirklich Sorgen.

Energisch schüttelte ich den Kopf, nahm sein blasses Gesicht in meine Hände und sah ihm tief in die Augen. "Du wirst dich nicht blamieren, Milan!", sagte ich fest und legte all meine Überzeugung in meinen Blick. "Selbst wenn du den Fight verlieren solltest - was ich nicht glaube - dann wird dir das keiner vorwerfen. Gib einfach dein Bestes." Aufmunternd lächelnd küsste ich kurz seine Wange und klaute mir dann eine Pommes von seinem Teller. "Und jetzt hör auf darüber nachzudenken und konzentriere dich lieber auf den Test, den du gleich schreibst."

Ein tiefes Seufzen entfloh seiner Kehle und er fuhr sich über sein Gesicht. "Den vergeig ich sowieso, Spanisch ist nicht mein Ding." Er verdrehte die Augen und schob sich dann ebenfalls eine Pommes zwischen seine Lippen.

"Oh ja, ich versteh dich. Ich kann nur einen spanischen Satz", meinte Ana und wischte sich etwas Mayo von ihrem Mundwinkel.

Ich zog meine Augenbraue nach oben. "Und der wäre?"

"No habla Espańol."

Stolz grinste sie, während ich nur ein spöttisches Grinsen für sie übrig hatte. "Das heißt hablo Ana."

Milan lachte die Russin aus, deren Grinsen zerfiel und sich in eine beleidigte Miene verwandelte. "Ach Klappe zu", brummte sie, stimmte jedoch wenig später in unser Gelächter mit ein.

Es waren einige Minuten vergangen, bis mein Handy klingelte und ich stirnrunzelnd den Anruf annahm. "Hallo?"

"Ella?", fragte eine panische Frauenstimme, die ich nach einer Sekunde Überlegung zuordnen konnte.

"Irene?" Verwirrt runzelte ich die Stirn und auch Milans und Anas Blick strahlte Verwunderung aus. "Was ist passiert? Ist etwas mit Dad?" Verschiedene Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab, eines schlimmer als das andere und langsam bahnte sich die Angst ihren Weg an die Oberfläche und als Irene nicht sofort antwortete wurde ich panisch. "Irene was ist los?!"

Grand Mal - Break your chainsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt