Babysitting

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Der Bus hält und ich laufe das letzte Stück durch das Villenviertel von Honolulu. Vor einem großen, modernen Haus bleibe ich stehen. Hier muss es sein. Ich klingel und ein Mann öffnet die Tür. Er trägt einen schicken Anzug und hat ein Baby auf dem Arm, hinter ihm stehen ein Junge und ein Mädchen, die etwa im Grundschulalter sind. ,,Aloha, du bist Danny, oder? Ich bin Steve." ,,Hi." ,,Komm doch rein, ich muss leider gleich schon los." Ich folge ihm ins Innere der Villa. Sie ist modern, hell und gemütlich eingereicht und ich habe ein bisschen das Gefühl, dass ich direkt in einem Möbelhaus-Katalog stehe. ,,Essen steht im Kühlschrank, ich bin um spätestens elf wieder da."

Er gibt mir das kleine Mädchen, was er mit Vanessa vorgestellt hat, und verabschiedet sich dann. Die Tür fällt hinter ihm ins Schloss und ich bin mit seinen Kindern allein. Ich helfe den Zwillingen Jason und Laura bei ihren Hausaufgaben, dann gehen wir ein bisschen im Garten Fußball spielen und ich koche Abendessen. Als es acht Uhr ist, bringe ich die Zwillinge ins Bett. Vanessa ist bereits in ihrem Babybett eingeschlafen. Jetzt muss ich also nur noch warten, bis Steve wieder kommt.

Um 12 ist er jedoch immer noch nicht zurück und langsam, aber sicher werde ich ziemlich genervt. Ich werde nämlich nicht pro Stunde bezahlt und habe deutlich besseres zu tun, als mitten in der Nacht bei irgendeinem reichen Schnösel auf der Coach zu sitzen. Endlich höre ich den Schlüssel im Schloss und ein ziemlich schuldbewusst dreinblickender Steve betritt das Haus. Sofort verfliegt meine Wut, denn irgendwie tut er mir leid. Selbst in dem schwummrigen Licht sieht er erschöpft aus. ,,Tut mir total leid", entschuldigt er sich ehrlich. ,,Passt schon."

Er geht in die Küche, die offen mit dem Wohnzimmer verbunden ist. Kurze Zeit später kommt er mit zwei Weingläsern in der Hand wieder zurück, gibt mir eines und lässt sich neben mich auf das Sofa sinken.
,,Waren die Kinder lieb?" ,,Ja, sie sind echt gut erzogen." Traurig lächelt er. ,,Von mir können sie es nicht haben, ich bin ein schlechter Vater." ,,Das glaube ich nicht. Es muss schwer sein, ein alleinerziehender Vater mit Fulltime Job zu sein. Sei also nicht so hart zu dir." Er nickt leicht. ,,Es kommt so rüber, als wäre das Geld wichtiger für mich, als meine Kinder, aber das ist nicht so. Ich muss einfach so viel arbeiten, sonst werde ich sofort aus der Firma geworfen. Und dann habe ich gar keinen Job mehr." Ich habe ein etwas schlechtes Gewissen, denn ehrlich gesagt, habe ich genau das gedacht. ,,Hast du denn niemanden, der mal auf die Kinder aufpassen kann?" Er schüttelt den Kopf. ,,Nach Vanessas Geburt ist meine Ex-Frau Catherine einfach abgehauen. Ich habe keine Familie auf der Insel und stand plötzlich alleine mit drei Kindern da. Die Zwillinge sind in einer Ganztagsschule und Vanessa in der Krippe. Die einzige Freizeit, die ich habe, verbringe ich mit ihnen, damit ich sie wenigstens ein wenig sehe." Ich nicke. Nur zu gut weiß ich, wie es ist, seine Kinder zu selten zu sehen.

Wir reden noch ein bisschen, bis es spät wird und ich mich verabschiede.
,,Ruf mich einfach an, wenn du mal einen spontanen Babysitter brauchst und ich komme vorbei."

...

Einige Tage später klingelt mein Handy und reißt mich um sechs Uhr aus dem Schlaf. Ich sehe, dass es Steve ist und gehe dran. ,,Hey, was gibt's?"
,,Kannst du vielleicht spontan vorbeikommen und mir mit den Kindern helfen?" Seine Stimme klingt kratzig und irgendwie nicht gut. ,,Bist du krank?" ,,Ja. Ich glaube, ich schaffe es nicht, die Kinder rechtzeitig fertig für die Schule und Krippe zu machen." ,,Okay, ich mache mich sofort auf den Weg."

Schnell fahre ich zu Steves Haus. Er öffnet mit die Tür und sieht wirklich krank aus. Ich nehme ihm Vanessa ab und gehe an ihm vorbei ins Haus. ,,Du legst doch jetzt sofort hin und ich mache die Kinder fertig und bringe sie zur Schule und Krippe."
,,Wirklich?" Ich bejahe und scheuche ihn dann nach oben. Er sollte wirklich ins Bett.

Ich helfe den Kindern beim fertig machen, backe Pancakes und schmiere Pausenbrote. Dann fahre ich die Zwillinge zur Schule und das Baby zur Krippe. Wieder zurück koche ich eine Suppe und setze Tee für Steve auf. Als ich damit sein Schlafzimmer betrete, liegt er auf der Decke. ,,Du solltest dich zudecken", sage ich und stelle die Sachen auf dem Nachttisch an. Widerwillig deckt sich Steve zu und widmet sich dann der Suppe. Skeptisch betrachtet er sie und isst schließlich einen kleinen Löffel.

