38.Neue Regeln

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Lucius hatte Narzissa allein gelassen, damit sie sich in Ruhe auffrischen konnte. Er selbst hatte auch noch etwas zu erledigen, bevor er seine Frau im Salon treffen würde. Ab heute würde sich einiges ändern, so viel war sicher. Die Angst, Narzissa zu verlieren, hatte ihn seine Prioritäten absolut neu setzen lassen. Seine Aufgabe war es, seine Frau und seinen Sohn zu schützen und ihnen das Leben zu ermöglichen, das sie beide verdienten. Ab sofort galt diesem Ziel seine ganze Aufmerksamkeit. Auch wenn er dafür mit Traditionen brechen musste. Deshalb führte ihn sein Weg auch direkt ins Kinderzimmer, wo er die Personen vorfand, die er suchte. Draco schien zu schlafen, denn die Gouvernante saß am Fenster und las. Als sie Lucius bemerkte, erhob sie sich in gewohnter Manier.
„Ich muss mit ihnen sprechen."
Lucius bedeutete der Frau, ihm zu folgen. Diese gehorchte aufs Wort und folgte ihm hinaus. Noch vor wenigen Tage wäre dieser Schritt für Lucius undenkbar gewesen, doch sein Leben und seine Einstellungen hatten sich geändert und somit musste er die richtigen Konsequenzen daraus ziehen.
„Sie haben in den letzten Tagen gute Arbeit geleistet, dennoch muss ich ihnen mitteilen, dass ihre Dienste in Zukunft nicht mehr von Nöten sein werden. Packen sie in aller Ruhe ihre Sachen, aber ab sofort steht unser Sohn nicht mehr unter ihrer Obhut."
Die Gouvernante sah Lucius überrumpelt und schockiert an.
„Sir, habe ich etwas falsch gemacht? Noch nie in meiner ganzen Laufbahn wurde ich einfach so entlassen!"
Man konnte ihr die Rage, in der sie sich befand, gut ansehe. Sie presste ihre Lippen fest auf einander und ihr ganzer Körper stand unter Spannung.
„Nein, sie haben gewiss nichts falsch gemacht, doch meine Entscheidung steht fest."
„Wer wird sich denn nun dem Jungen annehmen? Hat man ihnen eine neue Gouvernante vermittelt?"
Lucius winkte ihre Worte bloß ab.
„Wir brauchen keine Gouvernante. Halten sie davon, was sie wollen. Ein Malfoy ist sehr wohl in der Lage, sich um sein eigenes Kind zu kümmern. Und eine geborene Black erst recht. Wenn sie mich entschuldigen."
Damit schritt er ins Kinderzimmer. Vor dem Personal musste er sich nun wirklich nicht genauer rechtfertigen. Im Raum fand er seinen schlafenden Sohn vor. Über ihm flogen die Drachen seines Mobiles im Kreis und es hatte den Anschein, als beschützen sie ihn. Vorsichtig hob er Draco aus der Wiege und wickelte ihn in seine Decke. Im Schlaf fühlte er sich wohl etwas gestört, da er etwas quengelte, doch Lucius wiegte ihn auf seinem Arm geschickt wieder in den Schlaf. Er war erleichtert darüber, die Gouvernante entlassen zu haben. Kein Zweifel, das war die richtige Entscheidung, wenn er wollte, dass Narzissa glücklich war. Sie hatten so lange auf dieses Kind warten müssen und es würde aller Wahrscheinlichkeit nach ihr einziges sein. Sie sollte so viel Zeit mit ihm verbringen dürfen, wie es ihr beliebte.
Als Narzissa wenig später den Salon betrat, traute sie ihren Augen kaum. Dort saß Lucius in seinem Ohrensessel, im Arm hatte er den kleinen Draco. Augenblicklich wurde ihr ganz warm ums Herz. Eilig schritt sie zu den beiden, beugte sich hinab und küsste immer und immer wieder ihren geliebten Sohn.
„Mein liebster Draco!"
Lucius stand auf, um seiner Frau das Kind in den Arm zu legen, sie sollte sich nicht so hinabbeugen müssen.
„Komm, ich weiß, du bist noch geschwächt, aber lass uns ein Stück spazieren gehen. Die frische Luft wird dir gut tun."
Er legte einen Arm um seine Frau und führte sie hinaus. Dabei fiel ihm auf, dass sie unter ihrem blauen Sommerkleid tatsächlich ein Korsett trug. Das konnte doch nicht angenehm sein. Bestimmt hatte sie Schmerzen. Wortlos zückte er mit seiner freien Hand seinen Zauberstab und lockerte die Schnürung. Erschrocken blieb Narzissa stehen.
„Alles ist gut. Ich war das. Du solltest dieses Ding in deinem Zustand nicht tragen. Das hast du auch gar nicht nötig."
„Es ist mir wohl zur Gewohnheit geworden..."
Sie legte ihren Kopf an seine Schulter und so setzten sie ihren Spaziergang fort.

Lucius hatte Narzissa von der Entlassung des Kindermädchens während des Spaziergangs berichtet und sie war vor Freude in Tränen ausgebrochen. Seit dem waren einige Tage vergangen, in denen Lucius nicht übermäßig viel Energie in seine Arbeit gesteckt sondern lieber der Genesung seiner Frau zugesehen hatte. Sie kümmerte sich voll Feuereifer um ihren Sohn. Die Energie kehrte in sie zurück und immer öfter hörte Lucius sie lachen. Langsam kehrte auch so etwas wie Routine im Hause Malfoy ein. Am Morgen standen sie zur gleichen Zeit auf, kümmerten sich gemeinsam um ihren Sohn und nahmen gemeinsam das Frühstück ein. Lucius hätte sich nie vorstellen können, welche Freude es ihm bereitete, ein kleines Kind mit am sonst so ruhigen Tisch zu haben. Danach verabschiedete sich Lucius zur Arbeit und Narzissa verbrachte den Tag mit ihrem Sohn. Abends wurde Lucius von seiner kleinen Familie empfangen und sie brachten Draco gemeinsam ins Bett bevor er mit Narzissa in Ruhe gemeinsam zu Abend aß. Wenn sie nicht zu müde waren, begaben sie sich dann noch in den Salon oder hinaus auf die Terrasse, damit Lucius von seiner Arbeit und Narzissa von den neusten Entwicklungen ihres Sohnes berichten konnte.
Bei all der Idylle hatte Lucius jedoch nicht vergessen, was seine Mutter getan hatte. Als er sicher war, dass es Narzissa wieder gut ging, konnte er nun seine Aufmerksamkeit wieder darauf lenken. So beschloss er, dass es an der Zeit war, seinen Eltern einen Besuch abzustatten. Am Morgen ließ er ihnen eine Eule zukommen, die seinen Besuch am Nachmittag zum Tee ankündigte. Lucius wünschte, dass sich diese Konfrontation vermeiden ließe, aber seine Mutter hatte ihm diese Wahl leider unmöglich gemacht. Er hatte gewusst, dass sie mit der Wahl von Narzissa als seine Frau nicht einverstanden gewesen war, jedoch hätte er niemals erwartet, dass sie bereit war, so weit zu gehen. Mit ihren Taten hatte sie auch seine Souveränität in Frage gestellt und das durfte einfach nicht sein. Was Lucius nicht wusste, war, ob sein Vater in den perfiden Plan seiner Mutter eingeweiht war. Sollte dem so sein, dann würde er sich auf einen harten Machtkampf einstellen müssen.
Am frühen Nachmittag beendete Lucius seine Arbeit früher als sonst, doch das wichtige Vorhaben am Nachmittag rechtfertigte diese Maßnahme in seinen Augen. Narzissa hatte er nichts von seinem Plan erzählt. Sie sollte sich voll und ganz auf sich und das Kind konzentrieren und sich endlich einmal keine Sorgen machen müssen. Um genau 14:58 Uhr verließ Lucius das Ministerium und apparierte vor das Haupthaus des Malfoy-Clans. Das dunkle Mauerwerk ragte hoch vor ihm empor. Ihm wurde bewusst, wie anders das Haus war, in dem er seit seiner Hochzeit mit Narzissa lebte. Nun konnte er sich gar nicht mehr vorstellen, je im Leben wieder in das seiner Eltern zu ziehen, obwohl er fast sein ganzes bisheriges Leben hier verbracht hatte. Mit gestrafften Schultern schritt er die Treppe zum Eingangsportal hinauf. Dass er diesen Schritt gehen würde, fasste er immer noch nicht so ganz. Doch an seiner Entscheidung gab es nichts mehr zu rütteln. Noch bevor Lucius den Türklopfer benutzen konnte, wurde das Portal von einem schüchtern dreinschauenden Hauselfen geöffnet, der sich halb hinter der großen Tür verbarg.
„Willkommen, Mister Malfoy. Der Herr und die Herrin trugen mir auf, sie in den Salon zu bitten."
Lucius ignorierte den Hauselfen, wie er es sonst auch tat und trat ein. Auf dem Weg durch die Eingangshalle ballte und öffnete er immer wieder seine Hände, die Anspannung war ihm deutlich anzusehen. Kaum einige Sekunden später hatte er die Tür zum Salon geöffnet und stand nun seinen Eltern gegenüber. Mr. Malfoy Senior saß mit dem Tagespropheten in den Händen in einem Sessel, auf einem Mahagonibeistelltisch neben ihm stand eine dampfende Porzellantasse. Seine Mutter entdeckte Lucius, ganz wie es sich gehörte, auf der Couch an der Seite ihres Mannes. Als Lucius eintrat, erhob sie sich.
„Lucius, pünktlich wie immer."
Er rief sich zur Zurückhaltung auf. Es nützte niemandem, wenn er seiner Wut freien Lauf lassen würde. Dennoch verweigerte er seiner Mutter den Handkuss. Diese wagte es nicht, etwas zu dieser Ungehörigkeit zu sagen und setzte sich wortlos wieder auf ihren Platz. Lucius tat es ihr gleich und setzte sich genauso wortlos seinem Vater gegenüber. Dieser legte nun den Tagespropheten zur Seite und musterte seinen Sohn.
„Was verschafft uns die Ehre?"
Lucius hatte beschlossen, das Gespräch langsam anzugehen. Er wollte seine Mutter aus der Reserve locken. Nachdem ein Hauself eine Tasse für ihn gebracht hatte, begann er zu sprechen:
„Nun, Narzissa ging es nach eurem letzten Besuch immer schlechter. Schlussendlich wurde sie bewusstlos und dem Tode nahe gefunden."
Er legte mit Absicht eine Pause ein und ließ seinen Blick zu seiner Mutter gleiten. Er konnte die Erwartung und damit einhergehende Anspannung in ihren Augen sehen. Er konnte kaum glauben, wie sehr sie sich Narzissas Tod wünschen musste.
„Das sind keine erfreulichen Nachrichten. Sprich weiter."
Forderte ihn sein Vater auf. Lucius folgte dem.
„Ein Heiler und Severus Snape haben alles getan, um ihr Leben zu retten. Glücklicher Weise waren sie erfolgreich."
Abraxas Malfoy nahm einen Schluck Tee.
„Sie ist demnach krank?"
„Nein, man fand eine Phiole mit Gift in ihrem Morgenmantel"
Nun war wohl der Punkt erreicht, an dem Cassandra eingreifen und alles doch noch zu ihren Gunsten wenden musste.
„Wie kann sie es nur wagen? Sie sollte dankbar sein, dort zu sein, wo sie ist. Diese impertinente Person! Vielleicht wäre es besser gewesen, sie wäre erfolgreich mit ihrer Tat gewesen. Dann müssten wir nicht auf den nächsten Versuch warten, in dem sie versuchen wir unserer Familie zu schaden."
Lucius schmunzelte.
„Warum gehst du davon aus, dass sie selbst sich das Leben nehmen wollte? Ihr beide ward es doch, die ihr den Unbrechbaren Schwur abgenommen habt. Sie hätte es nie geschafft, das Gift aus freiem Willen zu nehmen."
