Zwei Tage

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„Wir sind da." Sagt Noah und hält vor einem roten Backsteinhaus.
„Alles wird gut gehen, Elena." Ich schaue noch einmal zu Noah und dann zurück zum Haus.
„Auf in die neue Zukunft." Sage ich, öffne die Autotür um sie hinter mir wieder zu zuschlagen. Ich habe das Gefühl die Welt dreht sich in Zeitlupe weiter während ich zur Haustür laufe, ich bin aufgeregt auf das was auf mich zu kommt, aber noch mehr bin ich darauf gespannt endlich beim Krankenhaus anzurufen und endlich zu wissen was mit Vater ist. Ich klingle und hole noch einmal kräftig Luft, bevor die Tür aufgemacht wird und mich ein Mann im mittleren Alter anguckt.
„Hallo, wohnen hier Johannes und Mila White?" Frage ich den Mann und sehe das hinter ihm eine Frau in den Flur tritt.
„Ja das ist richtig." Sagt der Mann streng und schaut hinter mich, wo wahrscheinlich Noah steht und sein Gesicht verändert sich.
„Ich bin Elena White, eure Neffin." Sage ich ernst und von der Frau kommt ein kleines nein über die Lippen.
„Kommt rein, los schnell." Sagt die Frau, die wie ich vermute Mila ist.
„Was ist passiert Noah?" Fragt der Mann, während wir ins Haus treten und mich die Frau freundlich zu lächelt und mir zeig das ich ihr folgen soll.
„Leon wurde mehrfach angeschossen, wir wissen momentan nichts über seinen Zustand. Aber er hat Elena die Akte Veilchen gegeben, die uns zu euch und das Projekt führt." Sagt Noah als Kurzfassung und ich bin froh das er es sagt und nicht ich.
„Elena, was weißt du über das Projekt?" Fragt mich Mila und ich schaue kurz zu Noah und dann zurück.
„Nicht sehr viel, aber ich denke das wichtigste." Antworte ich ihr ehrlich, woraufhin sie nickt.
„Ob es wirklich gut war, das du hier her kommen sollst?" Fragt Johannes mehr zu sich selbst, als zu uns.
„Wir haben ihm versprochen für den Notfall da zu sein und nun ist der Notfall eingetroffen, wir müssen unser Wort halten Johannes." Ermahnt Mila Johannes, der nickt grimmig und schaut dann zu Noah.
„Wie geht es dir?" Fragt er ihn und ich fühle mich auf einmal nicht wohl in meiner Haut, ich weiß genau das ich nicht hier her gehöre. Die Leute kennen sich hier schon alle und nun bin ich die Fremde, die jetzt Ärger mit ins Haus bringt.
„Es wird Zeit für eine Auffrischung." Sagt Noah und Johannes nickt.
„Dann machen wir uns am besten auf den Weg zum Hauptquartier." Ich schaue zu Mila.
„Kann ich vorher das Krankenhaus anrufen, bitte?" Frage ich sie und Mila lacht leicht auf.
„Schätzen du darfst machen was du willst, du bist jetzt der Chef." Sagt sie lachend und mein Blut gefriert in meinen Adern, will ich das wirklich sein?

Das Telefon klingelt nicht lange auf der anderen Seite und schnell eine Schwester von dem Krankenhaus, wo mein Vater liegt ran.
„Hallo hier ist Elena White, ich wollte wissen wie es meinen Vater geht." Sage ich in den Hörer und sehe wie Mila den Raum betritt, ich lächle sie freundlich an.
„Es tut mir leid, aber ich muss Ihnen leider mitteilen das ihr Vater vor zwei Tagen verstorben ist." Mir wird schwindlig, warm und kalt gleichzeitig und jede Kraft verlässt meinen Körper, ich lasse das Telefon fallen. Mila reagiert sofort und nimmt das Haustelefon in die Hand und beginnt mit der Schwester zu reden. Doch ich höre nichts, ich gehe zur Tür die in ihren Garten führt und versuche verzweifelt nach Luft zu schnappen. Zwei Tage. Zwei verfluchte Tage in denen mein Dad schon lange tot war und ich gehofft habe er wäre noch am leben. Ich schreie. Ich schreie so laut ich kann und hoffe das Vater es hört. Ich verstehe diese Welt nicht, warum nimmt er mir alle weg die ich liebe. Meine einzige Familie, nun bin ich alleine. Ich bin alleine.
Weil du noch jemanden hast für den es sich lohnt zu leben. Hatte Noah zu mir gesagt. Nun habe ich niemanden mehr. Ich muss auf niemanden mehr aufpassen, mich um keinen Menschen mehr kümmern. Ich bin alleine, in einer Welt wo keiner alleine sein sollte. Ich bin wie betäubt, als ich Noahs stimme höre. Ich habe keine einzige Träne verloren, ich will nicht weinen. Ich will nicht zeigen wie sehr ich mein Leben momentan hasse und wie sehr mich das mit nimmt.
„Elena." Noah umarmt mich von hinten und drückt mich an sich.
„Lass gut sein." Sage ich und bin verwundert wie stark meine Stimme klingt, obwohl ich innerlich zittere.
„Es tut mir leid." Sagt er und ich befreie mich aus seiner Umarmung und drehe mich zu ihm, wo er nur einen kalten Blick einfängt.
„Mir auch." Sage ich nur und laufe zurück zum Haus, ich muss nun zu dem werden was ich schon immer sein wollte. Zu einem gefühlslosen Menschen und ohne jeglichen Gedanken an meine Vergangenheit, aber erst nachdem ich meinen Vater begraben habe.
„Elena, es tut mir leid. Die Schwester hat mir Auskunft gegeben." Mila fängt mich im Wohnzimmer ab und ich höre ihr zu.
„Dein Vater wird nach Amerika überführt, wo er neben deiner Mutter begraben wird. In einer Woche ist dann die Beerdigung." Sagt Mila und ich nicke.
„Ich werde hin fliegen, aber erst einmal will ich mich darum kümmern das Projekt kennenzulernen." Sage ich zu Mila und sie scheint überrascht zu sein über meine feste Stimme.
„Dann los." Nimmt Johannes das Wort in den Mund und ich nicke.
„Wir fahren euch hinter her." Sagt Noah hinter mir, ich würdige ihm keinen Blick während den Weg zum Auto nicht und auch nicht im Auto. Ich wüsste genau das ich schwach werden würde, wenn ich auch nur einen Blick wage in seine grünen Augen. Und ich darf jetzt keine Schwäche zeigen, wenn ich dem Team gegenüber stehe. Sei eine Bitch. Rede ich mir immer wieder ein, ich muss mir den Respekt aufbauen und das kann ich nur wenn ich streng bin und keine Gefühle zeigen.

Jeder kennt glaube das Gefühl wenn man jemanden wichtiges verloren hat, oder?
So verletzlich, so allein gelassen und so voller Fragen...
Eure Soli 💕

Fallen - wenn die Lügen dich ertrinkenWhere stories live. Discover now