22. Der Vertrag

1.4K 105 12
                                    

Damiano und ich schaffen es in den nächsten Tagen nicht, uns zu unterhalten. Es hat sich nie die Möglichkeit ergeben, in der wir nur zu zweit wären. Unsere gedrückte Stimmung hat sich mittlerweile auf die ganze Gruppe ausgeweitet. Aber keiner von uns ergreift das Wort, um es offen anzusprechen. Vic, Thomas und Ethan wollen uns die Privatsphäre geben es unter uns zu klären, Damiano scheint immer genau dann weg zu müssen, wenn sich die Möglichkeit zum Reden ergeben würde und ich weiß immer noch nicht, was genau ich zu ihm sagen will.

Ich ziehe nervös an meiner Zigarette. Zusammen mit Ethan stehe ich vor dem großen modernen Gebäude, in dem sich das Musiklabel befindet. Wir warten noch auf die anderen, bevor wir reingehen und unseren Termin mit Marta Doná haben.

„Also, er hat nachher definitiv nichts vor, du musst ihn nach dem Treffen einfach ansprechen, okay?", wiederholt Ethan. Er hat mir vorhin davon erzählt, dass nach dem Treffen mit Marta Doná die perfekte Gelegenheit sei, Damiano abzupassen und mit ihm zu reden. Ich wage zu bezweifeln, dass er wirklich dafür bereit ist, so wie er mich in den letzten Tagen gemieden hat, aber ich halte das einfach nicht mehr aus.

Ich nicke. „Ja, verstanden"

„Gut", sagt Ethan und lässt seinen Blick über den Platz vor uns schweifen. Vic, Thomas und Damiano kommen in diesem Moment auf uns zugelaufen. Wir begrüßen uns und gehen dann rein. Damiano meidet meinen Blick, wie so oft in letzter Zeit. Wir stellen uns bei der Rezeption vor und werden in ein Büro im fünften Stock geschickt.

Marta begrüßt uns freundlich in ihrem Büro und bittet uns, auf den Stühlen vor ihrem Schreibtisch platz zu nehmen. Die Vier stellen sich nochmal mit ihren Namen vor.

„Und ich bin Maya, ich gehöre aber nicht mit zur Band", beende ich die Vorstellungsrunde.

„Richtig, du musst Damianos Freundin sein", sagt Marta.

Ich muss schlucken als ich ihre Äußerung höre. Früher hätte ich das wahrscheinlich lachend verneint, aber nachdem es zwischen mir und Damiano so komisch geworden ist weiß ich nicht, wie ich reagieren soll.

Mein Blick flackert zu Damiano. Seine Augen sind schon auf mich gerichtet und er beobachtet mich. Er beißt sich auf die Unterlippe. Wie so häufig kann ich nicht erraten, was er denkt.

Aber wenigstens kann er mich wieder ansehen, denke ich.

Ich kann mich noch nicht von Damianos Gesicht losreißen. Daher antwortet Vic an meiner Stelle: „Nein, die beiden sind kein Paar"

„Oh", höre ich Marta überrascht antworten, „Ich dachte, nun, beim Wettbewerb sah es so als, als wärt ihr zusammen"

Ein Grinsen, welches nicht seine Augen erreicht, breitet sich auf Damianos Lippen aus als er seinen Blick von mir auf Marta richtet. „Nein, Maya ist eine echte Herzensbrecherin"

Da ist wieder dieses stechende Ziehen in meiner Brust. Warum sagt er sowas? Wenn er so über mich denkt, warum versucht er dann jedem Gespräch mit mir zu entkommen? Ich verstehe einfach nicht was in Damiano vorgeht.

Marta fasst es als Witz auf und lacht darüber. Die anderen aber verlagern ungemütlich ihr Gewicht und Vic sieht mich mitleidig an. Ich sinke etwas tiefer in meinen Stuhl.

Dann beginnt Marta von ihren Ideen für die Zukunft der Band zu erzählen. Ich höre nur halbherzig zu, denn meine Gedanken kehren immer wieder zu Damiano zurück. Er hört aufmerksam zu und nickt ab und zu während Marta redet. Seine Aufmerksamkeit ist fest auf sie gerichtet. Ich weiß nicht, ob er bemerkt, dass ich ihn beobachte. Falls er meinen Blick spürt, reagiert er nicht darauf.

Ich kaufe auf der Innenseite meiner Wange. Warum reagiert Damiano so? Habe ich wirklich seine Gefühle so sehr verletzt wie Vic denkt? Aber warum redet er dann nicht mit mir? Meine Gedanken jagen sich endlos im Kreis.

Auf einmal schütteln sich die Vier die Hände mit Marta. Ich habe nicht mitbekommen, was sie beschlossen haben, aber ich nicke lächelnd, um wenigstens so zu tun, als hätte ich zugehört.

„Ihr könnt euch den Vertrag bei der Rezeption abholen und euch nochmal gemeinsam besprechen. Lasst ihn mir einfach, unterschrieben oder nicht, in den nächsten Wochen zukommen", sagt Marta.

Oh, sie haben schon über einen Vertrag gesprochen? Nun ärgere ich mich darüber, dass ich nicht aufmerksamer war. Ein Musikvertrag ist so ein wichtiger Schritt für die Band und ich habe es einfach nicht mitbekommen.

Dann verabschieden wir uns von Marta und verlassen ihr Büro. Die Vier unterhalten sich aufgeregt über das gerade Besprochene, während wir nach unten laufen. Etwas abwesend folge ich ihnen.

Im Foyer wenden die Vier sich an die Rezeption. Ich lasse meinen Blick ziellos durch den Raum wandern. Ich entdecke einige bekannte Gesichter auf den Plakaten an den Wänden, die wahrscheinlich von Musikern sind, die von diesem Musiklabel vertreten werden. Draußen hat es begonnen zu nieseln. Durch die hohen Fenster sehe ich wie die Passanten ihre Schultern hochziehen und schneller laufen, um den beginnenden Regen zu entkommen.

Plötzlich wedelt Vic mit einigen Bogen Papier vor meinem Gesicht herum und reißt mich wieder zum Geschehen hier drinnen. „Schau mal, das ist unser Vertrag!", quietscht sie aufgeregt.

Ich muss unwillkürlich lachen. „Wie spannend!"

„Ja, den werden wir uns definitiv gründlich durchlesen müssen bevor wir unterschreiben", sagt Thomas.

„Das klingt sehr langweilig", merkt Damiano an. Ethan nickt.

„Genau, sei nicht so eine Spaßbremse. Wir werden Rockstars!", ruft Vic und streckt den Vertrag in die Höhe. Dafür erhält sie ein paar belustigte Blicke der Menschen, die geschäftig im Foyer herumlaufen. Vic lässt sich aber nicht bremsen und zückt ihr Handy, um ein Foto von uns und dem Vertrag zu machen. Ich merke, wie ich ein Lächeln förmlich erzwingen muss, um auf dem Foto nicht ganz so betrübt auszusehen.

Danach gehen wir nach draußen, suchen aber vorerst Unterschlupf vor dem Nieselregen unter dem vorstehenden Dach.

„Ich wusste nicht, dass es heute regnen soll", bemerkt Ethan grimmig.

Ich ziehe meine Jacke enger um mich vor der Nässe zu schützten und nicke zustimmend.

„Na dann, wir sollten das hier nicht länger ziehen als es sein muss", sagt Vic.

„Genau", antwortet Ethan, „Vic, Thomas wir gehen noch zusammen zu dem Ding, von dem wir gesprochen haben?"

„Welches Ding? Wir haben über nichts" - Thomas bricht sofort ab als Vic ihm ihren Ellenbogen in die Seite schiebt. Er schaut sie eingeschnappt an und will sich schon beschweren, als er endlich versteht was Ethan und Vic vorhaben.

„Ach ja, das Ding, wo wir drei noch hinmüssen", sagt er langsam.

Sehr subtil, Thomas.

„Genau, wir machen dann los!", sagt Vic. Thomas und Ethan verabschieden sich ebenfalls, dann verschwinden die Drei im Grau des Niesels.

Plötzlich stehen nur noch Damiano und ich unter dem Dach. Jetzt oder nie, denke ich.

--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Und mit diesem Cliffhanger beende ich das heutige Kapitel. Und ihr müsst euch auch etwas gedulden bis es weitergeht, ich werde morgen nicht dazu kommen ein neues Kapitel hochzuladen. Erst am Samstag wieder! <3

Morirò da ReginaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt