24 Josie

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Ein lautes Klirren riss mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf.
Erschrocken setzte ich mich im Bett auf und lauschte in die Dunkelheit. Als ich Lukas gedämpftes Fluchen wahrnahm, schwang ich die Beine aus dem Bett und stand eilig auf.
Im Flur brannte Licht.
„Fuck", hörte ich ihn erneut ausstoßen und gleich darauf ertönte ein dumpfes Geräusch.
Lukas kniete auf dem Boden und sammelte mit fahrigen Bewegungen Glasscherben vom Boden auf, während hellrotes Blut auf den Boden tropfte.
„Lukas!"
Schockiert stürzte ich auf ihn zu. Meine Berührung an seiner Schulter ließ ihn zusammenzucken und er hob den Kopf, als würde er mich gerade erst bemerken.
Seine Lippe war aufgeplatzt und blutete leicht und um sein linkes Auge verfärbte sich die Haut blau.
„Was ist passiert?!", fragte ich entsetzt, während ich vorsichtig seine Hand hochnahm, von der das Blut auf den Küchenboden tropfte.
Er roch nach Alkohol.
„Nichts." Lukas sah mich nicht an, sondern starrte auf die Scherben.
„Komm", murmelte ich sanft und zog ihn mit mir hoch, als ich aufstand. „Wir müssen deine Hand versorgen."
Er nickte mechanisch und ließ sich von mir ins Bad führen. „Du musst mir nicht helfen", nuschelte er.
Ich bugsierte ihn auf den Deckel der Toilette und nahm das Erste-Hilfe-Set aus dem Spiegelschrank.
„Das wird ein bisschen weh tun, okay?"
Ich zeigte ihm das Desinfektionsmittel in meiner Hand.
Lukas sah mich an und nickte langsam.
Ich reinigte und desinfizierte seine Hand so schnell und gründlich wie möglich. Lukas sah mich an und versuchte, angestrengt kein Geräusch zu verursachen, auch wenn ich ihm ansehen konnte, dass es höllisch brannte. Dasselbe machte ich auch an seiner Lippe. Er zuckte zusammen, als ich mit einem feuchten Tuch sein Gesicht berührte und sah mich hilflos an.
„Tut mir leid. Wir müssen das saubermachen. Sonst entzündet sich das noch."
Als ich endlich fertig war, nahm ich einen Verband aus dem Kasten und verband seine Hand.
„Danke", murmelte er leise und stützte sich mühsam auf.
Er schwankte leicht und hielt sich an meinen Schultern fest.
„Nicht dafür."
Ich betrachtete sein blutverschmiertes T-Shirt. „Zieh das T-Shirt aus. Ich hole dir ..."
„Kannst du nicht genug von meinem Körper bekommen?", fragte er schelmisch grinsend und zog unbeholfen am Saum des Shirts. „Träum weiter", antwortete ich leise lachend. „Bleib hier, ich hol dir ein neues T-Shirt."
An der Tür drehte ich mich kurz zu ihm um. „Du bekommst das hin, oder?"
Er hielt mitten in der Bewegung inne und sah mich hilfesuchend an.
„Ich glaube nicht", nuschelte er schließlich, das T-Shirt halb über seinen Oberkörper gezogen. „Hilf mir."
„Einen Moment", antwortete ich, schlüpfte durch die Tür und lief in sein Zimmer. Als ich den Kleiderschrank öffnete, stellte ich erstaunt fest, dass alle seine Sachen ordentlich aufgereiht auf Bügeln hingen, was es mir vereinfachte einfach ein T-Shirt herauszuziehen.
Ohne darüber nachzudenken hielt ich den weichen Stoff in mein Gesicht und sog den Duft auf, ehe ich zurück ins Badezimmer lief.
Lukas hatte sich auf den Rand der Badewanne gesetzt und kämpfte immer noch damit sein T-Shirt über den Kopf zu ziehen und gleichzeitig das Gleichgewicht zu halten.
Ich legte das frische Shirt über den Badewannenrand und half ihm, sich aus dem alten zu befreien.
Sein Rücken war von Narben geziert und mit blauen Flecken übersät, die von der Prügelei zu kommen schienen.
Doch die Narben, die waren alt und verblassten.
„Lukas", begann ich vorsichtig. Er schüttelte den Kopf, so als ob er wüsste, worauf ich hinauswollte.
Er streckte seine Hände nach mir aus und zog mich an den Hüften näher an sich, sodass ich schließlich zwischen seinen Beinen stand.
„Schläfst du immer so?", fragte er mit rauer Stimme, während seine Hände langsam über meine Hüften und meine nackten Oberschenkel wanderten.
Erst jetzt wurde mir klar, dass ich bloß ein T-Shirt und einen Slip trug.
Erschrocken versuchte, ich, mich aus seinem Griff zu befreien.
„Nein." Er sah mich mit leicht geöffneten Lippen an und strich weiter über meine nackte Haut. „Geh nicht."
„Dann lass uns in die Küche gehen", sagte ich. „Ich räume die Scherben weg und gebe dir ein Kühlkissen. Du musst deine Hand kühlen."
„Du musst dir Schuhe anziehen", sagte er langsam, während er mich von oben bis unten musterte. „Da sind Scherben."
„Ich weiß."
„Das ist meine Schuld ... Ich wollte nicht, dass was runterfällt."
„Ich weiß, dass du das nicht wolltest." Ich strich sanft über seine Wange und lächelte aufmunternd. „Komm, ich mache das weg und dann gehen wir ins Bett."
„Zusammen?", fragte er nuschelnd, während er aufstand.
Ich lachte leise und schlüpfte im Flur in meine Sandalen. In der Küche setzte Lukas sich an den Küchentisch und ich reichte ihm ein Kühlkissen und ein Glas Wasser, während ich mich vorsichtig auf den Boden hockte und begann die Scherben aufzukehren und die Bluttropfen aufzuwischen.
„Tut mir so leid", murmelte er.
„Ist nicht schlimm", antwortete ich.
Die Scherben schüttete ich in den Müll und wandte mich schließlich zu ihm um. „Komm, du gehst jetzt schlafen. Morgen, wenn du nüchtern bist, kannst du mir erklären, was passiert ist."
Er stand langsam auf, stütze sich am Tisch ab und nickte. „Ich bin müde", flüsterte er schließlich. „Einfach müde."
Ein seltsames Gefühl beschlich mich, als ich ihm nachsah, wie er langsam zu seinem Zimmer wankte.
An der Tür drehte er sich zu mir um. „Kommst du?"
„Wohin?", fragte ich verwirrt. „Du hast gesagt, wir gehen ins Bett."
Ich schaltete das Licht aus und folgte ihm in den Flur.
Ich stand in seiner Zimmertür und beobachtete, wie er sich mühsam auf sein Bett setzte und versuchte, seine Jeans und sein T-Shirt auszuziehen. Ich atmete tief durch, dann betrat ich sein Zimmer und half ihm zum zweiten Mal heute Nacht aus seinem T-Shirt heraus.
Die Jeans hatte er bereits aufgeknöpft. Er hob die Hüften an und unterstütze mich dabei sie auszuziehen, ehe er sich zufrieden in seine Bettdecke kuschelte.
„Gute Nacht, Lukas", sagte ich leise und drehte mich um.
„Wo gehst du hin?"
„In mein Bett?"
„Bleib hier ..."
Wie angewurzelt blieb ich stehen und drehte mich erst ein paar Sekunden später zu ihm um.
Er sah mich mit flehendem Blick an. „Bitte."

Verlieb dich nichtWhere stories live. Discover now