(69) Unautorisierte Übungen

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Ich stellte mich gegen ihn, um zurück zu meiner Tante zu kommen, allerdings lies er dies nicht zu. Er zog mich stieß mich zu Boden und hievte mich dann wieder hoch, um mich problemloser weiter zu ziehen. 

Schnell öffnete ich meine Ventil und versuchte trotz der pochenden Schmerzen mich auf seine Gedanken zu konzentrieren.

Dieses kleine Miststück sollte besser tun, was wir wollen. Wie gerne ich sie einfach umbringen würde. Aber noch geht das ja leider nicht   

Seine Gedanken waren ohne jeden Zweifel klar zu interpretieren. Die Frage war nur warum? Wenn ich die Gründe hinter seinen Gedanken kennen würde, könnte ich besser meine Veränderung auf ihn zuschneiden, damit sie verlässlicher funktionieren würde und er sich nicht gegen sie wehren würde. 

"Bitte..", begann ich, aber wurde sofort von ihm unterbrochen und erneut zu Boden geworfen. Ihm gefiel es wohl gerade die Machtposition über mir zu haben. Hatte das etwas mit seinem Hass mir gegenüber zu tun?

Genau wie ihre Mutter. Wie ich es doch hasse

Sofort waren meine Alarmglocken alamiert, als ich seine Gedanken hörte. Nachdenklich versuchte ich jegliche Unterhaltung mir wieder ins Gedächtnis zu rufen, in der meine Mutter von Valentin oder einem anderen Kreismitglied erwähnt worden war. Ich wusste, dass es da etwas gegeben haben musste, aber meine Erinnerungen wollten einfach nicht wieder zu mir zurückkehren. Stand ich unter zu viel Stress dafür?

Ich stöhnte auf als ich schlagartig an einem Arm wieder hochgerissen wurde und lieblos erneut hinter ihm hergeschleift wurde.

Ob ich es wollte oder nicht war vermutlich genau jetzt der Zeitpunkt mit der Manipulation zu beginnen. Wenn ich es jetzt nicht tat, dann hatte ich höchstwahrscheinlich den Absprung verpasst. 

"Was ist mit meiner Mutter passiert?", stellte ich eine provokative Frage in der Hoffnung, dass seine Gedanken im ersten unbedachten Moment mir eine gute Antwort ausspucken würden. So gut trainieren konnte man die Gedanken nicht, oder doch?

Sie hat alles zerstört

Mehr spuckte er nicht aus, bevor seine Gedanken zu einem anderen Thema wanderten. Aber immerhin etwas hatte ich erfahren können. Sollte ich jetzt einfach einen Schuss in die Ungewissheit setzen und hoffen, dass er irgendwo heften blieb. Eine andere Möglichkeit hatte ich leider kaum. 

Sie ist nicht ihre Mutter. Obwohl es passiert ist, sollte ich meine Rache nicht an ihr auslassen. Sie kann dafür nichts

Diesen Gedanken versuchte ich sanft in seine einzuweben, was ihn zumindest äußerlich etwas zu beruhigen schien. Er warf mich zumindest nicht mehr grundlos zu Boden. Das war auch schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. 

"Sei still", murmelte er vor sich hin und ich sah wie seine Gedanken zu rasen schien. So als ob meine Einmischung die natürlich Ordnung so durcheinander gebracht hatte, dass sich seine Gedanken gegen meine wehrten. Das war dann wohl kein Erfolg, aber dennoch musste ich eingreifen. Auch wenn er ein Kreismitglied war, konnte ich ihn nicht unter diesen rasenden Gedanken leiden lassen.

Ich hasse ihre Mutter. Ich mag sie nicht sonderlich. Aber sie ist nicht ihre Mutter

Vorsichtig versuchte ich mit dem neuen Gedanken die Ordnung zurück in seine Gedanken zu bringen. Man mochte meinen, dass ich inzwischen genug Übung gehabt hatte, aber jemanden, der so extreme Gefühle hegt, davon abzubringen, war eben nicht mit den Standardübungen und auch nicht mit den gesonderten Übungen von Valentin zu vergleichen. 

Die Geschwindigkeit seiner rasenden Gedanken nahm etwas ab und auf dem letzten Stück des Weges bis zu Valentin schienen sie wieder zurück zu ihrem Lauf zu finden. Nur waren sie dieses Mal wesentlich freundlicher mir gegenüber gestimmt. Nicht freundlich an sich, aber zumindest nicht mehr hasserfüllt. Dann konnte ich das wohl doch noch als Erfolg abstempeln. Hoffentlich zumindest. Über die Langzeitfolgen wusste noch immer niemand nichts. 

"Bist du bereit für deine letzte Übungsstunde, bevor du die Clave triffst?", erkundigte sich Valentin sobald ich vor ihm stand. Seine Augen bohrten sich in meine Haut und zwangen mich zur Untergebenheit, aber ich gab dem vorerst nicht nach. Noch hatte ich keinen Grund dazu ihm nachzugeben. Die einzige Regung war ein zustimmendes Nicken meinerseits, bevor ich mich fünf "Gegnern" stellen musste und bei allen gleichzeitig einen Gedanken einweben sollte. Daran merkte man schon, dass Valentin davon keine Ahnung hatte. Fünf Personen auf einmal war eine extrem große Herausforderung. 

Erschöpft sackte ich auf meine Knie sobald ich mit der Übung durch war. Die Anstregung lief mir in Schweißperlen über die Wangen und auch mein Atem verriet die Anstrengung, die ich gerade auf mich genommen hatte, um die Gedanken der armen Menschen zu verändern. 

"Aufstehen! Weitermachen!", meckerte Valentin und trug dabei einen versteinerten Ausdruck im Gesicht. Seine Augen waren unlesbar, aber dafür seine Gedanken nicht.

Wir sind schon fast am Ziel


Alecs p.o.v.

Die Clave waren informiert. Zum Glück hatten wir sie nicht groß von einer drohenden Gefahr überzeugen müssen, sondern sie hatten sofort wichtige Schritte eingeleitet, um auf jede Eventualität vorbereitet zu sein. 

"Was ist sein Plan?", sprach Izzy noch immer auf Alexander ein, der sich allerdings wie ein scheues Reh wegzuducken versuchte. Was war mit dem nur seit seinem Ausbruch passiert?

"Wollen sie die Gedanken der Clave verändern, um die Macht zu ergreifen?", schaltete ich mich ein, da ich dieses Elend nicht mehr ertragen konnte. Seine Mimik verzog sich für den Bruchteil einer Sekunde, sodass ich überrascht war, dass ich es überhaupt bemerkt hatte. Dennoch erleichtert, dass ich Recht gehabt hatte. Wenn man das so sagen konnte.

"Das macht aber keinen Sinn. Wenn sie nur die Gedanken der Clave verändern, dann würde man diese doch einfach ersetzen", warf Izzy ein, woraufhin Clary sofort erklärte:

"Wenn sie mit einer eisernen Faust die Regierung unter Kontrolle haben und eine "Polizei" einführen, die für Angst und Schrecken sorgt. In der Welt der Mundie klappt solch eine Diktatur doch auch. Warum sollte es also nicht auch hier funktionieren?"

"Und die Unterweltler? Die würden sich doch zur Revolution zusammenschließen"

"Vielleicht, aber wer weiß, was Valentin noch so nettes geplant hat. Vermutlich sehen wir gerade bloß die Spitze des Eisberges", erinnerte ich die anderen und sah Magnus abwartend an, der gerade auf uns zukam.

"Wir können los nach Alicante. Allerdings muss ich euch daran erinnern, dass wir zur Verteidigung der Clave da sind. Keine Alleingänge. Keine Suche nach anderen Personen außerhalb des Gebietes. Klar?", machte er eine letzte Ansage, der wir alle mehr oder weniger überzeugt zustimmten. 

Kurz darauf begaben wir uns durch das Portal auf den Weg nach Alicante. Ich war lange nicht mehr dort gewesen und der Wunsch nach Averie zu suchen fühlte sich übermächtig an. Aber das durfte mich nicht zu sehr aus dem Konzept bringen. Ich musste zu meiner alten Kampfform zurückfinden, damit Vorfälle wie beim Restaurant sich nicht wiederholen würden.

Valentin würde früher oder später zu uns kommen. Wenn er zu den Clave wollte, musste er das machen und dann hatten wir ihn in unserer Falle. Bis dahin mussten wir nur alle durchhalten. Wir durften nicht verrückt werden und hoffen, dass Averie es bei Valentin auch nicht wurde. 

HunterWhere stories live. Discover now