Cassandra schnappte wie ein Karpfen nach Luft, doch zu sagen wusste sie nichts. Abraxas hingegen schien ungeduldig zu werden, denn er ahnte, dass dieses Gespräch einen tieferen Sinn hatte.
„Wer sollte es wagen, ein Mitglied dieser Familie töten zu wollen? Wer hatte Zugang zum Manor? Bist du hier um Schutzmaßnahmen mit mir zu ergreifen?"
„Ich fürchte, die üblichen Schutzmaßnahmen würden nichts nutzen, denn die Gefahr kommt von innen. Nicht wahr, Mutter?"
Die Blicke der Männer richteten sich auf die Dame des Hauses, welche sofort eine Abwehrhaltung einnahm. Sie schürzte die Lippen, versteifte ihre Haltung.
„Ich weiß nicht, wovon du sprichst"
Auch Lucius war nun noch angespannter. Er saß auf dem Rand der Couch, als wäre er jeden Moment zum Aufspringen bereit.
„Das weißt du sehr wohl. Immerhin warst du es, die meiner Frau einen Trank mit dem Versprechen gab, dass er ihr beim Abnehmen helfen würde. Nur leider war das eine Lüge. Denn das einzige was du ihr gabst, war Gift."
„Cassandra, ist das wahr?"
Abraxas wandte sich mit bedrohlicher Miene an seine Frau. Als diese nicht auf seine Worte reagierte, erhob er sich und erhob mahnend den Zeigefinger.
„Ich kann es nicht dulden, dass innerhalb der Familie solche Zwietracht herrscht. Unser Erfolg beruht darauf, dass die Familie Malfoy, was auch immer geschehen sein mochte, stets loyal untereinander war. Wie kannst du es nur wagen, gegen meinen und Lucius Willen zu handeln?"
Lucius beobachtete mit Genugtuung, wie sein Vater seiner Mutter die Leviten las. Sehr gut, er war also nicht in die zwieträchtigen Pläne seiner Mutter involviert. Doch diese schien sich noch nicht geschlagen zu geben.
„Ich will doch nur das Beste für meinen Sohn! Und diese Frau ist es ganz bestimmt nicht. Sie ist bloß eine Last für ihn..."
Lucius hatte sich nun seinerseits erhoben und unterbrach seine Mutter harsch.
„Mutter, ich diskutiere ganz sicherlich nicht mehr mit dir, was das Beste für mich ist. Ich habe stets zum Wohle der Familie gehandelt und Narzissa war die Wahl, die mein Vater getroffen hat. Sie erfüllt alle ihre Aufgaben und hat unserer Familie auch bereits einen Erben geschenkt. Sie ist Teil dieser Familie und als ihr Ehemann ist es meine Pflicht, sie zu schützen. Wenn es sein muss, dann eben auch vor dir."
Er legte eine kurze Pause ein und versicherte sich, dass sein Vater seinen Worten zustimmte. Als dieser ein leichtes Nicken in Lucius Richtung ausführte, fuhr dieser fort.
„Ab heute gelten neue Regeln in meinem Haus. Solltest du jemals wieder respektlos mit Narzissa umgehen oder ihr in irgendeiner Art und Weise schaden wollen, dann wirst du nie wieder unser Gast sein."
„Das kannst du doch nicht Ernst meinen!"
„Das kann ich sehr wohl, Mutter. Und ich kann noch viel mehr. Ich habe die Gouvernante entlassen, denn ich selbst werde entscheiden, wer mein Fleisch und Blut erzieht. Es gibt nichts, was mich diese Entscheidung revidieren lassen könnte, also spar dir deine Worte."
Cassandra wusste, dass sie gegen die beiden Männer keine Chance hatte. So lockerte sie ihre Haltung und gab sich geschlagen.
„Wenn dies euer Wunsch ist, dann werde ich mich dementsprechend verhalten."
Vater und Sohn nickten dies ab und damit wurde das Thema für beendet erklärt. Der Höflichkeit halber blieb Lucius noch, bis er seine Tasse Tee ausgetrunken hatte, bevor er erleichtert nach Hause zurückkehrte. 

The noble house of Malfoy //Lucissa FFWhere stories live. Discover now