Kapitel 33

201 11 10
                                    

Die Stufen vor mir verschwammen immer weiter und ich stolperte mehrfach, bevor ich mein Zimmer erreicht hatte. Dort ließ ich mich entkräftet auf mein Bett fallen und presste mein Gesicht verzweifelt in mein Kissen. Noch nie in meinem Leben hatten meine Eltern mich geschlagen. Noch nie. Doch irgendwann ist wohl immer das erste Mal.

Warum war die Situation bloß so stark eskaliert? Und wo kam die ganze Wut in mir her? Definitiv nicht nur von den Aussagen von heute, das war mir bewusst. Sie hatte sich angestaut, aus vielen kleinen Momenten entstand ein großes Knäul, welches nun entwirrt worden ist.

Alles was blieb war eine unbeschreibliche Leere. All meine Wut war urplötzlich aus mir entwichen und hatte nichts als Taubheit und ein weites Nichts hinterlassen. Vor lauter Erschöpfung schlief ich nach kurzer Zeit einfach ein.
*
Als ich gegen Abend aufwachte, machte sich Hunger in mir breit, doch da ich noch nicht wirklich bereit war meinen Eltern gegenüberzutreten, ignorierte ich das Knurren.

Ich fühlte mich erschöpft und ausgelaugt, auch wenn ich drei Stunden geschlafen hatte und meine Augen waren zugeschwollen und vermutlich Blut unterlaufen. So hatte ich mir Weihnachten selbst im schlimmsten Szenario nicht vorstellen können.

Für einen kurzen Moment schloss ich nochmals meine Augen, atmete tief durch und ließ all meinen Gefühlen Platz. Dann richtete ich mich auf, wischte mir einmal über die Augen, fuhr mir durch die Haare und nahm mein Handy vom Nachttisch neben mir.

Mit zitternden Fingern ging ich in meine Kontakte, um Jonathan anzurufen. Ich brauchte ihn jetzt einfach. Es tutete mehrmals und ich war schon kurz davor aufzulegen, als er dran ging. „Lucas? Ich hatte deinen Anruf nicht so früh erwartet, tut mir leid, dass ich erst so spät dran gegangen bin. Wie ist es gelaufen?"

Seine Stimme erfüllte mich mit einer Erleichterung, die kaum zu beschreiben war und die kalte Leere, welche mich bis gerade eben erfüllt hatte, füllte sich mit dem warmen Gefühl, welches von den Schmetterlingen in meinem Bauch hervor ging.

Doch als die Erleichterung sich breit machte, konnte ich meine zurückgedrängten Tränen nicht mehr unterdrücken und so liefen sie mir in heißen Bahnen über die Wangen.

„Och scheiße, Lucas. Wenn ich könnte, würde ich dich jetzt in den Arm nehmen", meinte Jonathan hilflos, nachdem mir der erste Schluchzer entwichen war. Dann redete er beruhigend auf mich ein, bis ich wieder etwas ruhiger geworden war.

„Willst du mir erzählen was passiert ist?", fragte er mich sanft. Ich gab ein zustimmendes Geräusch von mir und atmete einmal tief durch. „Als ich nach unten gegangen bin, waren meine Großeltern und meine Eltern in einen Streit verwickelt, der wahrscheinlich über mich ging. Aber nachdem sie mich bemerkt hatten, haben sie aufgehört. Meine Großmutter hat mich umarmt und mein Großvater war total lieb zu mir, bis mein Vater nur meinte, dass man mir keine Beachtung schenken sollte.

Dann haben erstmal alle geschwiegen und wir sind essen gegangen und ab da ging dann alles schief. Meine Großeltern haben mich dann nach meinen Freunden ausgefragt und dann sind sie auf das Thema Freundin gekommen, da ich bei den Gedanken an dich lächeln musste.

Mein Vater meinte daraufhin, dass keiner Ernsthaft mit einem V... Verbrecher in eine Beziehung führen würde, es sein denn man wäre eine S... Schlampe", meine Stimme brach ab einigen Stellen ab und es viel mir zunehmend schwerer weiterzusprechen, dennoch wollte ich auch nicht abbrechen, weshalb ich fortfuhr, „Und dann ist mir der Kragen geplatzt und ich habe gemeint, dass du keine Schlampe bist. Woraufhin mein Vater meinte, ich hätte recht, denn ich sei die Schlampe. Dann habe ich ihn als Scheusal bezeichnet, woraufhin er mich geschlagen hat."

Am Ende war meine Stimme nicht mehr als ein Flüstern. Allein nochmal darüber zu sprechen, kostete mir einiges an Überwindung und ließ mich zum wiederholten Male an diesem Tag ausgelaugt zurück.

„Das hat er nicht gemacht! Wie kann er es wagen so mit dir umzugehen? Du bleibst dort nicht länger als nötig. Ich buche dir einen Flug für morgen und du beruhigt dich erstmal und packst dann deinen Koffer, ok?", rasselte Jonathan in Rage runter.

Ich war immer noch zu erschöpft, um ihm zu widersprechen, weshalb ich, ohne wirklich darüber nachzudenken zustimmte und kurz darauf das Gespräch beendete, um zu schlafen.

Erst als ich am nächsten Morgen aufwachte, wurde mir klar in welchem Schlamassel ich mich befand. Wie sollte ich meinen Eltern bitte erklären, dass ich zu Jonathan fahre, wo doch der Streit genau darin bestand, dass ich in einer Beziehung bin. Sie werden mich niemals gehen lassen.

Wütend schüttelte ich meinen Kopf, dann werde ich sie eben zwingen es zu akzeptieren. Ich bleibe auf keinen Fall hier.

Ich checkte mein Handy und fand dort eine Nachricht von Jonathan in welcher stand, dass mein Flieger heute um 15 Uhr abfliegen würde. Also suchte ich mir die nächste Bahn heraus und fing an meinen Koffer zu packen. Viel hatte ich nicht ausgepackt, irgendwie hatte es sich nicht richtig angefühlt alles auszupacken. Doch das war mir nun ein Vorteil.

Schnell packte ich auch die Dreckwäsche ein, in der Hoffnung in nächster Zeit erstmal nicht hierher zu kommen. Dann ging ich ins Badezimmer, duschte mich und machte mich fertig, woraufhin mir noch gut drei Stunden bis zum Abflug blieben.

Nervosität machte sich in mir breit, als ich mit meinem Koffer und meinem Rucksack bepackt die Treppe hinunter ging. Was wohl gleich passieren wird? Wie ich es erwartet hatte, saßen meine Eltern im Wohnzimmer. Als ich an der Tür entlang ging drehte sich mein Vater zu mir um. „Ahh jetzt haust du also ab, war ja klar, dass du undankbares Miststück das machst."

Ich guckte ihn nur feindselig an. „Was soll ich denn sonst tun? Hier bin ich ja nicht erwünscht", spuckte ich ihm entgegen, als er anstalten machte aufzustehen. „Und wohin es soll gehen? Zu deinem Loverboy?"

„Nenn ihn nicht so! Aber ja, ich fliege noch heute zu ihm, ihr müsst mich also erstmal nicht wieder sehen." Mein Vater nickte mit hochrotem Kopf, während meine Mutter nur mit trüben Augen daneben saß. Ich wandte mich ab. Nicht ein Wort hatte sie verloren, sie ließ es einfach zu, dass ich ging.

Auf dem Weg zum Flughafen fühlte ich mich so verloren wie nie, jedoch hielt mich der Gedanken an ein Wiedersehen mit Jonathan über Wasser.
-----------------

Hey,

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen :)

Ist bei euch auch gefühltes Aprilwetter? Bei mir schwanken die Temperaturen die ganze Zeit die ganze Zeit zwischen 15 und 25 Grad und entweder ist aus grau und es regnet oder man sitz im strahlenden Sonnenschein... Ich hab echt keine Ahnung was ich mit diesem Wetter anfangen soll XD. Aber naja, zumindest lässt es sich damit in der Schule ganz gut aushalten...

Ich hoffe ihr könnt euren restlichen Sonntag noch genießen. Guckt jemand von euch das EM-Finale heute Abend? Wenn ja, wer denkt ihr wird gewinnen, England oder Italien? 

Bis nächste Woche

eure Lesekatze

Auch wenn der Weg nicht immer leicht istWhere stories live. Discover now