33 Josie

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Was war gestern passiert?
Ich saß auf dem Balkon, trank Kaffee, rauchte und die einzige Frage, die in meinem Kopf herumgeisterte, war, was passiert war, nachdem ich mit Ellie das Badezimmer verlassen hatte.
Bis zu diesem Teil des Abends konnte ich mich relativ gut erinnern, was ich gemacht hatte, doch alles, was danach passiert war, schien aus meinem Kopf gelöscht worden zu sein.
Ich fragte mich, wie ich nach Hause gekommen war.
Durch seine Schuhe im Flur wusste ich, dass Lukas Zuhause sein musste.
Scheinbar hatte er die Nacht doch nicht mit dem blonden Mädchen verbracht. „Ausgeschlafen?"
Lukas trat auf den Balkon und musterte mich fragend.
Ich nickte stumm.
Jede Bewegung hämmerte in meinem Kopf nach.
Ich hatte bereits mehrere Ibuprofen genommen, doch die Kopfschmerzen ließen einfach nicht nach.
„Und wie schlimm ist der Kater?", fragte er dann und lachte leise.
„Sehr schlimm", antwortete ich leicht benommen. „Wie viel habe ich getrunken?"
„Viel zu viel", erwiderte er mit belegter Stimme.
Er zündete sich eine Zigarette an und musterte mich dann prüfend.
„Was ist?", fragte ich.
„Ich schätze wir sollten reden", antwortete er. 
Verwirrt sah ich ihn an. „Worüber?"
„Gestern Abend?", antwortete er, als wäre das selbstverständlich.
Ich kniff die Augen zusammen und musterte ihn. „Und was war gestern Abend?"
Lukas riss die Augen auf und sah mich entsetzt an. „Du erinnerst dich nicht?"
„Ich habe dich den ganzen Abend doch kaum gesehen", entgegnete ich. „Woran soll ich mich erinnern?"
„Fuck", stieß er aus. „Erinnerst du dich wirklich nicht?"
„Nein! Woran denn?"
„Dann werden wir in zwei Minuten ein ernsthaftes Problem bekommen ..."
Er deutete über die Balkonbrüstung und ich sah nach unten.
Jan parkte gerade sein Auto vor dem Haus und stürmte dann im Laufschritt zur Haustür.
„Was möchte Jan denn hier?", fragte ich verwirrt.
Es klingelte.
Lukas sah mich hilfesuchend an. „Bete, dass er mich nicht umbringt", murmelte er dann, drückte seine Zigarette aus und ging in die Wohnung, um meinem Bruder die Tür zu öffnen.
Verwirrt folgte ich ihm. „Lukas, kannst du mir bitte einfach erklären was los ist?!"
Er öffnete die Wohnungstür.
„Später", murmelte er in meine Richtung. Ich atmete tief durch und suchte fieberhaft in meinen Erinnerungen, ob irgendetwas von gestern Abend auftauchte.
Doch ich konnte mich einfach nicht erinnern.
Jan stürmte in die Wohnung.
Er sah echt wütend aus. „Du kannst dich schon mal bedanken, dass ich dir nicht gleich die Nase breche", rief er wütend zu Lukas.
Was zur Hölle war gestern passiert?!
Lukas sah mit einem Mal ziemlich blass aus.
„Kannst du mir erklären ..." Jan zog sein Handy hervor, suchte etwas und hielt es dann vor Lukas Gesicht. „... Was das hier zu bedeuten hat?!"
„Kannst du aufhören so zu schreien?", fragte ich leise und trat auf Jan zu. „Und mir erklären, warum du um diese Uhrzeit in meine Wohnung gestürmt kommst und so einen Aufriss machst!?"
„Wie lange geht das schon?", fragte er und sah mich verletzt an.
„Wovon sprichst du?"
Er riss das Handy herum und hielt mir den Bildschirm vors Gesicht. „Verkauf mich nicht für dumm, Josie. Wie lange verheimlicht ihr das schon vor mir? Habt ihr direkt angefangen zu vögeln, als Lukas zurück gekommen ist?!"
Ich starrte erschrocken auf das Bild.
Lukas hielt mich im Nacken und am Rücken fest und küsste mich, während ich meine Arme um ihn geschlungen hatte. Oh Shit. Das konnte ja wohl nicht wahr sein.
Hilfesuchend sah ich zu Lukas.
„Du bist mein bester Freund!", rief Jan aufgebracht. „Ich hätte niemals gedacht, dass du meine kleine Schwester ausnutzt! Sie ist nicht irgendeine von deinen Spielzeugen! Du lässt sie verdammt nochmal in Ruhe!"
„Jan – Lukas hat keine Schuld an dieser ganzen Sache!" Ich atmete tief durch. „Ich ... Also weißt du, Max ..."
„Josie." Lukas schüttelte den Kopf. „Es war so", sagte er an Jan gewandt. „Wir wollten eigentlich gerade gehen, da kam Max auf uns zu. Und damit Josie nicht mit ihm sprechen muss, habe ich sie geküsst. Es war nur, damit dieser Vollidiot sieht, dass sie ihm nicht nachtrauert und sie nicht traurig ist, dass er seine Schlampe mit auf die Party gebracht hat."
Jan und ich sahen ihn beide überrascht an. Ich erinnerte mich plötzlich vage daran, dass ich ihn geküsst hatte und nicht er mich.
Lukas log meinen Bruder, seinen besten Freund für mich an.
„Stimmt das?", fragte Jan mich.
„Ich denke schon ..." Ich holte tief Luft und versuchte, mich zu erinnern. Mir schoss das Bild von Lukas und der Blondine durch den Kopf. Katie hieß sie, glaube ich. „Es war nur wegen Max", bekräftigte ich dann.
„Oh", machte Jan. „Ich dachte ... Tut mir leid. Ich habe einfach ..."
„... gedacht, dass ich deine Schwester verarsche", beendete Lukas den Satz.
Er sah gekränkt aus. „Danke, dass du mich so einschätzt."
„Was hätte ich denn denken sollen, wenn ich morgens aufwache und mehrere Nachrichten mit Bildern von euch vorfinde?"
„Du hättest anrufen und fragen können", antwortete ich.
Jan nickte ein wenig beschämt. „Ja, das hätte ich vermutlich tun sollen. Es tut mir leid. Ich habe überreagiert."
„Schon gut." Lukas nickte Jan verzeihend zu.
„Ich mache uns mal was zum Frühstück", murmelte ich und warf Lukas einen kurzen, vielsagenden Blick zu.

Verlieb dich nichtWhere stories live. Discover now