,,Mh, schmeckt gar nicht so schlecht." Ich verdrehe die Augen. ,,Natürlich und jetzt ess alles auf." Brav folgt er und ich nicke zufrieden. ,,Wie geht es dir?" ,,Ich fühle mich voll fertig. Aber ich muss bis morgen gesund sein, denn ich kann es mir nicht leisten, länger krank zu sein. Wegen den Kindern und der Arbeit..." Ich unterbreche ihn, in dem ich meine Hand auf seine Schulter lege. ,,Werde ihn Ruhe gesund, wir schaffen das schon."

Ich kenne Steve zwar noch nicht richtig, aber irgendwie ist er mir ans Herz gewachsen. Dankbar lächelt er mich an. ,,Ich glaube, ich ziehe mir mal ein frisches T-Shirt an, das ist komplett durchgeschwitzt." ,,Okay warte, ich hole dir schnell eines." Ich laufe zum Schrank und öffne ihn. Es sind viele teuer aussehende Anzüge darin. Ich muss kurz schauen, bis ich ein gemütliches T-Shirt finde. Ich werfe es Steve zu und er zieht sich sein anderes aus. ,,Verdammt", sagt er und blickt auf das Shirt in seinen Händen. Es ist unten voll mit Blut.
,,Was...?", setze ich an, während Steve langsam aufsteht. Auf seinem unteren Rücken klafft eine große Wunde." ,,Verdammt, was ist das?", frage ich ungläubig. Er seufzt. ,,Vor einigen Wochen hatte ich einen Autounfall, bei dem ich mir den Rücken verletzt habe und er musste operiert werden. Anscheinend hat sich die Wunde entzündet. " ,,Das würde auch das Fieber erklären. Ich fahre dich schnell ins Krankenhaus."

Er schüttelt den Kopf. ,,Die Kinder kommen in einigen Stunden nach Hause und ich habe niemanden, zu dem sie gehen können." ,,Keine Widerrede! Ich bringe die Kinder nachher zum Krankenhaus und dann organisiere ich was für sie." Er öffnet schon den Mund, um zu widersprechen, schließt ihn dann jedoch wieder. Ich hole aus dem Bad einen Verband und versuche die Wunde so gut es geht zu verbinden. Steve zuckt zusammen, sagt jedoch nichts. Ich helfe ihm, ein T-Shirt drüber zuziehen und verfrachte ihn dann in sein Auto. Auf dem Weg zum Krankenhaus werfe ich ihm immer wieder besorgte Blicke zu.

Gefühlt 1000 Jahre Wartezeit später werden wir endlich ins Behandlungszimmer gelassen. ,,Hallo, ich bin Sieglinde Brown, wie kann ich Ihnen helfen?" ,,Zum Beispiel, in dem Sie uns erst einmal rein lassen. Es ist echt unerhört diese Wartezeit. Mein Freund krepiert im Wartezimmer, während wir auf einen freien Termin warten!", rege ich mich auf. ,,Ganz ruhig ", sagt Dr. Brown und wendet sich Steve zu. ,,Setzten Sie sich bitte auf die Liege." Wir erzählen ihr, was los ist und nachdem sie Steve untersucht hat, sagt sie: ,,Die Naht vom Ihrer OP konnte nicht verheilen, da sie zu wenig Pause gemacht haben. Also hat sie sich entzündet und Ihr Körper hat mit Fieber darauf reagiert." Steve nickt. ,,Und jetzt?" ,,Ich werde Ihnen Antibiotika verschreiben und Sie müssen über Nacht da bleiben." ,,Muss das zwingend sein?", fragt er nach. ,,Ja, das ist das Mindeste. Außerdem müssen Sie danach mindestens eine Woche im Bett bleiben." ,,A-aber-", Steves Stimme hört sich verzweifelt an. ,,Keine Sorge", unterbreche ich ihn. ,,Wir werden eine Lösung für die Kinder finden."

Er wird in ein Zimmer gebracht und ich setze mich auf den Stuhl neben seinem Bett. ,,Wie geht es dir?" ,,Gut, mach dir keine Sorgen. Ich weiß nur echt nicht, was ich mit den Kindern die nächsten Tage machen soll." ,,Warte hier kurz", sage ich und gehe auf den Gang, um zu telefonieren.

Triumphierend grinsend trete ich wieder in das Zimmer. Steve blickt mich verwirrt an. ,,Ich habe eine Lösung für die Kinder gefunden. Meine Tochter Grace ist nächste Woche bei einem Feriencamp und ich konnte noch zwei Plätze für Laura und Jason organisieren. Außerdem arbeitet meine beste Freundin Kono als Hebamme, die kennt sich also gut mit Babys aus und kann sich die nächsten Tage um Vanessa kümmern." Ungläubig starrt mich Steve an. ,,Wirklich?" ,,Ja na klar, du Pflaume." ,,I-ich, ähm... Danke."

,,Ja, aber es gibt noch eine Bedingung: Du musst irgendwann mit mir auf ein Date gehen." Er beginnt zu grinsen.

,,Deal."


Hello! Bald habe ich das 100. Kapitel und ich wollte etwas Besonderes für euch schreiben. Also falls ihr Ideen habt, was ich dafür machen könnte, schreibt sie mir bitte.

Vielen Dank!

Aloha:)

P.S Vielen Dank an LiamMcDanno für die Namen der Kinder und der Ärztin😂💞

McDanno OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt