Kapitel 42

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Ein paar Tage später befand ich mich auf dem Weg nach Newcastle upon Tyne, dort wo Joan und George lebten. Es war das erste mal, dass ich sie seit Cheryls Tod besuchte. Ihr Erbe, das frühere Haus von Cheryl hatten sie umgebaut und als Hotel diente es nun der Öffentlichkeit. Ich drückte weiter auf Gaspedal. Noch etwa eine Stunde dann würde ich Cheryls Heimatort erreichen.

Es war eine sehr spontane Entscheidung gewesen, die ich gestern getroffen hatte. Der Besuch bei Liams Eltern lag einige Tage zurück und ich hatte gemerkt, dass Bear seine Großeltern, beiderseits, fehlte. Ich wollte nicht Schuld daran sein, dass ich ihnen ihren Enkel vorenthalten würde. Denn das tat ich nicht!

Schnell war ich Feuer und Flamme gewesen und hatte bei Cheryls Eltern angerufen. Die beiden hatten sich wahnsinnig gefreut und versprachen, mir das Gästezimmer vorzubereiten.

Ich freute mich auf das Wiedersehen. Joan und George waren so viel für mich. Sie waren meine Familie, als ich keine hatte. Als meine Familie sich gegen mich gestellt hatte. Sie waren mein Zuhause.

Bear selbst hatte ich von dem Besuch bei seinen Großeltern nichts verraten. es sollte eine Überraschung für ihn werden. Ich wusste, dass er sich riesig freuen würde. Wir waren früh gefahren, sodass wir pünktlich zum Mittagessen in Newcastle ankommen würden.

Leise dudelten die aktuellen Charts aus dem Radio. Bear schlief tief und fest in seinem Kindersitz auf der Rückbank. Ich ließ das Fenster ein Stück herunterfahren, damit etwas frische Luft hinein kam. Tief atmete ich die warme Luft des Spätsommers ein und stieß sie wieder aus.

Die restliche Fahrt verging wie im Flug, sodass ich das Auto am Straßenrand vor dem Elternhaus von Cheryl parkte. Es war eines der letzten Häuser der Straßen, mit einem großen Garten, etwas außerhalb von der Innenstadt. Es gab eine Menge Grün drum herum. Felder, Wälder und sogar einen Fluss, den Tyne. Hier konnte man seine Zeit schon verbringen. Man war eins mit der Natur. etwas, das mir in London bzw. in Huntersfield manchmal fehlte. Deswegen war Brighton Cheryls und mein Rückzugsort, da er sie an Newcastle erinnerte.

Ich schnallte Bear ab und ließ ihn sich umschauen. Seine dunkelbraunen Knopfaugen strahlten, als er die Umgebung erkannte. "Oma?" Fragend sah er mich an, sodass ich nickte. "Komm, wir klingeln!" Ich reichte Cheryls Sohn die Hand, die er mit einem Quietschen annahm. Fest krallten sich seine Finger in meine Haut. Ich unterdrückte einen Schmerzensschrei.

Langsam durchliefen wir den Vorgarten, der wie auch bei unserem letzten Besuch gepflegt wirkte. Der rasen war frisch gemäht, die verschiedenen Blumen und Sträucher blühten um die Wette. An der Haustür angekommen, hob ich Bear nach oben, damit seine kleinen Finger die Klingel drücken konnte. Ein melodisches Läuten erklang im Inneren und Schritte folgten, dann öffnete sich mit einem Klacken die Haustüre. George stand vor uns. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, als er seinen Enkel und mich erkannte. Er schloss uns beide in eine Umarmung und bat uns herein.

Wir folgten ihm in den Garten, wo Joan sich gerade die Gartenhandschuhe abstreift, um uns zu begrüßen. Zuerst begrüßte sie ihren Enkelsohn, wobei sie feststellte, dass er gewachsen war. Anschließend zog sie mich in eine feste Umarmung. "Geht es dir gut?" Musternd sah sie mich an. "Es wird besser!", erklärte ich und sah sie nun selber besorgt an. "Wie geht es euch?" Joan zuckte mit den Achseln. "Es ist schwer, ohne Cheryl weiter zu leben, aber das Leben muss weitergehen!" Sie legte mir sanft einen Arm über die Schulter und drückte mich an sich.

"Mögt ihr etwas Warmes essen? Oder lieber schon Kuchen?" Wir gingen in Richtung der Terrasse aus dunklen Naturstein, die von unzähligen glasierten Pflanzkübel umgeben war. "Ich würde ein Stück Kuchen nehmen!" Das ließ Joan leise lachen. Sie kannte meine heimliche Liebe zu süßen Leckereien. Das Schokocroissant, was mir Liams Dad mitgebracht hatte, war zuhause rasch in meinem Magen verschwunden.

Joan und ich deckten den nachmittäglichen Tisch , während sich George um Bear kümmerte. Ich schnitt den gedeckten Apfelkuchen auf, Joan betätigte die Kaffeemaschine, die sich leise grummelnd an die Arbeit machte.

Einige Minuten später saßen wir zu dritt auf der Terrasse und genossen Joans fantastischen Apfelkuchen. Bear saß auf einer dünnen Decke auf der Terrasse und spielte mit seinen mitgebrachten Spielzeugautos, die er erst vor einigen Wochen von Liams geschenkt bekommen hatte. "Warst du schon bei-...?" George sah mich vielsagend an. Ich schüttelte stumm den Kopf. "Ich wollte gleich, könnt ihr auf Bear aufpassen?" - "Klar, das machen wir gerne!"

Direkt nach dem Essen zog ich zu Fuß los. Der Friedhof, auf dem Cheryl begraben war, lag etwa fünfzehn Minuten von ihrem Elternhaus entfernt. Ich wollte den kurzen Fußweg nutzen, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Bis plötzlich mein iPhone zu läuten begann. "Wo bist du?" Liams Stimme besaß einen leicht panischen Touch, als ich seinen Anruf abnahm. "Liam?", hakte ich zögerlich nach. "Ja! Wo bist du?" - "Bei Joan und George. Wieso? Ist etwas passiert?" - "Bei Jo-...an?" Liam schien verwirrt. "Ja, ich bin gerade auf dem Weg zum Friedhof!"

"Warum hast du nichts gesagt, als wir gestern telefoniert haben?" Seine Stimme beruhigte sich merklich. "Es war sehr spontan!", gestand ich ihm. "Bist du alleine? Wo ist Bear?" - "Joan und George wollen ein wenig Oma und Opa spielen. Ich bin alleine unterwegs."

Liam lachte leise. "Ich habe Angst!", flüsterte ich leise und sein lachen endete abrupt. "Du brauchst keine Angst haben!", versuchte Liam mich zu trösten. "Soll...soll ich bei dir bleiben?", fügte er leise hinzu. Froh über sein Angebot, nahm ich es an. Mit seiner Stimme in meinem Ohr kam ich dem Friedhof an der kleinen Kapelle näher. Dank Joans Beschreibung wusste ich ungefähr, wo Cheryls Grab lag. Es war abseits unter einer großen Kastanie, die vermutlich 100 Jahre oder sogar älter war. Unzählige heruntergefallene Kastanien lagen auf dem gekiesten Weg zwischen den einzelnen Gräben.

Viel zu früh von uns gegangen.

Ein Engel wacht über uns.

Diese zwei Zeilen waren in einen anthrazitfarbenen Grabstein eingelassen, darunter standen ihre Daten ihrer Geburt und dem Tod. Zwei Blumenkränze, mehrere Vasen mit bunten Sträußen und ein, zwei leicht flackernde Kerzen teilten sich das Grab.

Tränen standen mir in den Augen, als ich mich vor dem Grab hin hockte. "Stella, bist du noch da?" Liams Stimme riss mich aus der Trance. "Ja!", krächzte ich leise. 

 

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Changes - Liam Payne FanFictionWhere stories live. Discover now