68. Zuckerwatte

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Die gleichen Stylisten, die sich auch in Berlin um mich gekümmert haben, sind gerade dabei, mich für den Auftritt auf einem Festival in Göteburg zu stylen. Mittlerweile habe ich ihre Namen herausgefunden: Francesca und Marco. Das Thema des Stylings ist pink. Vorhin habe ich gesehen, dass die anderen alle einen Anzug in unterschiedlichen Pinktönen tragen mit roten Gürtelgeschirr als Akzent bei Thomas und Damiano während Vic und Ethan einen roten Choker haben. Ich trage einen weiten Blazer als Kleid in einem so hellen rosa, dass es fast weiß wirkt. Darüber habe ich ebenfalls ein rotes Gürtelgeschirr an, sodass es mir ein bisschen was von meiner Figur zurückgibt.

Marco ist dabei Wellen in meine Haare zu zaubern, während Francesca mich schminkt. Diesmal besteht das Smokey Eye aus Pinktönen. Außerdem kriege ich noch knall-rote Lippen.

Ich bedanke mich bei den beiden und mache mich auf den Weg, die anderen zu finden. Was leicht ist, denn direkt als ich aus dem Ankleideraum trete stehe ich vor Vic und Thomas. Thomas mustert mein Gesicht und grinst breit. Er sagt dann: „Du siehst wirklich aus wie Zuckerwatte"

Genau das habe ich mir vorhin auch gedacht, als ich mich im Spiegel gesehen habe. So sehr ich versuche eine beleidigte Miene zu behalten, kann ich nicht anders als ebenfalls zu grinsen. Ich verschränke die Arme vor der Brust. „Das ist doch passend, oder?"

Vic, die gegenüber an der Wand gelehnt hat, kommt mir zu Hilfe: „Ich finde Maya sieht gut aus" Sie stellt sich neben mich und nickt zufrieden, nachdem sie mein Make-up inspiziert hat.

„Vielen Dank", sage ich zu Vic und schaue Thomas mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er hebt unter meinen Blick nur entschuldigend die Hände und murmelt: „Wir sehen schließlich alle irgendwie wie Zuckerwatte aus"

„Du hast Recht", gebe ich schließlich zu.

„Jetzt habe ich Appetit auf Zuckerwatte", sagt Vic mit einem sehnsüchtigen Blick den Gang runter.

Ich checke mein Handy für die Uhrzeit. Bis zu unserem Auftritt ist es noch eine Stunde. „Warum gehen wir nicht raus? Ich dachte, dort gibt es ein paar Essensstände"

„Marta hat uns gesagt, wir sollen einfach warten, bis wir hinter die Bühne gerufen werden", antwortet Thomas.

„Mh", mache ich unschlüssig. So läuft es eigentlich meistens bei Auftritten. Erst Soundcheck, dann Make-up und Ankleiden bis man dann einfach Zeit absitzt und wartet, dass man auf die Bühne kann. Ein bisschen langweilig kann es dabei schon werden. Gerade wenn man weiß, dass es draußen ein ganzes Festival mit Essensständen und Spielbuden gibt.

„Damiano und Ethan sind rauchen, wir können uns wenigstens mit zu ihnen stellen", schlägt Vic vor.

„Oder", sage ich gedehnt, „Wir könnten einfach trotzdem über das Festivalgelände laufen"

Thomas habe ich sofort überzeugt. Seine Augen leuchten bei der Idee, die nächste Stunde mit etwas anderem zu verbringen als zu warten. Vic ist aber nicht so einfach überzeugt. Ich kann erahnen, dass sie abwägt was alles schiefgehen könnte, wenn wir nicht rechtzeitig zurück sind und damit unseren Auftritt ruinieren könnten.

„Komm schon, die Zuckerwatte wartet", sage ich möglichst verführerisch. Als ich mich dazu entschlossen habe, die Band auf ihrer Pressetour zu begleiten, habe ich mir fest vorgenommen dafür zu sorgen, dass meine Freunde mehr machen als nur arbeiten. Das hier ist einer dieser Momente, wo es nicht schaden würde ein bisschen was anderes zu erleben.

Vic schaut mich nur unentschlossen an. Sie lässt ihren Blick zur Tür wandern. Leise dringt von dort Musik und das Raunen einer Menschenmenge zu uns.

„Was solls, wer nicht mitkommt ist ein Loser", verkündet Thomas und stößt Vic auffordernd an, als er an ihr vorbei Richtung Ausgang läuft. Er dreht sich dabei um, sodass er rückwärts läuft und unsere Reaktionen sehen kann.

Morirò da ReginaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt