Thirty-five

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Es regnete noch immer. Das war das erste was mir auf fiel, als ich am nächsten Morgen meine Augen öffnete und ein kleiner Wassertropfen auf meine Stirn stürzte. Das schwache Sonnenlicht von draußen drang auch in unser Zelt und sorgte dafür, dass ich meine Umgebung wieder erkennen konnte. Leise grummelnd drehte und streckte ich mich ein wenig, mein Rücken schmerzte von den zwei Nächten auf dem harten Boden.

"Guten Morgen Ella", ertönte eine müde Stimme direkt neben mir und ich drehte meinen Kopf zu Milan, der aussah als hätte er gerade eine Apokalypse überlebt. Seine Haare standen in alle Richtungen ab und sein Gesicht wirkte wie ein zerknittertes Bettlaken. Da ich aber bezweifelte besser auszusehen, verkniff ich mir einen Kommentar dazu.

"Na ob der so gut ist?", zweifelte ich und streckte erneut meine Arme in die Luft um die Rückenschmerzen loszuwerden. Mit gerümpfter Nase sah ich nach oben und zuckte dann mit den Schultern. "Aber wenigstens war das Zelt dicht."

"Noch", brummelte er mit rauer Stimme. "Aber trotzdem glaube ich, dass wir gehen sollten. Bei diesem Wetter kann man hier draußen sowieso nichts machen und ich bezweifle ehrlich gesagt, dass das Zelt den Regen noch lange aufhält."

Nickend stimmte ich ihm zu und krabbelte dann in Richtung Zelteingang, um zu Ana und Daniel zu gehen. Dann hätte ich auch wenigstens gleich meine morgendliche Dusche erledigt.

"Was machst du?", hielt mich Milans Stimme auf.

"Ana und Daniel Bescheid sagen, dass wir verschwinden sollten."

"Bleib hier im Trockenen, ich gehe schnell rüber", meinte er bloß und noch bevor ich protestieren konnte war er schon aus dem Zelt geschlüpft.

Während Milan also Ana und Daniel Bescheid gab, packte ich schon einmal unsere Schlafsäcke ein.

Beziehungsweise versuchte ich es, allerdings war es ein erbitterter Kampf und es sah so aus, als würde der Schlafsack gewinnen. Durch die schwüle Luft, die in dem Zelt herrschte, kam ich schnell ins schwitzen und fluchend versuchte ich, dieses Ding in den unglaublich kleinen Beutel zu quetschen. Ich war so vertieft in diesen Kampf, dass ich erschrocken zusammen zuckte und herum wirbelte, als der Reißverschluss des Zeltes aufgezogen wurde

"Keine Sorge, ich bin's nur. Kein Eichhörnchen." Grinsend trat Milan ein, sein hellgrauer Pulli war nun dunkel vom Regen und seine schwarzen Haare glänzten feucht.

Schmunzelnd verdrehte ich die Augen und warf ihm dann seinen schon eingepackten Schlafsack zu, den er überrascht auffing.

Kritisch musterte er das, zugegeben, nicht ganz so schön gepackte Bündel. "Schlafsäcke einpacken ist nicht so deine Stärke, hm?"

"Ich habe dabei Blut, Schweiß und eine Menge Tränen verloren-", rief ich empört und deutete anklagend auf den dunkelblauen Beutel, "-wäre ein Danke echt zu viel verlangt?!" Gespielt beleidigt verschränkte ich die Arme vor der Brust.

"Okay, tut mir leid." Abwehrend hob Milan seine Hände und bemühte sich nicht zu grinsen. Es gelang ihm nicht so ganz. "Danke, dass du meinen Schlafsack so wunderbar verpackt hast. Das war echt lieb von dir."

"Eine Spur weniger Sarkasmus wäre nett", grummelte ich und schaffte es endlich, auch die Schlaufe meines Beutels zu schließen.

Milan zwinkerte mir nur grinsend zu und machte sich daran, seine Kleidung in seinen Rucksack zu packen und ich tat es ihm mit meinen Sachen nach. Als ich alles fertig gepackt hatte schulterte ich meinen und sah zu Milan, der noch immer vor seinem offenen Rucksack kniete und dessen Blick abwartend auf mir lag.

Verwirrt runzelte ich die Stirn. "Was ist?"

"Du trägst noch meinen Hoodie."

Ich sah an mir herab und er hatte Recht. Also natürlich hatte er Recht, er würde ja wohl seinen Pulli erkennen, aber irgendwie hatte ich komplett vergessen, dass ich ihn an hatte. Gerade als ich ihn über mein Kopf ziehen wollte und mich mit dem Gedanken abfand, das warme, gut riechende Stück Stoff wieder seinem Besitzer zurückgeben zu müssen, fragte ich mich ohne es wirklich zu wollen wie es wäre, wenn ich auch zu Hause darin einschlafen würde.

Grand Mal - Break your chainsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt